Montag, 14. Februar 2022

Jahresrückblick 2021


Obwohl im letzten Lesejahr nicht viel passiert ist, verglichen zu den vergangenen acht Jahren, möchte ich trotzdem noch einen Jahresrückblick schreiben. Letztes Jahr waren es nur 18 Bücher, aber ich will nicht klagen. Immerhin befinden sich in den 18 Büchern auch Leben ... Viel zu berichten habe ich diesmal nicht, nach dem coronabedingt so viel ausfallen musste, dafür viele andere Themen aus dem letzten Jahr, die ebenso mit Literatur gefüllt waren- und mir viel Freude bereitet haben.

44 Kalenderblätter sind im neuen Jahr mittlerweile gefallen, trotzdem noch nicht zu spät, über das letzte Lesejahr zu schreiben. 

Letztes Jahr fand ich einen schönen Spruch auf einer Karte gedruckt, der mich ein wenig trösten konnte, was die Anzahl meiner gelesenen Bücher betrifft:


Fast hätte ich das dreifache geschafft. 

Und hier nochmals kurz meine gelesenen Bücher plus meiner Bewertungen:

1. Sy Montgomery: Einfach Mensch sein - Von Tieren lernen (12 +2, 14)
2. Kim Thúy: Der Klang der Fremde (11)
3. Trutz Hardo: Das große Handbuch der Reinkarnation (12)
4. Ingrid Noll: Goldschatz (9)
5. Rolf Sellin: Wenn die Haut zu dünn ist (12 +2, 14)
6. Paula Stern: Tage des Aufbruchs (7)
7. Mohandas K. Gandhi: Mein Leben (12)
8. Stefanie vor Schulte: Junge mit schwarzem Hahn (12 +2, 14)
9. Amélie Nothomb: Klopf an dein Herz (9)
10. Olli Jalonen: Die Himmelskugel (11)
11. Sy Montgomery: Rendezvous mit einem Oktopus (12+2, 14)
12. Rainer Hagencord: Gott und die Tiere / Ein Perspektivenwechsel (*** ) für mich selbst keine neuen Kenntnisse. Schon zu viel darüber gelesen.
13. Louise Brown: Was bleibt, wenn wir sterben (12)
14. Peter Hunt: Die Erfindung von Alice im Wunderland (12+2, 14)
15. Agatha Christie: Der Tod auf dem Nil (10)
16. J. M. Coetzee: Schande (7)
17. Ryan Ellis: anamon (12)
18. Anthony Doerr: Wolkenkuckucksland (12+2, 14)

Die mit 14 Punkten votierten Bücher haben zu den 12 Punkten von mir noch zwei erhalten, als Obolus sozusagen, weil sie mir jede Menge Aha-Erlebnisse haben bieten können und zu meinen Highlights zählen.

Dieses Mal befindet sich nur ein abgebrochenes Buch darunter, aber nicht, weil das Buch schlecht gewesen ist, sondern weil ich von der Thematik her völlig gesättigt bin. Ich hatte zu viele Bücher dazu auf Vorrat mir angeschafft, was ein Fehler war. Tier und Kirche, davon hatte ich einfach genug ... Würden nur mal die Kirchenleute diese Bücher lesen.

Insgesamt befanden sich wieder keine schlechten Bücher dabei, dies aus meiner subjektiven Brille heraus betrachtet.

Weniger gelesen? Dafür viel gehört. Leider habe ich zu den auditiven Büchern aus Zeitgründen keine Liste geführt. Aber in meiner Signatur können die gehörten Titel zum großen Teil nach jedem Posting entnommen werden. 
Insgesamt habe ich 52 Titel gehört und habe auf Audible folgende Trophäen erhalten:

1. Nachteule
2. Wochenendheld
3. Wiederholungstäter
4. Sampler

😂😂😂

Wenn mir ein Buch sehr gut gefallen hat, habe ich es zwei und drei Mal gehört. 

Aus dem Kindle
Auf meinem Kindle lese ich hauptsächlich Fachbücher, die allerdings nicht auf meiner obigen Liste stehen, da ich vieles quer lese; und das Wochenmagazin. Dies alles lese ich, wo immer ich bin. Abonniert habe ich zur Papierreduzierung Die Zeit. Die Zeit als Zeit hätte ich gerne noch dazu abonniert 😌, aber nein, man kann nur das Wochenmagazin mieten, und keine zusätzliche Zeit auf Die Zeit, siehe Beiträge unten. 

Warum keine Belletristik? Belletristik kann ich nur zu Hause in Ruhe lesen, mit dem richtigen Buch in den Händen. Die vielen Facetten der Protagonist*innen möchte ich einfach mehr genießen, ohne ständig unterbrochen zu werden. 

Was hat mir besonders gut gefallen im Jahr 2021?
- Die Diogenes Talk-Zoomrunden
- Basiskurs in der Tierkommunikation 
- Die vielen aufmunternden Zuschriften via E-Mail
- Dass ich angefangen habe, den Blog ein kleinwenig mehr mit Leben zu füllen
- Dass ich wieder angefangen habe, zu musizieren
- Authentisches Schreiben auf meinem Blog

Frankfurter Buchmesse - #fbm21
Ich habe sie ausfallen lassen. Auch dieses Jahr werde ich damit aussetzen, solange sich unsere Lage nicht normalisiert hat. Die Leipziger Buchmesse ist für dieses Jahr bedauerlicherweise auch schon abgesagt worden: mich wundert umso mehr, dass die fbm es letztes Jahr geschafft hat, die Pforten zu öffnen, sogar für die rechten Verlage ... 😕, die reichlich vertreten waren.

