Am Anfang fand
ich die Lektüre richtig spannend. Bis zur Mitte des Buches konnte ich mein
Interesse noch gut aufrechterhalten, doch dann ebbte es immer weiter ab.
Mittlerweile denke ich, es wäre besser, eine echte Biografie zu Nelson Mandela
zu lesen. Einerseits. Andererseits hat mich die Autorin Zelda la Grange im
Zusammenhang mit Rassismus tief beeindruckt.
Was mir sehr
gut gefallen hat, ist die Wertschätzung, die die Autorin allen Menschen entgegengebracht
hat, wobei sie diesen Respekt und diese Wertschätzung auch erst hat lernen
müssen. Und sie hat es gelernt, nicht durch Erziehung, sondern durch Nelson
Mandela, der ihr diese Menschlichkeit vorlebte.
Präsident Mandela hat es geschafft, all meine Vorurteile gegenüber Schwarzen zu beseitigen. Er lag mir so sehr am Herzen, wie einem die eigenen alten Großeltern am Herzen liegen. (220)
Zelda la Grange
ist eine Weiße, die 1970 geboren und in Südafrika unter dem Apartheid-Regime
aufgewachsen ist. Die Weißen in Südafrika bezeichnet man als AfrikaanerInnen.
Zelda la Grange hatte zuvor noch nie ihr anerzogenes Weltbild hinterfragt und
wuchs mit vielen rassistischen Vorurteilen auf. Es war sehr interessant zu
lesen, wie sie es schaffen konnte, politisch, sozial und gesellschaftlich ein
anderer Mensch zu werden. Hierzu habe ich vor dieser Frau große Hochachtung.
Man lebt dieses Leben, ohne dass einem klar wird, dass es jenseits davon auch noch Leben gibt: Themen, Politik Weltgeschehen und Trends, die Einfluss auf die eigene Welt haben. Wenn man behaglich lebt, stellt man keine Fragen, ich hatte keinen Grund, in Frage zu stellen, was außerhalb unserer vier Wände vor sich ging. Kein Mensch wird als Rassist geboren. Man wird erst durch die Einflüsse um einen herum zum Rassisten. Und ich war mit dreizehn Jahren zur Rassistin geworden. Dieser Rechnung zur Folge hätte ich niemals zu der Assistentin werden dürfen, die dann am längsten für Nelson Mandela tätig geworden ist. Doch genau das geschah. (29)
Die junge Zelda
la Grange wollte ursprünglich Schauspielerin werden, doch ihr Vater war dagegen,
da die Schauspielerei keine sichere berufliche Aussicht darstellen würde. Und
so ging Zelda auf’s College, um Sekretärin zu werden. Nach ihrer Ausbildung fand
sie recht schnell eine Stelle. Sie nahm eine Tätigkeit als erste ministerielle
Schreibkraft im Präsidentenamt auf. Bis sie schließlich erfuhr, dass sie für
Schwarze arbeitete. Erst war sie Assistentin für eine Schwarze namens Mary
Mxadama.
Da ich noch nie zuvor für eine Schwarze gearbeitet habe, widerstrebte es mir, meine Deckung schon zu bald aufzugeben. Zwischen Schwarzen und Weißen herrschte eine Art oberflächliches Vertrauen. Wir wussten noch immer nicht, was wir voneinander zu erwarten hatten. Ich war bereit, für Mary zu arbeiten, doch an meinen politischen Überzeugungen hielt ich fest. Dass ich in diesem Amt arbeitete, hatte für mich rein pragmatische und finanzielle Gründe. (49)
Zelda blieb
nicht lange Marys Assistentin, bis sie schließlich recht bald im Amt Nelson
Mandela kennenlernte, der sich sehr schnell zu Zelda hingezogen fühlte und er
sie zu seiner persönliche Assistentin machte. Für die junge Angestellte war
dies eine große Herausforderung. Zelda war erst Anfang zwanzig.
Nelson Mandela,
der wegen der Weißen siebenundzwanzig Jahre im Gefängnis saß, verspürte
keinerlei Hass den Weißen gegenüber. Er konnte vergeben.
Welche Fehler ein Mensch auch begeht, wenn man selbst nicht gewillt ist zu vergeben, kann man nicht erwarten, dass einem auch einmal vergeben wird. (238)
Anfangs war
dies für Zelda befremdlich, auch, als sie ihn ihr gegenüber respektvoll
erlebte. Er sprach mit ihr in ihrer Muttersprache. Zelda war dies sehr
peinlich.
Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil dieser gütig sprechende Mann mit den sanften Augen und der großzügigen Denkweise mit mir in meiner eigenen Sprache redete, nachdem „mein Volk“ ihn so viele Jahre ins Gefängnis gesteckt hatte. In diesem Augenblick bereute ich, in dem Referendum mit „Nein“ abgestimmt zu haben. (Hier ging es um das Abstimmen für oder gegen das Wahlrecht für Schwarze, Anm. der Rezensentin). Wie korrigiert man all die Vorurteile innerhalb von fünf Minuten? Auf einmal wollte ich mich entschuldigen. Ich hatte mir keine Gedanken darüber gemacht, wie es wäre, siebenundzwanzig Jahre im Gefängnis zu sitzen, schließlich war ich noch nicht einmal siebenundzwanzig Jahre alt. Ich war erst dreiundzwanzig, wurde demnächst vierundzwanzig … und ein ganzes Leben im Gefängnis war einfach unvorstellbar. (53)
Mandela war ein
so weiser Mann, immerzu demutsvoll Menschen gegenüber, auch Zelda gegenüber,
die seine Angestellte war.
Dass Nelson Mandela sich mit einem auf Afrikaans unterhielt, war das Letzte, womit ein Afrikaaner gerechnet hätte. Die Sache wurde klar, als er mir viel später einmal erklärte: >>Wenn man mit einem Menschen redet, spricht man seinen Kopf an, aber wenn man in seiner Sprache mit ihm redet, spricht man zu seinem Herzen.<< (54)
1994 wurde
Mandela nach der Amtseinführung Präsident, aber die politische Lage hatte sich
noch immer nicht verändert. Vor allem einfache, schwarze Menschen waren weiterhin
benachteiligt.
Mandela setzte
sich auch für Schulen und Kindergärten ein. Bildung für alle sei ein
Menschenrecht, da man nur mit Bildung die Armut bekämpfen könne. In Südafrika
war der Schulbesuch für Schwarze verboten. Und außerdem für sie noch unbezahlbar.
Zeldas
Aufgabengebiet wuchs immer mehr. Die Beziehung zwischen Mandela und ihr wurde
immer vertraulicher. Sie schaffte es, durch Mandelas Vorbild, nicht durch
Belehrung, sich von dem Rassenhass zu befreien. Mandela war die Zusammenarbeit
mit Zelda sehr wichtig, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass Schwarz und Weiß
sehr gut harmonieren können, soweit gegenseitiger Respekt und Achtung mit im Spiel sind.
Zelda
begleitete Mandela zu allen Auslandsreisen. Selbst in islamische Länder, wo Frauen
nochmals anders behandelt werden. Sie musste sich der Kleiderordnung fügen und
verhüllte sich aus Respekt vor der muslimischen Kultur, blieb ihnen gegenüber
aber auf Distanz.
Die Reise
führte auch nach Israel, und sowohl Zelda als auch Mandela setzten sich mit dem
Konflikt zwischen Israel und dem Palästina aus dem Jordanland auseinander und
entwickelten dabei eine ziemlich neutrale Haltung und sind in der Lage, die
politischen Schwächen beider Staaten zu sehen, die von einem Frieden noch weit
entfernt seien.
1.Israel musste Palästina als ein unabhängiges Land anerkennen. 2. Palästina musste Israel innerhalb seiner klar definierten Grenzen anerkennen. 3. Die Parteien mussten einen Vermittler finden, dem beide Seiten vertrauen konnten. (196)
Zudem besuchten
sie in Israel das Museum zur Geschichte des Holocausts. Mandela wurde von
Journalisten befragt, was er von dem Museum halten würde und welche Stellung er
zu dem Genozid den Juden gegenüber habe? Mandela gab eine perfekte Antwort. Mir
hat sie gefallen, weshalb ich sie unbedingt festhalten möchte:
Hierbei handelt es sich um eine Tragödie, die dem jüdischen Volk widerfahren ist, doch man sollte niemals aus den Augen verlieren, dass diese Bürde auch vom deutschen Volk mitgetragen wird. Die gegenwärtige Generation an Deutschen leidet, um sich von dem Stigma zu befreien, mit dem sie aufgrund dieser Ereignisse behaftet sind und für die sie heutzutage nicht mehr selbst verantwortlich gemacht werden können. (Ebd)
Dies schien den
Israelis nicht zu gefallen. Aus Zeldas Sicht:
Die Israelis schätzten diese Bemerkung nicht. Ich spürte Feindseligkeit, mir wurde unbehaglich zumute. (ebd)
Mandela war
häufig unerwünschten Interviews ausgesetzt, musste immerzu penetrante Fragen
von Journalisten beantworten.
