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Montag, 17. April 2017

María Dueñas / Wenn ich jetzt nicht gehe (1)

Lesen mit Anne 

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre


Nun bin ich seit gestern mit dem Buch durch und meine Meinung dazu hat sich nicht geändert. Ein sehr dickes Buch, an dem ich über einer Woche lang gelesen habe. Es hat sich sehr gezogen, es plätscherte so dahin.

Mich haben die Figuren so kalt gelassen. Ich konnte mich für keine wirklich begeistern. Auch die darin vorkommende Welt kommt mir sehr kalt und berechnend vor, es herrschen hauptsächlich materielle Werte. Jeder versucht, sein Kapital auf Kosten anderer aufzuschlagen. Langweilige Themen. Die wirklich interessanten Themen wie z. B. der Rassenkampf in Mexiko wird nur peripher erwähnt. Wird nur kurz angerissen, auch wenn die schwarzen Figuren in dem Erzählstrang zwar mitziehen, aber sie bleiben dennoch Nebenrollen. Da muss ich an Isabel Allende denken mit ihrem Buch Die Insel unter dem Meer, auch im Suhrkamp-Verlag erschienen, das bei mir deutlich besser abgeschnitten hat. Hier wird der Rassenkampf zwischen den Sklaven und den Amerikanern in den Mittelpunkt gestellt. Das Buch ist viel authentischer geschrieben. Ich habe dieses Buch regelrecht geliebt und habe jede Zeile verschlungen ... Diese Erfahrung konnte ich leider mit diesem vorliegenden Buch nicht machen.

Das Cover auf dem Buchband erfüllte sich erst auf der letzten hundertsten Seite.

Insgesamt hat die Autorin lange gebraucht, ein wenig Spannung auf ihre Seiten zu bringen. Das Politische, das Zwischenmenschliche und diese so kurze Lovestory konnten mich einfach nicht überzeugen.

Ich bin von Anfang an nicht richtig reingekommen, während meine Lesepartnerin Anne-Marit zuerst auf den ersten Seiten einen superguten Start fand, der sich aber bei ihr auch nicht halten konnte, und so brach sie das Buch schließlich nach 332 Seiten ab.

Mein Fazit zu dem Buch?
Dennoch würde ich nicht sagen, dass das Buch nicht lesenswert ist, siehe Bewertung unten, die mir zu einer fairen Beurteilung verhelfen soll. Jede LeserIn, die sich von dem Buchtitel und dem Klappentext angesprochen fühlt, sollte das Buch auch selbst lesen, da die Meinungen und die Geschmäcker recht subjektiv ausfallen können. Hierbei gebe ich zur Erinnerung erneut den Klappentext rein:
Mauro Larrea erhält eine Nachricht, die seinen Ruin bedeutet. Einst in den Silberminen Mexikos reich geworden, kämpft er um eine neue Chance und trifft auf die Frau, die sein Schicksal entscheidet … Wenn ich jetzt nicht gehe ist eine abenteuerliche Jagd nach dem Glück, ein Roman über die Kraft des Neuanfangs und packende, bewegende Literatur.In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist Mexiko-Stadt der Mittelpunkt der Neuen Welt und Mauro Larrea einer ihrer wohlhabendsten Bewohner. Er nennt einen Barockpalast sein Zuhause, besitzt Minen, Ländereien, Kutschen, Pferde, Logen überall … Jahre zuvor kam er mit nichts ins Land, als Witwer, als Vater zweier Kinder. Sein kühner Aufstieg begann. Doch jetzt soll nach zwanzig Jahren Arbeit im Bauch der Erde alles verloren sein, wegen einer einzigen Entscheidung! Hals über Kopf verlässt er die Stadt, versucht sein Lebensglück ein zweites Mal zu machen und begegnet Soledad Montalvo, einer schönen, einer klugen, einer unberechenbaren Frau.

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
1 Punkte: Differenzierte Charaktere
1 Punkte: Authentizität der Geschichte
1 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus

Sieben von zehn Punkten.


Weitere Informationen zu dem Buch:

Ich möchte mich recht herzlich beim Insel/Suhrkamp-Verlag für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar bedanken. 

