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Montag, 28. September 2015

Henning Mankell / Der Chronist der Winde (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch habe ich heute Vormittag beendet. Mir hat es recht gut gefallen. Wieder mal viele, viele Zettelchen zwischen den Seiten. Doch ich habe nun beschlossen, meine Buchbesprechung auf zwei Szenen zu fokussieren ...

Das Buch ist stellenweise grauenvoll. Das ist allerdings die Realität von Straßenkindern in Schwarzafrika. Straßenkinder, die zu Waisen gemacht wurden, weil ihnen die Eltern auf kriminalistische Art und Weise genommen wurden in einem Land, in dem Verbrechen nicht geahndet werden und in dem es keine Demokratie gibt. Die Geschichte im Buch ist recht authentisch geschrieben und dadurch sehr lesenswert. Endlich mal ein Autor aus der westlichen Welt, Mankell ist Schwede, der respekt- und achtungsvoll über die Probleme eines anderen Landes zu schreiben weiß. Mankell schreibt über Afrika, als wäre er ein Teil davon. Als wäre er dort aufgewachsen ... Mankell ist für mich ein Mensch, der über jede Menge Empathie verfügt. Mankell ist ein versierter Afrikakenner.

Sich in die Nöte anderer Menschen hineinzuzuversetzen, unabhängig der Hautfarbe, das schaffen nur ganze wenige Menschen. Auch Autoren sind recht rar, die dazu in der Lage sind, wenn es darum geht, die politischen und die kulturellen Verhältnisse in ihren Büchern aufzuzeichnen. Die meisten schreiben über andere Länder mit den Maßstäben und Wertesystemen, die sie gewöhnt sind und sie diese in ihren Köpfen mit in das Land tragen, über das sie schreiben möchten. Meist werden immer die Werte der eigenen Kultur aufgewertet und die andere Kultur abgewertet. Mankell ist ganz anders. Man könnte echt meinen, er sei ein afrikanisches Kind gewesen.

Dafür alleine hat Mankell schon seine zehn Punkte verdient.

Im Folgenden, wie oben schon gesagt, gibt es zwei Szenen, die ich hier festhalten möchte. Doch zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
»Man kann fliegen, ohne sichtbare Flügel zu haben.«Nelio, ein zehnjähriges Straßenkind, erzählt um sein Leben. Er liegt mit einer Schusswunde auf dem Dach eines afrikanischen Hauses und weiß, dass er sterben wird, sobald seine Geschichte zu Ende ist. Er erzählt, wie die Banditen sein Dorf überfielen und seine Schwester massakrierten. Wie er floh, den Weg in die große Stadt fand und Anführer einer Bande von Straßenkindern wurde. Vor allem aber erzählt er vom Leben dieser schwarzen Kinder. Und vom Paradies, das auf keiner Landkarte verzeichnet ist und das man doch finden kann.
Es gibt Kinder, die keine Kindheit haben. Kaum sind sie auf der Welt, werden sie schon recht früh mit Problemen konfrontiert, für die sie eigentlich noch zu jung sind. Probleme, mit denen Erwachsene schon überfordert sind. Probleme, die Erwachsene aber auch machen, und sie die Kinder mit hineinziehen. Stellenweise sind recht grausame Szenen zu lesen. Menschen, die sich so bestialisch verhalten, dass man sich fragen muss, was diese Bestien zu Menschen macht? Haben sie überhaupt den Titel MENSCH verdient? Oder was macht Menschen zu Bestien? Diese Frage stellte ich mir nicht allein, auch der kleine, zehnjährige Nelio stellte sie sich. Nelio, der Zeuge wurde, als Banditen sein Dorf in Brand setzten und sie die wenigen Habseligkeiten, die diese Menschen besaßen, raubten. Sie raubten auch Menschen. Sie raubten Kinder, um sie zu ihren Soldaten zu machen. Sie raubten aber auch Kinder, und nur, um sie zu töten. Nelio sah, als seine eigene Mutter geprügelt wurde, als sie ihr das Mädchen, Nelios Schwester, von ihrem Rücken gerissen hatten, den Säugling in die große Tonne legten, und der Mutter befahlen, sie solle das Kind in der Tonne mörsern, wie sie Mais gemörsert hatte. Die Mutter war dazu nicht in der Lage, so nahm der Bandit selbst den Stock in die Hand, und mörserte damit auf das kleine Mädchen ein, das erst vor Angst brüllte und die Schreie mit dem Mörsern und Töten schnell zum Ersticken gebracht wurden …