Ich laufe in schlecht klimatisierten Räumen nicht den ganzen Tag mit Maskenschutz durch die Hallen 😷. Trotzdem hatte ich mich gefreut, als mir letztes Jahr wieder eine Akkreditierung angeboten wurde. Es ist mir sehr schwer gefallen, abzulehnen. Und als der Diogenes Verlag auch seinen Rückzug verkündet hatte, dann war ich nicht mehr ganz so traurig, sondern fühlte mich eher bestätigt, denn wenn ein für mich so besonderer Verlag, wie der Diogenes es für mich ist, nicht dabei ist, so fühlt sich für mich eine Buchmesse ohne diesen nur unvollständig an. Ich marschiere mehrmals an diesen Stand, jeden Messetag ein bis zwei Mal, weil es so viel zu entdecken gibt. Und die vielen tollen lebendigen Autor*innenlesungen und das Bloggertreffen mit Susannen Bühler hätte ich schmerzhaft vermisst. 

Diogenes-online Bloggertreffen
Ich fand es wunderbar, dass das Treffen nicht ganz ausgefallen ist. Es fand dieses Mal online statt. Viele Neuerscheinungen wurden uns vorgestellt, die ich hier gerne auflisten möchte, auch wenn seit dem wieder Zeit vergangen ist. Allerdings sind  Bucheindrücke in der Regel zeitlos.

Benedict Wells
Hard Land

Ich beginne mit einem meiner Lieblinge,  Benedict Wells, dessen Bücher ich alle kenne.

Obiges Buch liegt hier bei mir noch ungelesen als Hardcover. Habe es aber schon gehört. Ein Buch über das Erwachsenwerden. Sooo viel Weisheit findet man darin. Nicht nur ein Buch für Jugendliche und junge Erwachsene, aber ein Muss für diese Altersgruppe. Ein Buch  auch für Leser*innen, die sich an ihre Jugend zurückerinnern möchten ... Die Handlung spielt Anfang der 80er-Jahre.

Annalena McAfee
Blütenschatten
Ein Buch über Kunstrivaltiät

Luca Ventura
Bittersüße Zitronen
(Krimi)

Marianne Philipps
Die Beichte einer Nacht
Aus dem Niederländischen
Über die weibliche Identität und die Suche nach Glück
(Dieses Buch muss ich unbedingt hören / lesen)
Ein sehr ansprechendes Buchcover.

Moritz Heger
Aus der Mitte des Sees

Doris Dörrie
Einladung zum Schreiben
(Allgemein bekannte Autorin, die Tipps zum kreativen Schreiben gibt. Ich selbst habe sie nicht gelesen, denn bei mir ist es eher so, dass ich meine Schreibideen unterdrücken muss, weil sie mich sonst überfluten würden. Ich möchte meine Schreibideen nicht spüren, wenn sie mich rufen aber ich spüre, dass die Zeit zum Schreiben irgendwann wieder kommen wird. Ich muss dazu erst bereit sein).

Donna Leon
Flüchtiges Begehren
30. Brunetti Roman 
Italien - Krimi, mit Brunetti durch Venedig

Sasha Filipenko
Der verlorene Sohn
Stillstand Lukashenkos Regime
Roman aus Weißrussland

Beat Sterch
Capricho
Dieser Roman führt uns nach Spanien
Ein Roman zum Entspannen

Spencer Wise
Im Reich der Schuhe
Aus dem Amerikanischen
Für mich ein sehr ansprechendes Cover, und werde es mir als Hörbuch runterladen. 

Charles Lewinski
Melnitz
Ein Buch über Schweizer Bürgerrechte und Zugehörigkeit
Ein dicker Schmöker aber für mich ein Muss.
Sehr ansprechendes Cover

Lukas Hartmann
Schattentanz
Die Wege des Louis Soutter
Ein Künstlerroman

Bernhard Schlink
20. Juli 
Ein politisches Theaterstück über das Hitlerattentat
Für mich ein Muss

Ingrid Noll
Kein Feuer kann brennen so heiß
Krimi
Bei Ingrid Noll gefallen mir alle ihre Buchcover. 

Joachim B. Schmitt
Kalmann
Ein isländischer Roman / Thriller
Ein Muss für alle Krimi- und Island-Liebhaber*innen

Jörg Fauser
Das Weiße im Auge
Erzählungen von 1980-1987

Paolo Coelho
Und die Liebe hört niemals auf
Aus dem Brasilianischen
Aus meiner Sicht ein wunderschönes Buchcover

Ebd:
Schutzengel
Höre ich gerade.

Andrea de Carlo
Margherita und der Mond
Aus dem Italienischen
Ein Buch zwischen Tradition und Moderne

Andrej Kurkov
Warum den Igel keiner streichelt
Ein Kinderbuch
Auch Kurkov zählt zu meinen Lieblingen 
So ein wunderschöner Buchtitel: Kann man sicher auch Erwachsenen schenken.

Hier geht es zum Frühjahrprogramm vom Diogenes Verlag. Jede Menge spannende Neuvorstellungen. 

Lieblingsverlage?
Nach wie vor Diogenes und Suhrkamp, und es sind noch ein paar hinzugekommen:

C.H.Beck, Kadmos, wbg-Theis.