D: 24,00 € 
A: 24,70 € 
CH: 34,50 sFr

NEU
Erschienen: 06.03.2017
Gebunden, 589 Seiten
ISBN: 978-3-458-17702-9 

Auch als eBook erhältlich.

Und hier geht es auf die Verlagsseite von Suhrkamp und Insel.
___________
Es ist ganz gleich, ob man reich oder arm ist,
alle hungern nach etwas.
(Per J. Andersson)

Gelesene Bücher 2017: 15
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Mittwoch, 21. September 2016

Sigrid Damm / Cornelia Goethe (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Eine nach meinem Geschmack sehr gelungene Biografie zu der Schwester von Johann Wolfgang von Goethe. Die Autorin Sigrid Damm hat ziemlich gut recherchiert. Obwohl einige Zeugnisse aus verschiedenen Gründen vernichtet wurden, fand ich die Biografie im Ganzen rund. Sehr flüssig geschrieben und die Lücken fallen kaum auf. Ein Buch, das ich jeder Frau empfehlen kann, aber auch jedem Mann, dem das intellektuelle Wohl einer Frau am Herzen liegt.

Johann Wolfgang von Goethe und andere berühmte deutsche Dichter jener Zeit wie zum Beispiel Friedrich Schiller waren nicht um das geistige Wohl ihrer Frauen interessiert. Auch der österreichische Komponist Johann Amadeus Mozart sah auf seine intellektuelle Schwester herab ... Weiteres ist dem Buch zu entnehmen.

Kurz ein paar Zeilen zu dem Senior Johann Caspar Goethe, der sich seinen Kindern gegenüber wie ein Despot verhielt.

Er studierte Jura und aufgrund der problematischen politischen Lage hatte er seinen Beruf nicht mehr weiter ausgeübt und setzte sich mit 32 Jahren zur Ruhe. Er bezeichnete sich ab diesem Zeitpunkt als Privatier. Genaueres ist auf der Seite 20 zu entnehmen.

Wie verbringt Senior Goethe seine Zeit? Er hatte genug Hobbys, unterhielt in seinem großen Haus Gesellschaften …  Spannend allerdings fand ich, als er Erzieher und Hauslehrer seiner eigenen Kinder wurde, weil er viel zu viel Zeit zur Verfügung hatte. Ganz zum Leidwesen seiner Sprösslinge. Besonders Johann Wolfgang und Cornelia litten unter seinem strengen Regime.

Cornelia, 1750 geboren, ist ein Jahr jünger als Johann W. Die beiden Kinder verbrachten die meiste Zeit zusammen. Eine enge Geschwisterliebe bildete sich zwischen den beiden heran. Sie verbündeten sich auch gegen den Vater und witzelten hinter seinem Rücken über ihn, z.B., dass die Kinder schlauer seien als er …

Mit drei Jahren schickte der Vater die Kinder auf eine Spielschule in Frankfurt. Aber sie lernten dort nicht spielen, sondern rechnen und schreiben. Auch wurden sie so früh schon mit der ersten Fremdsprache konfrontiert. Der Vater hatte, was die Schulbildung betrifft, Cornelia und den Bruder in der Behandlung gleichgestellt. Das war schon sehr revolutionär. Die Geschwister wurden schließlich dann getrennt, als der Bruder nach Leipzig zum Studieren zog. Cornelia musste zu Hause bleiben, und betrieb weitere Studien über Privatlehrer und über den Vater. Nun musste Cornelia den Vater alleine ertragen ...

Der Vater war so streng, dass Cornelia anfing, ihn mehr zu hassen als zu lieben. Sie vermisste schmerzlich ihren Bruder. Doch der Bruder veränderte sich Cornelia gegenüber und kam ganz nach dem Charakter seines Vaters. Auch J. W. nahm immer mehr herrische Züge an. Er und seine Schwester hielten Briefkontakt und der Bruder schrieb der Schwester im Befehlston vor, wie sie zu schreiben und welche Art von Büchern sie zu lesen habe. Dies schien wie ein Schock für Cornelia gewesen zu sein. Sie genoss zwar eine intensive Bildung, die sie aber leider nicht ausleben konnte. Die Biografin Damm vergleicht Cornelias Leben mit den Leiden des jungen Werthers in weiblicher Form.