Das können Erlebnisse von Kindern sein, die in einem Land geboren werden, in dem es nur die Armut, Gewalt und Unterdrückung gibt. Man nimmt armen Menschen das bisschen, das sie haben. Sogar die Würde …

Nelio wurde auch gekidnappt. Gemeinsam mit seinem Bruder und vielen anderen Kindern. Er erhielt, nach dem die Reise beendet war, ein Gewehr in die Hand mit dem Befehl, den Jungen, der ihm gegenüberstand, zu erschießen, damit er schnell lernen könne, andere zu töten. Dieser Junge war sein Bruder, der entsetzlich weinte vor Angst. Nelio brachte es nicht fertig. Stattdessen drehte er sich zu dem Befehlshaber und schoss ihm mitten in die Stirn. Nelio ließ daraufhin das Gewehr fallen, rannte und rannte und rannte …

Mein Fazit?
Wo menschliche Nöte sind, findet man oftmals Weisheit ... 
Der zehnjährige Nelio dachte so weise wie ein alter Mann ... 

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Gelesene Bücher 2015: 54
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Sonntag, 4. Januar 2015

Aktuell gelesene Bücher

2015


Ich werde die Bücher nicht alphabetisch sortieren, sondern in der Reihenfolge darstellen, wie ich sie gelesen habe.


1. Isabel Allende: Mein erfundenes Land
2. Gila Lustiger: So sind wir
3. Daniel Zahno: Die Geliebte des Gelatiere
4. Isabel Allende: Von Liebe und Schatten
5. Anita Shreve: Das erste Jahr ihrer Ehe
6. Randy Susan Meyers: Heute und in Ewigkeit
7. Haruki Murakami: Kafka am Strand
8. Maarten ´t Hart: Das Paradies liegt hinter mir
9. Renate Feyl: Das sanfte Joch der Vortrefflichkeit
10. Jim Knipfel: Blindfisch
11. Erik Fosnes Hansen: Das Löwenmädchen
12. Kader Abdolah: Mohammad, der Prophet
13. Lilly Lindner: Bevor ich falle
14. Asa Larsson: Bis dein Zorn sich legt
15. Margaret Forster: Schattenkinder
16. Haruki Murakami: Die unheimliche Bibliothek
17. J. R. Moehringer: Tender Bar
18. David Nicholls: Zwei an einem Tag
19. Urs Richle: Das taube Herz
20. Lilly Lindner: Da vorne wartet die Zeit
21. Robin Sloan: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra
22. Francine Prose: Lügen auf Albanisch
23. Sara Gruen: Wasser für die Elefanten
24. David Safier: Jesus liebt mich ***
25. Mark Twain: Reise durch Deutschland
26. Mark Twain: Die schreckliche deutsche Sprache
27. Haruki Murakami: Schlaf
28. Andreas Izquierdo: König von Albanien
29. Sandro Veronesi: Stilles Chaos
30. Malala Yousafzai: Ich bin Malala
31. Anne Michaels: Fluchtstücke ***
32. Ann Patchett: Familienangelegenheiten
33. Jurek Becker: Bronsteins Kinder
34. Haruki Murakami: Naokos Lächeln
35. Carlo Collodi: Pinocchio
36. Tracy Chevalier: Zwei bemerkenswerte Frauen
37. Marie Hermanson: Himmelstal
38. Haruki Murakami: Sputnik Sweatheart
39. Jakob Arjouni: Magic Hoffmann
40. Haruki Murakami: Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki
41  Ann Kirschner / Salas Geheimnis
42. Agatha Christi: Die Tote in der Bibliothek
43. Ulrike Kolb: Yoram
44. Uwe A. Oster: Friedrich der II / Sein Leben war das traurigste der Welt
45. Anne C. Vorhoeve: Einundzwanzigster Juli 
46. Hermann Hesse: Unterm Rad
47. Agatha Christi: Vorhang
48. David Gilmour: Mein allerbestes Jahr
49. Dörthe Binkert: Weit übers Meer
50. Petra Reski: Palermo Connection ***
51. Juan Carlos Onetti: Das kurze Leben ***
52. Lutz Seiler: Kruso ***
53. Maarten `t Hart: Die Sonnenuhr
54. Henning Mankell: Der Chronist der Winde
55. J. R. Moehringer: Knapp am Herz vorbei
56. Christa Hein: Der Blick durch den Spiegel
57. Francesca Marciano: Stimmen aus Glas
58. Patrick Süskind: Die Geschichte von Herrn Sommer
59. Don Miguel Ruiz: Die vier Versprechen
60. Annie Kagan: Das zweite Leben des Billy Fingers
61. Magali Robathan: Die Frau von Shearwater Island
62. Daniel Pennac: Wie ein Roman
63. Tessa de Loo: Die Zwillinge
64. Alex Capus: Fast ein bißchen Frieden
65. Dick und Felix Francis: Schikanen
66. Jules Verne: Reise um die Erde in 80 Tagen
67. Carla Guelfenbein: Der Rest ist Schweigen
68. Philip Roth: Amerikanisches Idyll
69. Anita Shreve: Eine Hochzeit im Dezember
70. Emile Zola: Das Paradies der Damen
71. Marion Brasch: Wunderlich fährt nach Norden
72. Kader Abdolah: Das Haus an der Moschee