Programm 2022 
Spannende Buchpremieren aus dem C.H.Beck Verlag
Und hier die Neuvorstellung vieler interessanter Bücher aus dem C.H.Beck. Sehr vielversprechend. Wow, wunderschöne Buchtitel und für mich noch dazu sehr ansprechende Cover. Und wer in Berlin oder München seinen Wohnsitz hat, hat Glück, der kann sogar an den Buchpremieren der jeweiligen Bücher persönlich teilnehmen. Für andere, die weiter weg wohnen, haben die Möglichkeit, sich über Livestream zuzuschalten. Ich habe mir ein paar Buchtitel rausgeschrieben. Und Daniel Kehlmann ist sogar bei Markus Gasser Die Verschwörung der Krähen zu Gast. Diesen Buchtitel würde ich gerne hören, und dann lesen. Ich freue mich darauf. Unbedingt.

Ich habe mir schon mal alle Termine aufgeschrieben, um zumindest digital teilzunehmen. Hoffe, es klappt.

Der gedichtete Himmel, welch ein schöner Titel; leider passt die Uhrzeit für mich nicht. 

Und, hier, beim Suhrkamp-Verlag gibt es zum Frühjahrsprogramm auch viele Neuerscheinungen. Ihr findet dort eine Shortliste, Gewinntipps und jede Menge Buchtipps.  Auch wenn die Leipziger Buchmesse abgesagt wurde, besteht kein Grund Trübsal zu blasen. Jede Menge Nominierungen verschiedener Titel aus verschiedenen Kategorien. Bücher werden weiterhin bepreist, und ich drücke ganz toll die Daumen. Hier die wunderschöne Seite dazu.

Auch für mich ist so viel dabei. Ich muss Scheuklappen aufsetzen, mein Herz pumpt so fürchterlich, ist schmerzvoll, die Zeit nicht zu haben. Trotzdem schaffe ich sie mir an, zumindest auditiv erstmal, wobei bei den Neuen muss man noch etwas warten, bis sie belesen werden.

Für mich ein Muss:
Der Streit um Pluralität von Juliane Rabentisch. 

Mal schauen, ob diese Bücher im nächst-jährigen Jahresrückblick´22 wieder auftauchen werden.

Großes Dankeschön 
Außerdem ein großes Dankeschön allen Verlagen gegenüber, die mir meine verspäteten Rezensionen verziehen haben und mir dennoch trotz meiner Zeitnot weiterhin Leseexemplare angeboten haben und mir weiterhin anbieten. 💚💙💛💜

Diese Zeitnot-Phase ist aber leider noch nicht abgeschlossen ... 😔 Aber sie stimmt mich kreativ. 

Manchmal gehen mir Phantasien durch den Kopf, und stelle mir vor, wie ich am Lebensende mein Leben bewerten würde? Dann kommen mir Bilder, und ich vor einer Allmacht stehe, und sie mich mit meinem Lebensbuch in ihren Händen fragt, was ich denn auf der Erde außer dem Beruf sonst noch getrieben hätte? Meine Antwort: Ich habe viele Bücher gelesen. Die Allmacht schüttelt den Kopf: Mehr nicht? ... Und wo ist dein eigenes Leben geblieben, das du hättest leben sollen?

Ganz so krass ist das nicht, aber manchmal fühlt sich das so an, wenn ich denke, dem Leben außerhalb der Bücher so wenig Achtung geschenkt zu haben ... Schwermütige Gedanken? K
eine Sorge, der Tod und das Lebensende waren Themen, die mich von der philosophischen Seite her schon ein Leben lang beschäftigt haben, und nicht erst mit zunehmendem Alter. Mit noch keine zwanzig Jahren habe ich Simone de Beauvoir gelesen, die ein fiktionales Buch über unsterbliche Menschen geschrieben hat, und diese Menschen verzweifelt nach einem Gift gesucht hatten, weil das unendliche Leben sich für sie als unerträglich herausgestellt hat. 

Hierzu ein wenig kreative Philosophie: Vergangenheit und Gegenwart in eigener Sache
Mit Anfang zwanzig habe ich ein Theaterstück Auf der Suche nach dem Leben geschrieben. Komisch, ich kannte damals Proust noch gar nicht, aber der Titel, Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, ist recht ähnlich, stelle ich gerade erst fest. Verlorene Zeit, verlorenes Leben? Fühle ich mich deshalb so sehr zu Marcel Proust hingezogen?

Mein damaliger Deutschlehrer aber, dem ich mein Stück zu lesen gegeben hatte, empfahl mir, Warten auf Godot von Samuel Beckett zu lesen. Durch mein eigenes Theaterstück lernte ich somit Beckett und Godot kennen. Warten auf was? Dümmlich und dämlich konnten Estragon und Wladmir auf diesen ominösen Godot warten, der niemals kommen würde, und die beiden das nicht verstanden haben, statt das Leben anzupacken, als es wartend zu verschwenden. Und mein Stück? Was war meine Botschaft? Dass das Leben sich überall abspielt, vor den eigenen Füßen, vor der eigenen Haustüre, vor den Füßen anderer, vor den Haustüren anderer, etc. und mich das Leben aber einfach nicht wirklich befriedigt hat? und ich Höheres wollte? Was ist Leben? War damals meine Frage als junger Mensch gewesen, der irgendwie Angst hatte, erwachsen zu werden. Wo findet man es? Und ähnlich wie bei Godot suchte meine Protagonistin es in einem humoristischen Beckett`schen Tonfall in absurden Gegenden nach diesem Leben ... 