Cornelia machte sich Gedanken, wie sie nicht nur dem autoritären Vater entrinnen konnte, sondern auch ihrem Bruder, wobei ihre Gefühle zu J. W. recht ambivalent waren. 
Cornelia vermisst den Bruder. Haben Schwester und Bruder seit der Kindheit in solidarischem Miteinander, in kindlich, heiterer Verschwörungen gegen den Vater gelebt, so ist Cornelia nun allein, kann sich nicht mit dem Bruder aussprechen. Selbst in den Briefen nicht, sie passieren die Zensur des Vaters. (2015, 63)
Die Flucht ging nur über eine Heirat. Da Cornelia aber nicht dem Schönheitsideal entsprach, glaubte sie an keine romantische Liebe, sondern nur an eine Zweckehe. Sie hatte zu wenige Bewerber. Innerlich hatte Cornelia aber ganz andere Träume. Zum Beispiel der Welt mit all ihren Talenten nützlich sein zu wollen.

Auch J. W. von Goethe, der große Dichter und Denker, setzte trotz der gemeinsamen intensiven erlebten Geschwisterliebe später Cornelia herab. Frauen seien nur Schwatzbasen, mit gackernden Hühnern zu vergleichen. Doch auch er entwickelte Cornelia gegenüber zwischen Aufwertung und Abwertung ambivalente Gefühle.

Mehr verrate ich nicht und verweise Weiteres auf das Buch. Es gibt darin noch viel mitzuerleben.

Diese Biografie erhält von mir zehn von zehn Punkten. 

Weitere Informationen zu dem Buch:

Ich möchte mich recht herzlich für dieses Leseexemplar beim Suhrkamp/Inselverlag bedanken.

D: 12,00 € 
A: 12,40 €
CH: 17,90 sFr
Erschienen: 07.11.2015
insel taschenbuch 4417, Broschur, 251 Seiten
ISBN: 978-3-458-36117-6
Auch als eBook erhältlich


Auf der Verlagsseite sind von der Autorin Sigrid Damm auch sehr interessante Audiobeiträge zu finden.

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Gelesene Bücher 2016: 52
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86





Sonntag, 14. August 2016

Lluís Llach / Die Frauen von La Principal (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Wow, das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es hat mich recht nachdenklich gestimmt. Ein männlicher, spanischer Autor, der sich für die (sexuellen) Bedürfnisse einer Frau einsetzt, hat mir imponiert. Aber nicht nur ... Ein sehr kritischer Roman in mehrerer Hinsicht; Familie (Auflehnung gegen tradierte Geschlechterrollen und sexuelle Orientierung), Gesellschaft und Kirche.

Das Buch hat mich überrascht wegen des kriminalistischen Akts, mit dem ich nicht gerechnet habe. Wir befinden uns im Jahr 1940, und ich war erstaunt darüber, als die Geschichte über einen vor vier Jahren (1936) begangenen Mord berichtet, der aufgeklärt werden soll. Ich werde mich diesbezüglich nicht weiter äußern, um anderen LeserInnen nicht die Spannung zu nehmen. Obwohl ich keine Krimileserin bin, fand ich ihn wirklich gut … Die letzten zwanzig Seiten haben sich ein wenig gezogen, nachdem man als Leserin geglaubt hat, der Mordfall sei bereits ausreichend aufgeklärt und abgeschlossen. Der Autor weiß es, seine Leserschaft prächtig zu unterhalten …

Anfangs war ich von den vielen spanischen Namen ein wenig irritiert, da mir die Figuren noch alle unbekannt waren. Dies legte sich aber wieder. Man kommt gut rein in die Szenen und sie lesen sich recht flüssig.

Die Geschichte mit politischem Hintergrund findet in Spanien statt, um genauer zu sein in Katalonien, im abgelegenen Dorf namens Pous, wo das Anwesen La Principal steht. Der Roman behandelt drei Generationen. Er beginnt 1940, man wird als Leserin durch eine Erzählerin aus La Principal in die Epoche 1893 zurückgeführt, als ein Inspektor sein Interview bei einer Bediensteten des Anwesens startet ...