*** abegebrochene Bücher

Samstag, 5. Oktober 2019

Meine literarische Reise nach Stockholm (6)

Meine literarische Reise nach Schweden von Dienstag, den 17.09.2019 bis Sonntag, den 22.09.2019

Mein sechster Tag, mein Abschlussbericht
In dieser Besprechung teile ich noch ein paar wenige Fotos, und halte Gedanken und Erfahrungen fest, mit denen ich in Stockholm konfrontiert worden war, auf die ich bisher noch gar nicht eingegangen bin. 

Sonntag, den 22.09.2019
Heute ist mein Abreisetag, weshalb ich nichts weiter großartig in Stockholm unternommen habe, außer nach dem Frühstück Koffer zu packen, damit ich mich um zwölf Uhr Mittag auf den Weg Richtung Flughafen machen konnte. Ein letztes Mal schaute ich aus dem Hotelzimmerfenster und machte ein Foto, denn jeden Abend fragte ich mich, als in den Fenstern die Lichter brannten, was das für Leute sind, die in den Wohnungen leben? 



Seit Tagen versuchte ich, an einen Zwanzig-Kronen-Schein zu kommen. An Geldautomaten hatte ich kein Glück, da der Schein zu gering an Wert ist. 20 Kronen entsprechen ungefähr 1,85 €. Hat Astrid Lindgren nicht mehr verdient? Einen Abdruck auf einem wesentlich höheren Schein? Ich habe Großgeld abgehoben, es kamen aber keine Stückelungen heraus. Bei uns in Deutschland kann man an den Geldautomaten häufig angeben, wie man das Geld gestückelt haben möchte. Das ist in Schweden nicht der Fall. Ich habe in einem Geschäft etwas eingekauft, habe mit einem großen Schein bezahlt und habe gebeten, mir als Restgeld einen 20 Kronenschein mit auszuhändigen. Ich habe ihn bekommen, und so hielt ich dieses seltene Papier stolz in meinen Händen. Ich legte ihn gleich in ein separates Fach meiner Geldbörse ab. Vor allem, wenn man bedenkt, dass es in Schweden ab 2030 überhaupt kein Bargeld mehr geben wird, das bedeutet, dass auch die Kinderbuchautorin darauf abgeschafft wird. 