Die Suche in der Gegenwart?
Und heute? Was suche ich heute? Heute suche ich die Zeit, ohne von Proust abgeguckt zu haben. Ich könnte aus dem Zeitmangel heraus gefühlt tausend Dinge gleichzeitig tun, weil es so viel gibt, das mich interessiert und mich innerlich beschäftigt. Gleichzeitig habe ich den Anspruch, alles aus der Tiefe heraus angehen zu wollen, sonst finde ich die Themen zu fad und zu farblos. 

Ja, und somit kostet mich mein langsames Tempo allerdings auch wieder Zeit, jede Menge Zeit sogar. Wie absurd, dass man nichts, auch rein gar nichts umsonst bekommt. Nicht mal mein langsames Tempo ist kostenlos, das doch eigentlich (zu) mir gehört. Wenigstens hier müsste ich die Zeit anhalten können, wenn ich ich mich in meinem Tempo befinde, und später, nach dem Tun aus meinem Tempo, die Möglichkeit bekommen, die Zeit wieder einzuschalten. Zeit auf Knopfdruck sozusagen, die man ein- und ausschalten könnte. Und jeder bekommt so viel, wie er für sein Tempo benötigt. Natürlich müssten die Langsamen mehr Zeit zum Ausschalten erhalten, und die Schnellen weniger 🤔. Das wäre doch fair.

Aber es gibt Menschen, die Zeit haben, allerdings sind sie krank, und können ihre Zeit nur mit ihren Sorgen ausfüllen. Sie sind definitiv zu krank, um keine Zeit zu haben. Ihnen täte ein Zeitmangel wiederum gut, wenn sie nur könnten und dürften. Andere Menschen dagegen, gesunde, haben auch Zeit, aber keine Hobbies und langweilen sich. Was ist mit ihnen passiert, dass sie außer TV, Smartphone und Konsumgüter sonst keine Interessen haben?, frage ich mich oft. Jeder Mensch hat ein Faible für irgendwas ... Und wieder andere haben zu wenig Zeit, aber dafür zu viele Hobbies 😈 ... Es scheint wohl nie richtig zu sein, das ist doch zum Verrückt werden 🙈. Aber ich werde nicht verrückt ... weil ich darin das Humoristische sehe, die Absurdität, die mich mit der Zeit wieder spielen lässt, und so möchte ich stattdessen in meiner Suche alles annehmen, was und wie es kommt und aus allem das Besondere machen. Nicht selten lasse ich sogar ganze Nächte ausfallen, um mehr Zeit zu gewinnen, solange es diesen Ein- und Ausschaltknopf nicht gibt. Dass für alle Menschen der Tag 24 Stunden hat, klingt zwar gerecht, aber für die Langsamen ist dieses Kalkül unausgewogen, weil sie einfach das Dreifache an Zeit bräuchten 😆. Die Zeit anzuhalten, damit Leben möglich ist, ohne Stillstand, und ohne dass Zeit verbraucht wird, wäre einfach perfekt. 

Musik und Literatur, ein Mix zwischen Lettern und Tönen

Denn Literatur erlebt man nicht nur in Büchern, sondern auch 
in der Musik. Meine Freundin bzw. meine Flötenpartnerin und ich haben wieder mit unseren Flöten zu musizieren begonnen. Duette aus Harry Potter, Herr der Ringe, Stücke aus der griechischen Mythologie u. v. m.  Aber auch als Solistin genieße ich und spüre dabei die Unendlichkeit. Hier kann ich richtig abschalten. Das Musizieren verleiht meiner Seele innere Flügel, die mich aus dem Alltag hinausfliegen lassen 🕊.

Musizieren ist eine Sucht, die keinen Schaden anrichtet. Würden die Suchtkranken nur wissen, wie viele schöne Süchte es gibt, die z. B. weder Leber noch Gehirn angreifen ... Süchte, die organisch nichts rauben, sondern uns geistig und seelisch nähren, indem sie unsere Seelen mit Freuden und Leben füllen. Diese Süchte machen uns nicht arm, sondern reich. Sie schenken uns Frieden und mich verbindet die Musik mit allen Lebewesen. Sie söhnt mich sogar aus, wenn es mit bestimmten Mitmenschen Unstimmigkeiten auszutragen gibt. 

Drei meiner Flöten, mit denen ich am häufigsten spiele, haben sogar einen Namen. Historia, mit ihr spiele ich eher altertümliche Stücke. Die zweite heißt Papagena, mit ihr spiele ich alle Formen von Melodien. Viele moderne und irische Balladen. Die dritte, ein Er zwischen zwei Damen, ist mein Orpheus, die dunkelste von allen. Orpheus liebe ich ganz besonders, weil er mit seiner tiefen Stimme so schön singen konnte und eine starke Liebe für seine Euridike empfunden hatte. Er konnte mit seinen Gesängen nicht nur die Götter verzaubern und milde stimmen, sondern auch alle Tiere anziehen. 

Meine Pläne für das neue Jahr 2022
Ich mag mich nicht festlegen, solange unsere Zeiten so unsicher sind. Eine literarische Reise 
möchte ich mal ganz vorsichtig anpreisen. Im Mai würde ich gerne für ein paar Tagen eine Voyage nach Paris tätigen, und lauthals schreien: Paris, j'arrive, um endlich Marcel Proust zu besuchen, und in dieser proustischen Weltstadt auf seinen Spuren flanieren und Madelines genießen. Urlaub habe ich schon beantragt. Ich war in meinen jungen Jahren schon mehrfach in Paris zu einer Zeit gewesen, als Proust in meinem Kopf noch nicht mal geboren war.