>>Was sind Ihrer Meinung nach die Eigenschaften eines guten politischen Führers?<< beantwortete er mit: >>Ein Mensch, der seinem Volk dient.<< Und dann ging er ins Detail. >>Verspüren Sie keine Verbitterung oder kein Bedauern, so viel Zeit im Gefängnis verbracht zu haben?<< beantwortete er mit: >>Bedauern ist ein völlig sinnloses Gefühl, denn man kann nichts ändern. Ich habe die Entscheidung getroffen, die ich getroffen habe, weil sie zu dem Zeitpunkt meiner Seele zusagten.<< (215)
Wie lebt es
sich denn als Weiße in Südafrika, frei von Rassismus und Vorurteilen? Welche
Erfahrung hat Zelda gemacht?
Es ist etwas, das mir unerträglich wurde. Und nicht nur die Verwendung dieses Wortes, sondern auch die Verallgemeinerungen von Urteilen der Leute, was Schwarze betraf. Diese Verallgemeinerungen entbehrten jeder Grundlage und waren nicht zu rechtfertigen. Oft geriet ich mit Weißen in hitzige Debatten zum Thema Respekt. Schwarze wies ich auf Social-Media-Seiten auf das Gleiche hin, wenn Sie ebenfalls abfällige Begriffe zu Weißen benutzten, doch das konnte leicht außer Kontrolle geraten, da ich als Weiße für Aufruhr sorgte, indem ich Schwarze zurechtweisen wollte, was vom ursprünglichen Streitpunkt ablenkte. (229)
Dies alles fand
ich sehr spannend. Aber später ließ mein Interesse nach. Ich glaube, das lag
daran, dass vieles, was die Autorin über Mandela weiterhin berichtete, nicht
wirklich wichtig war. Zu sehr detailliert, was das Alltägliche betrifft. Ich
fing an, mich zu langweilen. Deshalb wäre ich bestrebt, eine echte Mandela-Biografie
lesen zu wollen.
Mein Fazit?
Insgesamt fühle
ich mich von dem Buch sehr bereichert. Mandela ist ein sehr demütiger und
weiser Mensch gewesen.
Und die
Autorin? Vor ihr habe ich ebenso viel Respekt. Die Wandlung, die sie innerhalb
der zwanzig Dienstjahre mit Präsident Mandela vollzogen hat, ist mehr als vorbildlich,
weshalb ich dem Buch neun von zehn Punkten vergebe. So viel Weisheit hat sie
widergeben können, die ich unbedingt aufschreiben musste. Zelda la Grange habe
ich hier als eine sehr sympathische, engagierte Frau erlebt, der es gelungen
ist, Menschen, ganz gleich welcher ethnischer und kultureller Herkunft, mit
Achtung zu begegnen. Ihr ist bewusst, dass sie diese Wesensveränderung auch Mandela
zu verdanken habe, aber, aus meiner Sicht, auch in erster Linie sich selbst, da
sie dazu auch bereit war, ihr Leben ohne Rassenhass und Vorurteile fortzusetzen.
Anlässlich des Mugabe-Interviews fühlte ich mich für diese Wahrnehmung, Nelson Mandela habe Weiße gut behandelt, irgendwie verantwortlich. Er hat mich tatsächlich gut behandelt, doch ich möchte glauben, dass er stolz darauf war, wie er dieses unbedeutende Leben veränderte. Des Öfteren sagte er, wenn man nur einen Menschen zum Besseren bekehre, habe man bereits seine Pflicht getan. (9)
Ein Buch, das
Menschlichkeit vorlebt, und ich hoffe, mir ist es gelungen, etwas davon in meiner
Buchbesprechung festzuhalten, für mich, um sie immer wieder nachlesen zu können
und für andere, die in Sachen Menschenrechte nach Vorbilder suchen, oder anderweit
interessiert sind. Politische Schlagzeilen kann man tagtäglich aus der Presse
entnehmen, die oftmals sehr einseitig sind, da die Welt darin meist auch nur in
gut- und böse-Bilder dargestellt wird.
Weitere Informationen
zu dem Buch
Ich möchte mich recht herzlich für das zur Verfügung gestellte
Rezensionsexemplar beim btb-Verlag, Randomhouse München, bedanken.
Und hier geht es per Mausklick auf die Verlagsseite.
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Gebundenes Buch mit
Schutzumschlag
ISBN: 978-3-442-75607-0
Erschienen:
27.04.2015
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Ein Heiliger ist ein Sünder, der sich
weiter bemüht.
(Nelson Mandela)
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