Da Stockholm eine literarische Reise werden sollte, möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass hier auch Krimiautoren gelebt haben und oder noch leben. Ich habe mittlerweile vergessen, welche es sind. Da ich aber keine Krimis lese, habe ich diese Schriftsteller auch nicht aufgesucht. Aber es gibt einen, den ich sehr schätze. Es ist Henning Mankell, der zwar auch als ein Krimiautor zählt, aber er ist kein typischer Kriminalbuchschreiber. Mankell wurde in Stockholm geboren, aber er wuchs, als seine Eltern sich haben scheiden lassen als er ein Jahr alt war, bei seinem Vater und seiner älteren Schwester in einer anderen schwedischen Provinz auf. Mankells Vater war Richter von Beruf, sodass der Sohn durch seinen Vater recht früh mit Kriminalität und mit Verbrechern konfrontiert wurde. Seine Krimiromane sind immer angelehnt an die Verbrechen aus der realen Welt. 

Mankell ist am 03.02.1948 in Stockholm geboren, und am 05.02.2015 in Göteborg gestorben. Er verbrachte in den 1970er Jahren über eine längere Periode sein Leben in Afrika.

Aber an Mankell hatte ich an den Tagen hier in Schweden gar nicht gedacht. Er fiel mir erst ein, als ich am Flughafen viel Zeit zum Reflektieren und zum Nachdenken hatte. Ich hatte hier etwas im Netz recherchiert und habe erfahren, dass Mankell mit 17 Jahren wieder in seine Geburtsstadt zurückgekehrt ist. Aber ein Mankell - Museum in Stockholm konnte ich im Nachhinein nicht ausfindig machen. Ich klickte mich auf meinen Blog ein, um noch mal zu rekonstruieren, was ich schon von Mankell bisher gelesen hatte. Der Chronist der Winde hatte ich 2015 gelesen. Mir hatte das Buch recht gut gefallen. Hier geht es zu meiner Buchbesprechung. Aus irgendeinem Grund hatte ich Mankell wieder aus den Augen verloren. Wahrscheinlich, weil ich zu viele Favoriten hatte, und ich noch immer nicht weiß, wie ich sie alle unter einen Hut bringen soll. Und so musste ich nach Stockholm reisen, um mich wieder an ihn zu erinnern. Ich hatte nun beschlossen, mir zu Hause ein paar seiner Bücher, ohne kriminalistischen Hintergrund, noch nachträglich zu bestellen und sie auch zeitnah zu lesen. Es sind drei Bücher:
1. Die schwedischen Gummistiefel 2. Die italienischen Schuhe 3.Treibsand - Was es heißt, ein Mensch zu sein.
Auf diese Bücher freue ich mich, da Mankell wirklich sehr feinfühlig und sehr tiefgründig schreibt.

Ich verabschiedete mich an der Hotelrezeption und lief Richtung U-Bahn. Ich musste mir ein neues Ticket kaufen. Am Hauptbahnhof habe ich schließlich den Arlanda - Express genommen, um den Flughafen zu erreichen. 