Sollte es wieder nicht klappen? Betrachte ich mit Humor und völlig relaxt, da Proust schon auf dem Friedhof liegt, seinen asthmatischen Erstickungsanfall hat er hinter sich, so muss ich keine Befürchtung und Sorge hegen, er könnte mir wegsterben. Anders wäre es, wenn auch Leichen sterben würden ... Aber nein, das geht glücklicherweise nicht. Er liegt ganz brav auf dem Père Lachaise, wo viele andere, bekannte Künstler auch liegen, und er weiß noch nicht einmal, dass er dort liegt. Er kann mir nicht weglaufen. Hier kann er nicht mal wegziehen. Umzüge, wie er sie häufig zu Lebzeiten der Gesundheit wegen erfahren musste, finden auf dem Friedhof als Toter nicht mehr statt. Deshalb bin ich beruhigt. Ich werde ihn dort finden, egal wann und zu welcher Zeit ich zu ihm reisen werde. Das ist ganz sicher.

Ansonsten habe ich vor, Dinge auf mich zukommen zu lassen. Ich freue mich auch darauf. 

Auf diesem Weg wünsche ich allen, allen, allen für die restlichen 10,5 Monate viel Frieden auf dem gesamten Planeten;  jede Menge Feingefühl, Liebe, Erfolg, viel Gesundheit und Freude in allen Aktivitäten. Unser Planet benötigt neben dem zahlreichen theoretischen Wissen, das es schon gibt und schon immer gegeben hat, jede Menge Empathie, Verständnis und Wohlwollen allen Lebewesen gegenüber. 






Eure Mira aus Darmstadt

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Gelesene Bücher 2022: 01
Gelesene Bücher 2021: 17
Gelesene Bücher 2020: 24
Gelesene Bücher 2019: 29
Gelesene Bücher 2018: 60
Gelesene Bücher 2017: 60
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Ich höre:
Neale Donald Walsch: Gespräche mit Gott, Teil 1
Ovid - Metamorphosen
Rachel Joyce: Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie
Paolo Coelho: Schutzengel

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Ein Wettrennen mit der Zeit
Fazit: Je schneller man das Leben lebt,
desto weniger Zeit kommt dabei heraus.

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Partnerschaft zwischen
Wissenschaft und Intuition!

Lesen mit Herz und Verstand!
Um die Welt, Menschen und Tiere
besser zu verstehen.

Mitgefühl für alle Mitseelen / Mitgeschöpfe
Deine Probleme könnten meine Probleme sein,
und meine Probleme könnten Deine Probleme sein.
Mein Schmerz, Dein Schmerz
Dein Schmerz, mein Schmerz.
Wir sind alle fühlende Wesen.
(Den Tieren eine Stimme geben)

Klopf an dein Herz, denn dort sitzt 
das Genie!
(Alfred de Musset)

Auch Expertenwissen ist subjektiv!
(Tom Andersen / Psychiater und Syst. Therapeut)


Sonntag, 23. Januar 2022

Anthony Doerr / Wolkenkuckucksland (1)

 Fremder, wer immer du bist, öffne dies, und siehe, was dich erstaunen wird.
(Ein Schatz aus Anthony Doerrs Geschichte, ein Schatz, der magisch bis in die Hände der Leser*innen reicht.)

Ein sehr außergewöhnliches und mitreißendes Buch. Ein sehr wichtiges Buch. Ein Buch, das aus verschiedenen Zeitebenen zusammensetzt ist; Vergangenheit, Gegenwart, nahe Zukunft und fernere Zukunft.

Zeitweise, in einer bestimmten Geschichte, habe ich das Buch ein kleinwenig als dystopisch erlebt ... Zu Recht, denn wenn man sich die Gegenwart mit der katastrophalen Umweltproblematik anschaut, bekommt man tatsächlich das flaue Gefühl, dass der Mensch sich selber abschafft, weshalb sich eine Crew von Menschen in ein Raumschiff begibt, um nach weiteren bewohnbaren Planeten zu suchen.

Warum? Um andere Planeten auch noch auszulöschen?

Die Menschen sollte man am besten als Ausrotter verstehen, (...). Jeden Lebensraum, in den wir vordringen, zerstören wir, wir haben die ganze Erde überrannt, und als Nächstes rotten wir uns selbst aus. (365)
Haben wir nicht jetzt die Möglichkeit, unseren Planeten zu retten, statt nach neuen zu suchen?

Aber nein, nicht ganz so trist, denn das Buch ist gleichzeitig auch ein Wachrüttler und ein Hoffnungsträger zugleich, so wie ich eigentlich Anthony Doerr als Literat und Buchautor auch kenne. Es liegt an uns, ob wir seine Warnungen ernst nehmen möchten oder ob wir sie mit dem Schließen der letzten Buchseite einfach nur ignorieren.

Ein wunderbares, opulentes Kunstwerk, das man zwei Mal hintereinander lesen müsste.

Hier geht es zum Klappentext, Autorenporträt, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten. Hierbei ist ein interessantes Video persönlich vom Autor zu seinem neusten Werk hinzugefügt.