In allen drei Generationen tragen die Protagonistinnen denselben Namen Maria. Das fand ich erst auch sehr irritierend, da ich Mühe hatte, sie auseinanderzuhalten. Ich malte mir dann selbst einen Stammbaum auf, den ich aber langfristig gar nicht gebraucht hätte. Mit jeder zunehmenden gelesenen Seite wurden mir die Marias und die anderen Romanfiguren allmählich vertraut. Aber nicht nur ich als Leserin war irritiert, sondern auch die Maria aus der dritten Generation. Ihr neunzigjähriger Vater Llorenc Costa hatte ein Buch über das ganze Procedere dieser Familienchronik und deren Problematik geschrieben und gibt es 2001 seiner mittlerweile sechzigjährigen Tochter Maria zu lesen:
Also, zuerst habe ich überhaupt nichts kapiert, ständig bin ich mit den Marias und den Epochen durcheinandergekommen und musste zurückblättern, um mich zurechtzufinden. (2016, 216).
Das war so die einzige Hürde, die ich auf den ersten fünfzig Seiten überwinden musste, als ich mir dann schließlich alle ProtagonistInnen, die der Familie Andreu Roderich und seiner Frau Maria abstammten, merken konnte.

Aber dieses Verzwickte, immer wieder von der einen Epoche in die andere zu springen, von der einen Maria zur anderen, das hat mir dann schließlich Spaß gemacht. Das habe ich im Nachhinein wie mentale Akrobatik erlebt.

Doch die Einschätzung bzw. die Charaktere der Figuren aus der ersten Generation konnten mich auch nicht täuschen, trotz der Beschreibung des Klappentexts. Ich wusste, dass die junge Maria Roderich, das einzige Mädchen unter ihren vier männlichen Geschwistern, von ihrem Vater auf dem zweiten Blick nicht benachteiligt wurde … Auch hier halte ich mich weiter bedeckt.

Was mich tief beeindruckt hat, waren die Marias aus der ersten und der zweiten Generation, wie sie als Frauen mit der Macht ihres Anwesens und der Dorfbevölkerung umgingen. Aber auch die Maria aus der dritten Generation hatte es nicht leicht, als ein autonomes, freies, sexuelles Wesen von den Männern anerkannt und akzeptiert zu werden. Insgesamt waren es starke Frauen, die sich gegen die verschiedenen Männerdomänen sehr gekonnt und beherrscht durchzusetzen wussten ...  

Die Beziehung zwischen Maria Magi und dem Homosexuellen Llorenc Costa fand ich spannend, in welcher Beziehungskonstellation sie hauptsächlich schon von Kindesbeinen an und in unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten trotzdem sexuell zueinander fanden.


Mein Fazit zu dem Buch?

Das Buch hat mir so gut gefallen, dass ich es irgendwann ein weiteres Mal lesen möchte. Ich halte den Autor für sehr emanzipiert, indem er in seinem Roman hauptsächlich den Frauen seine Stimme leiht. Als Mann ist es ihm sehr gut gelungen, sich in das andere Geschlecht und deren Bedürfnisse hineinzuversetzen.

Außerdem ist das Buch sehr fantasievoll geschrieben. Mir hat seine literarische Sprache insgesamt sehr zugesagt. Den Inhalt fand ich historisch recht glaubwürdig und die Charaktere jeder Figur differenziert und authentisch.

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus

Zehn von zehn Punkten.


Weitere Informationen zum Buch:

Ich möchte mich recht herzlich für das zur Verfügung gestellte Rezensionseexemplar beim Insel-Bücher-Verlag in Berlin bedanken.

D: 19,95 € 
A: 20,60 €
CH: 28,50 sFr
Erschienen: 07.03.2016
Gebunden, 368 Seiten
ISBN: 978-3-458-17672-5
Auch als eBook erhältlich


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(...) Was Gespür angeht, sind Männer echte Schlafmützen.
(L. Llach, 261)

Gelesene Bücher 2016: 46
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86