Es gab eine Fahrkartenkontrolle. Meine Fahrkarte, die ich soeben gekauft hatte, erwies sich als ungültig. Ich war sichtlich irritiert. Ich hatte 130 Konen dafür ausgegeben, und ich der Dame am Schalter deutlich gesagt habe, dass ich mit dem Alrlanda Express an den Flughafen fahren möchte. Die Kontrolleurin sagte, dass diese Fahrkarte nicht für Züge gelten würde. Ich entschuldigte mich, und sagte, dass hier ein Missverständnis vorliegen würde, ich aber bereit wäre, die Differenz zu zahlen. Die Kontrolleurin legte mir ihre Hand auf meine Schulter und erwiderte, dass sie hier eine Ausnahme machen würde, aber nächstes Mal sollte ich mir ein richtiges Ticket, speziell für den Arlanda Express, kaufen. Ich bejahte und bedankte mich. Aber ehrlich gesagt, ich habe das Fahrkartensystem immer noch noch nicht durchschaut. Es wurde schon in den Reisebüchern als kompliziert und umständlich dargestellt, was ich nicht wirklich glauben wollte. 

In Arlanda, Terminal 5, angekommen, zog ich am Schalter meine Bordkarte, eingecheckt hatte ich am Vorabend von meinem Handy aus im Hotel. Nun hatte ich noch Zeit, und schaute mich auf dem Flughafen um. Auch verfolgte ich gespannt die Reisenden aus allen Ländern der Welt. Hier sind wir alle eins, dachte ich mir. Egal wo wir herkommen, egal, welche Haut- bzw. Haarfarbe wir haben. 


Wieder die große Reisetafel, an der auch mein Flug angezeigt wurde. Ich liebe es, diese Wand jedes Mal aufs Neue abzufotografieren. 


Ich ging nun auf mein Gate zu und ließ mich durchleuchten. Bei mir piepsen ständig die Geräte, aber finden konnten sie nie etwas. Mal vergesse ich, mein Tablett rauszunehmen, mal meine Nasentropfen, mal mein Handy, etc. 

Als ich schließlich durch war, lief ich durch die vielen Duty Free-Läden. Immer wieder interessant, was die Flughäfen so alles anbieten. Das Duty - Free Logo scheint nur ein Witz zu sein, denn die Ware ist dermaßen überteuert, dass man genauso gut auch die Steuern hätten zahlen können. 

Mit dem schönen und freundlichen Schweden in meinem Kopf freute ich mich mittlerweile auch auf mein Zuhause. Mein Bruder, der von Riedstadt-Goddelau angefahren kam, war so lieb, und holte mich in Frankfurt ab und fuhr mich nach Darmstadt. Ich freute mich vor allem auch auf meine Katzen, die von Susanne über mir versorgt wurden. Ich hatte für ein paar Leute auch eine Zimtschnecke mit eingepackt, die so wunderbar riechen. Der Duft war in ganz Stockholm verbreitet. Am liebsten hätte ich den Duft eingefangen, und ihn mit nach Hause genommen, so intensiv und süßlich erlebte ich ihn. 

Zum Schluss ein paar kritische Gedanken zu meiner Herkunft und auf die Frage: Wer bin ich?
Ich setzte mich auf eine Bank und überlegte. Bei so viel Buntheit hier am Flughafen dachte ich wieder mal über meine eigene Herkunft nach. Wie wurde ich von den Schweden eingeschätzt? Immer wieder wurde ich in englischer Sprache gefragt, ob ich aus Deutschland käme? Ich bejahte, und fragte ganz gespannt, wie sie das gemerkt hätten? An dem deutschen Akzent, antworteten sie mir. Ein anderer fragte mich erst gar nicht nach meiner Herkunft, als ich ihm eine Frage zu einem Musikgeschäft gestellt hatte. Er gab mir sofort auf deutsch die Antwort. Erstaunlich, dass ich in Schweden wegen meines Akzentes die Deutsche bin, und in Deutschland bin ich meines Namens wegen und wegen meiner braunen Haare Italienerin. Die Schweden hätten auch sagen können, ich sei wegen meiner braunen Locken Italienerin. Taten sie aber nicht. Tja, meine braunen Locken waren nicht ausschlaggebend, nicht als Deutsche zu gelten. Trotz des deutschen Pass´ hat man in Deutschland kaum eine Chance, als Deutsche akzeptiert zu werden. Und das stinkt mir. Selbst wenn meine Haare blond wären, als Kind waren sie sogar hellblond, wie kann man glauben, dass man an der Farbe der Haare die Nationalität eines Landes ableiten könne? Und mal kritisch gefragt. Sind alle Deutschen blond und hellhäutig, oder sind das nur Wunschvorstellungen, wie sie einst Hitler verbreitet hatte?