Die Handlung
Die Handlung besteht aus vier Erzählsträngen. Wolkenkuckucksland ist eine mythologische Geschichte, die einst von Antonius Diogenes verfasst wurde. Der Protagonist dieser Erzählung ist der arme und unzufriedene Schäfer Aethon, der von einem besseren Leben träumt. Seine einfache Existenz empfindet er als monoton und eintönig, und sehnt sich nach Höherem, bis er sich auf eine Reise begibt, als er von dem Wolkenkuckucksland hört, in welches er unbedingt hinfliegen möchte. Aber wie, wo er doch keine Flügel besitzt, um dahin zu gelangen? Denn zu vergleichen wäre diese Zauberstadt mit dem Land von Arkadien, wo Milch und Honig in den Mund fließen. Aethon erzählt:

Als ich das Tor des Dorfes passierte, kam mich an einem garstigen alten Weib auf einem Baumstumpf vorbei. Die alte sagte: >> Wohin, Dummkopf, es wird bald dunkel, es ist keine Zeit, um draußen auf der Straße unterwegs zu sein <<. Ich sagte: >> Ich habe mich mein ganzes Leben danach gesehnt, mehr zu sehen, meine Augen mit neuen Dingen zu füllen, aus dieser vermatschten, stinkenden Stadt herauszukommen, weg von den ewig blökenden Schafen. Ich reise nach Thessalien, dem Land der Magie, um einen Zauberer zu finden, der mich in einen Vogel verwandelt, einen starken Adler oder eine kluge, kräftige Eule. << 

Sie lachte und sagte: >> Aethon, du Trottel, alle wissen, dass du nicht bis fünf zählen kannst, und doch glaubst du, die Wellen des Meeres zählen zu können. Du wirst deine Augen nie mit etwas anderem als deine eigene Nase füllen. <<

>> Sei still, Alte, sagte ich, >> denn ich habe von einer Stadt in den Wolken gehört, wo dir die Drosseln gebraten in den Mund fliegen, Wein in Rinnen entlang der Straßen fließt und immer ein warmer Wind weht. Sobald ich ein mutiger Adler oder eine kluge, kräftige Eule geworden bin, werde ich dort hinfliegen. << (2021, 64)

Spätes Mittelalter
In Konstantinopel bekommen wir es mit zwei Waisenkindern zu tun, die bei den Nonnen untergebracht sind. Anna und Maria, zwei Schwestern, müssen im Kloster harte Handarbeit verrichten, um ihren Unterhalt zu verdienen, während die kleine Anna sich eher zu Büchern hingezogen fühlt. Auf eigene Faust sucht sie sich heimlich einen Lehrer, Licinius, der ihr die Schriftsprache beibringen soll. Sie ist für die Handarbeit einfach nicht geschaffen. … Später rettet Anna mit einem Freund namens Himerius in einer alten Grotte auf einem Berg uralte, teilweise vergammelte Bücher, die von italienischen Sammlern abgekauft und restauriert werden …

Parallel dazu lernt man den Zeitgenossen Omeir kennen, der mit einer Lippen-Gaumenspalte auf die Welt kommt, und er dank seines Großvaters am Leben bleiben durfte, und nicht in einem Fluss ertränkt wurde.

Omeir ist ein ganz besonderer Mensch. Fein- und sanftmütig von seinem Wesen her. Er ist nicht nur menschen-, sondern auch tierliebend und setzt sich für misshandelte Ochsen ein.  Omeir führt insgesamt ein recht bescheidenes und ein demutvolles Leben. Er weiß sein Leben als ein Mensch mit einem entstellten Gesicht mehr als zu schätzen …

Viele politische Unruhen finden über mehrere Jahre durch den Sultan statt, der Konstantinopel erobern wollte; Kriege, Schlachten, ganze Dörfer werden ausgeplündert.

Anna begibt sich auf die Flucht, und ihre Fluchtwege führen sie zu Omeir …

Die Gegenwart findet 2020 in einer Bibliothek in Lakeport statt. Eine Schulklasse studiert darin unter der Leitung von Zeno Nini das Theaterstück von Wolkenkuckucksland ein ... In dieser Bibliothek findet ein Amoklauf eines jungen Attentäters namens Seymour statt, der eine schwere Kindheit zu verwinden hatte. Aber auch die Kindheit von Zeno Nini, mittlerweile über 80 Jahre alt, ist von Leid und Verlust geprägt ...

Die nahe und weite Zukunft führt uns bis ins Jahr 2064 nach Argos.
Die Hauptfigur ist hier die junge Konstanze, die in Argos aufwächst. Eine computergesteuerte Lebenswelt im All auf der Suche nach einem bewohnbaren Planeten findet man hier vor. Selbst die Mahlzeiten sind computergeneriert. Konstanze reist virtuell und dreidimensional durch den Atlas und lernt darin den Planeten Erde kennen, der ihr lediglich von ihrem Vater überliefert wurde. In Argos bricht ein Virus aus, Omikron, und die Mannschaft wird auf unbestimmte Zeit in Quarantäne verfrachtet.

(Na, woher kennen wir das wohl????)

Welche Szene hat mir nicht gefallen?
Es waren jede Menge Szenen.
Ich höre noch die Schläge, die die kleine Anna von der Ordensschwester auf ihren Fußsohlen bezogen hat. Sie sind dermaßen massiv, dass ich sie regelrecht spüren konnte, als würden sich mir die Schwielen nur allein vom Lesen unter meinen Füßen bilden.

Welche Szene hat mir besonders gut gefallen?
Auch recht viele. Dass Omeirs Leben gerettet wurde. Dass Anna ihren eigenen Weg hat finden können. Dass Zenos Vater alles getan hat, trotz seiner Mittellosigkeit, für seinen Jungen bestmöglich zu sorgen ... 

Welche Figur war für mich eine Sympathieträgerin?
Es waren fast alle Figuren. Am meisten aber Omeir,  Anna und Zeno. Aber auch Zenos Vater, der schicksalsbedingt nur kurz in der Geschichte wirkte, stellte sich für mich rückblickend nicht einfach nur als eine Nebenfigur heraus. Auch er hat mich innerlich beeindruckt. Sie alle zusammen entpuppten sich für mich zu wertvollen Lichtträgern.

Welche Figur war mir antipathisch?
Die Ordensschwestern, die die Kinder mit heftigen Prügelstrafen gezüchtigt haben. Auch wenn dieser Erziehungsstil zur damaligen Schwarzen Pädagogik gezählt hat, reicht es mir als Entschuldigung nicht aus und bleibt für mich ein unverzeihliches und nicht wieder gut zu machendes Vergehen. Die Verletzungen heilen äußerlich, innerlich bilden sich unsichtbare Narben.
 
Zu jeder Zeit gab es Menschen, die Kinder gut und liebevoll behandelt haben. Unabhängig davon, wie die Gesetzeslage bestimmt war. Man benötigt kein Gesetz, das einem eine gute Behandlung an schwachen Mitgeschöpfen vorschreibt. Man spürt auch ohne Gesetze, wenn wehrlosen Wesen Schmerz zugefügt wird. Und aus diesem Grund war mir der junge Omeir so sympathisch, der sich gegen die Tiergewalt eingesetzt hat. Dasselbe hätten die Ordensschwestern, erwachsene Frauen, die Recht von Unrecht unterscheiden hätten sollen, auch tun können. Gerade die Ordensschwestern, die den ganzen Tag nichts anderes tun, als die Liebe in ihren Gebeten zu zelebrieren. Welch eine Diskrepanz und welch eine abgebrühte Heuchelei.

Für Menschenrechte, Tierrechte und Kinderrechte benötigt man eigentlich keine vorgegebene Legitimation. Man spürt den Schmerz des Anderen, wenn man emotional nicht abgestumpft ist, auch ohne juristische Vorschriften. Und das bezieht sich nicht nur auf das Mittelalter. Auch heute gibt es Gesetze, die bestimmte schutzlose Mitseelen nicht ausreichend vor Gewalt schützen ... Wir sind heute auch keine besseren Menschen, wenn ich an die vielenTierqualen denke. 

Meine Identifikationsfigur
Anna.

Cover und Buchtitel
Das Cover fand ich persönlich sehr ansprechend, passend 
zum Buchtitel, der uns in die griechische Mythologie führt und damit auch ins Reich der Lüfte, in denen sich diese symbolträchtige Zauberstadt befinden soll. Darüber und über Aethon könnte ich eine ganze Interpretation samt einer Charakteranalyse schreiben. 

Zum Schreibkonzept
Die o. g. Geschichten sind auf satte 532 Seiten in 22 Kapiteln gepackt. Jede Menge Kopf- und Seelennnahrung bekommt man hier serviert.

Auf der ersten Seite ist eine Widmung an alle Bibliotheken gewidmet. An die vorhanden Bibliotheken und an die, die noch kommen werden. Dass die Bücher niemals aussterben, habe ich durch die Geschichten als einen Appell empfunden.

Auf der folgenden Seite gibt es einen kleinen Vorspann, der sich auf die mythologische Erzählung dieses Buchtitels bezieht.

Weiter geht es mit dem Prolog, der an die Nichte des Autors gewidmet ist.
Daraufhin folgen die o. g. Geschichten, die in einem wechselnden Sprechkanon ausgestattet sind.

Das Buch endet mit der üblichen Danksagung.

Meine Meinung
Meine Meinung fülle ich mit wichtigen Zitaten, damit ich sie nachlesend immer griffbereit habe, wenn ich sie als Zitate noch anderweitig benötigen sollte.

Trotz der großen, von Menschen verursachten Umweltproblematik, hat mich dieses Buch verzaubert. So viele schöne Geschichten, wenn auch sehr traurige, aber ein Mix verschiedener Variationen, ein Mix zwischen Realität und Fiktion, die durch Aethons surreale Lebensgeschichte bis tief ins Magische triften. Sich vorzustellen, wie Aethon sich in einen Vogel verwandeln möchte, um seinem Alltag zu entrinnen, um in eine bessere Welt fliegen zu können, hat mich tief berührt. Aber das sind typische griechische Mythologien, die mich immer wieder von Neuem faszinieren.

Das gesamte Buch stimmt dermaßen nachdenklich, dass man damit nicht wirklich abschließen kann. Zerstörung des eigenen Planeten durch Umweltprobleme; eigentlich sind uns ja diese Probleme bewusst. Aber warum machen wir trotzdem weiter wie bisher? Betroffen hat mich gestimmt, als die junge Generation auf die Zerstörung unseres Planeten die ältere Generationen mit folgenden Worten damit konfrontiert:

Ihr sterbt an Altersschwäche, wir an der Zerstörung des Planeten. (Leider habe ich mir die Seitenzahl nicht gemerkt.)
Diesen Satz muss man mal auf sich wirken lassen.