Als ich mich wieder auf der Arbeit befand, haben mich meine Klient*innen während der Morgenrunde gefragt, wie mir Schweden gefallen hätte? Ich erzählte dies und das und stellte ihnen auch die Frage, was sie denn glauben würden, welcher Nationalität ich in Schweden zugeordnet wurde? Unisono kam die Antwort: Italien.
Hm, sagte ich. Wie kommen Sie darauf?
Wegen der dunklen Haare.

Hm, sagte ich ein weiteres Mal. Dann gucken Sie sich doch bitte mal hier im Raum um. Wie viele Blonde sehen Sie? (16 Leute waren anwesend, 14 davon Deutsche, davon ein Rothaariger und eine Blonde). Sie schauten und antworteten: Eine, Frau K.
Und wie viele Hellhäutige sehen sie hier? Viele waren tatsächlich von ihrem Hauttyp olivefarben, da war meine Haut noch viel heller als deren Hautfarbe. Tja, das konnten sie schwer schlucken, bis eine gesagt hat; Ja, da kann man sehen, wie tief diese Zuschreibungen noch vom Nationalsozialismus sitzen, die bekommt man so leicht nicht mehr raus. Ein anderer, ein Rothaariger, sagte, Hitler sei ja schließlich auch dunkel gewesen, und niemand hat´s gesehen.


Puh, ich war erleichtert, ich hatte sie zum Nachdenken bewegt. Aber ob ich jetzt Deutsche bin? Für viele sicher immer noch nicht. Obwohl sie ganz häufig von mir gehört haben, dass ich Deutsche bin. Dass ich eine deutsche Identität habe, aber es bleibt einfach nicht hängen. Aber, was soll´s. Hauptsache ich kenne meine Identität, und die lasse ich mir von niemandem ausreden. Die meisten Menschen haben ihre Identität in die Wiege gelegt bekommen, und daran darf man nicht mehr rütteln, andere dagegen haben sie sich schwer erarbeiten müssen, weshalb ich sie mir nicht ausreden lasse. Schlimm genug, dass viele in meiner Lage sich die Identität aufdrücken lassen, weil auch sie diese nicht genug hinterfragen ... Eine junge Kollegin, 24 Jahre alt, sagte mir, sie hätte mich nie mit Italien in Verbindung gebracht. Schon öfters hatte ich das von jungen Leuten in Deutschland gehört. Das stärkte meine Hoffnung, dass vielleicht die meisten Leute zu alt für einen Perspektivenwechsel und zu festgefahren sind, andere Sichtweisen anzunehmen und zu respektieren und die jüngeren diesen Wandel, wir sind alle verschieden, aber wir haben alle vieles gemeinsam, durchlaufen. Ich hoffe, ich werde diese Entwicklung noch erleben. 

So, Schweden, das war´s. Du siehst mich auf jeden Fall wieder. Vimmerby werde ich unbedingt noch besuchen müssen. 

Kurzes Fazit:
Vorteil
  1. Man merkt Schweden die überfreundliche Familienpolitik an, dem sicher diese Kinderliebe zu verdanken ist. Aber es scheint auch der Geist von Astrid Lindgren in den Sphären zu schweben. Sie hat ihr Land hierzu stark geprägt.
  2. Schweden habe ich als ein sehr kreatives Land wahrgenommen. Kitsch habe ich dort nirgends gesehen. Alles, was sie herstellen, hatte einen besonderen Schönheitswert. 
  3. Obwohl es in dem Land Bettler gibt, weniger als in den vielen anderen europäischen  Ländern, spürt man, dass das Land ein stabiles soziales Netzgefüge hat. Und für Rentner*innen und für Student*innen gibt es ermäßigte Tarife. Das gibt es bei uns auch, aber vieles ist für sie auch kostenlos. Einen Kinderfahrschein bekommt man noch bis 16 Jahren, bei uns ist mit 14 Jahren Schluss. Über 16-Jährige zahlen trotzdem einen anderen Preis, der geringer ist als der für Erwachsene.
Nachteil:
Obwohl es den Menschen hier gut geht, haben auch die Schweden rechts gewählt, sodass die rechte Partei im Land zusammen mit den Sozialdemokraten regiert. Was würde Schweden nur machen, wenn die vielen Ausländer*innen nicht wären, die Arbeiten verrichten, für die sich die Schweden zu schade sind? 

Hier gibt es einen Artikel zu der rechten Schwedenpolitik. Es ist also nicht so, dass Armut den Rechtspopulismus schürt und pflegt, wie man dies hierzulande häufig hört oder liest. 

Komplizierte Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln
Auf den ersten Blick sieht das gar nicht so kompliziert aus, wie es erst im Reiseführer stand, denn die Schweden hatten ihr kompliziertes System ein wenig vereinfacht. Neu ist, dass man mit einer Fahrkarte alle Fahrzeuge wie Bus, Straßenbahn, U-Bahn und Schiff nutzen, hin- und zurück, bis der zeitliche Limit aufgebraucht ist. Ausnahmen bilden nur die Express-Züge.  Das geht bei unserem System nicht. Eine Hinfahrkarte berechtigt keine Rückfahrt. In Schweden kann man sooft hin- und zurückfahren, bis die Zeit von mehreren Stunden abgelaufen ist. Auf dem Ticket ist die Fahrzeit mit abgedruckt. Kompliziert ist, dass es mehrere verschiedene Tickets gibt, wo mir das System nicht plausibel geworden ist. Aber ich hatte auch keine Lust, mich damit tiefergehend zu befassen, weil es einfach umständlich wurde, und ich sowieso lieber zu Fuß unterwegs war. Für Touristen ist dieses Fahrsystem sehr umständlich, da muss ich im Nachhinein meinen Reiseführer doch noch recht geben. 

Abschaffung von Bargeld
Hier fragt man sich, wie kommen Bettler in Zukunft aus, wenn es ab 2030 kein Bargeld mehr gibt? 
Und bekommen Kinder- und Jugendliche auch eine Kreditkarte?

Vegane Gerichte
Eine viel zu kleine Auswahl, und alle Salate, die ich verspeist habe, haben mir alle nicht geschmeckt. Vielleicht sind die Schweden Meister in Fleischgerichten. 

Nationale Zuordnung?
Der Mensch ist das, 
was er innerlich denkt
und was er innerlich fühlt
(M. P.)


Freitag, 25. September 2015

Henning Mankell / Der Chronist der Winde

Klappentext
»Man kann fliegen, ohne sichtbare Flügel zu haben.«Nelio, ein zehnjähriges Straßenkind, erzählt um sein Leben. Er liegt mit einer Schusswunde auf dem Dach eines afrikanischen Hauses und weiß, dass er sterben wird, sobald seine Geschichte zu Ende ist. Er erzählt, wie die Banditen sein Dorf überfielen und seine Schwester massakrierten. Wie er floh, den Weg in die große Stadt fand und Anführer einer Bande von Straßenkindern wurde. Vor allem aber erzählt er vom Leben dieser schwarzen Kinder. Und vom Paradies, das auf keiner Landkarte verzeichnet ist und das man doch finden kann.


Autorenporträt
Henning Mankell geboren 1948 in Härjedalen, ist einer der angesehensten und meistgelesenen schwedischen Schriftsteller, vor allem bekannt durch seine Wallander-Krimis. Er lebt als Theaterregisseur und Autor abwechselnd in Schweden und in Maputo/Mosambik. Seine Taschenbücher erscheinen bei dtv.