Drei weitere Zitate mit Seitenzahl:

Ein Beispiel einer zehnten Klasse, die im Englisch-Unterricht die Aufgabe bekam, etwas Lustiges aus den Sommerferien aufzuschreiben. Daraufhin die Reaktion der Schüler*innen mit einer leisen Protestreaktion:
Sie sagten, wir sollten was Lustiges aufschreiben, was wir im Sommer gemacht haben, um unsere Grammatik-Muskeln zu dehnen, also okay, Mrs Tweedy, in diesem Sommer haben Wissenschaftler verkündet, dass die Menschen in den letzten 40 Jahren 60 Prozent der wildlebenden Säugetiere, Fische und Vögel auf dieser Welt getötet haben. Ist das lustig? Und in den letzten 30 Jahren haben wir 95 Prozent des ältesten, dicksten Eises in der Arktis zum Wegschmelzen gebracht. Wenn wir alles Eis in Grönland zum Schmelzen bringen, nur das in Grönland, nicht vom Nordpol, nicht das in Alaska, nur das in Grönland, (...), wissen Sie, was dann passiert? Dann steigen die Meeresspiegel um 7 Meter an. Damit gehen Miami, New York, London und Shanghai unter, dann können Sie mit ihren Enkeln aufs Schiff, Mrs Tweedy, und Sie sagen, wollt ihr was essen, und die so, Grandma, kuck mal da, unter Wasser, da ist die Freiheitsstatue, da ist Big Ben, da sind die toten Leute. Ist das lustig? Dehne ich da meine Grammatik-Muskeln? (303)

Zwei Seiten später eine weitere Szene junger Menschen:

Wir haben bereits die meisten Tiere umgebracht, die Ozeane aufgeheizt, der CO2-Gehalt der Atmosphäre ist der höchste seit achthunderttausend Jahren. Selbst wenn wir sofort alles stoppten, so als würden wir heute Mittag alle sterben - keine Autos mehr, kein Militär, keine Hamburger - wird es noch über Jahrhunderte wärmer werden. Wenn wir alle mal fünfundzwanzig sind? Dann wird sich der CO2-Gehalt noch mal verdoppelt haben, was heißere Feuer bedeutet, schwerere Stürme, schwere Überschwemmungen. Getreide zum Beispiel wird in zehn Jahren nicht mehr so gut wachsen. 25 Prozent von dem, was Kühe und Hühner fressen; ist, ratet mal, was? Getreide. (...) und was noch, wenn mehr CO2 in der Luft ist? Dann können Menschen nicht mehr so gut denken. Wenn wir also 25 sind, werden viel mehr Menschen hungern, Angst haben und auf der Flucht aus brennenden oder überfluteten Städten im Verkehr feststecken. Glaubt ihr, dass wir dann da in unseren Autos die Klimaprobleme lösen? Oder wenn wir aufeinander einschlagen, einander ausplündern, vergewaltigen und gegenseitig auffressen? (305) 

Weiter geht es mit jungen Umweltaktivisten, die sich protestierend an die Reichen wenden:

Sie nennen uns militant und Terroristen. Sie sagen, dass Wandel Zeit braucht. Aber wir haben keine Zeit mehr. Wir können nicht länger in einer weltweiten Kultur leben, in der es den Reichen erlaubt ist, zu glauben, dass ihre Lebensweise ohne Folgen ist, dass sie benutzen können, was immer sie wollen, und wegwerfen können, was immer sie wollen, dass sie gegen Katastrophen immun sind. Ich weiß, es ist nicht einfach, sich die Augen öffnen zu lassen, es macht keinen Spaß. (365)

Mich stimmt nachdenklich, dass selbst Eltern, viele von ihnen ihr Verhalten nicht hinterfragen. Menschen, die Kinder haben. Sie fahren ihre Kinder z. B. überall hin mit dem Auto etc. und ich mich frage, was sie ihren Kindern für Werte vorleben? Haben sie keine Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder und die ihrer Kindeskinder?

Aber der Autor maßregelt nicht. Ich wiederhole nochmals. Das Buch ist auch ein Licht- und Hoffnungsträger. Es liegt ganz alleine an uns, ob wir diese nutzen.

Jede Menge Weisheit ist zudem noch in den Geschichten zu finden.

Und das Besondere: Das Buch ist in allen Geschichten ein Buch über Bücher. Wer dieses Genre liebt, ist damit auch wunderbar beraten.

Wie ist das Buch zu mir gekommen?
Durch die Anfrage des Verlages an mich. Und dafür danke ich sehr, denn von mir aus hätte ich mich in meiner Zeitnot an diesen dicken Schmöker selbst nicht herangewagt. Danke an den C.H.Beck-Verlag für diesen so genialen Stoß.

Wie kam der Autor zu seinem Stoff?
Anthony Doerr hat aus Literatur Literatur gemacht.

Am meisten verdankt dieses Buch eine mehr als tausendachthundert Jahre alten Roman, den es nicht länger gibt: Wunderdinge jenseits von Thule von Antonius Diogenes. Nur ein paar Papyrusfragmente sind von ihm geblieben, aber eine im neunten Jahrhundert vom byzantinischen Patriarchen Photios I. verfasste Zusammenfassung und zeigt, dass es sich bei den Wunderdingen um eine wahrhafte Globetrotter-Erzählung handelte, voller miteinander verbundener Sub-Plots und aufgeteilt in vierundzwanzig Bücher. Offenbar arbeitete Diogenes` Roman mit gelehrten wie fiktionalen Quellen, vermischte bestehende Genres, spielte mit Realität und Fiktionalität und enthielt womöglich die erste literarische Reise in den Weltraum. (559)

Mein Fazit
Ein sehr empfehlenswertes Buch, das neugierig stimmt und Lust macht, immer wieder in die verschiedene Welten einzutauchen, die, trotz der großen Zeitabstände, alle miteinander verwoben sind. Die Verknüpfungen zueinander soll allerdings jeder selbst herausfinden.

Ein Buch, das mich sowohl mental als auch seelisch nicht wieder losgelassen hat. Ich hätte eigentlich noch etwas Zeit verstreichen lassen sollen, um diese Besprechung zu schreiben, weil ich noch nicht ganz durch bin mit der innerlichen Verarbeitung der vielen tiefen, tiefen, tiefen Eindrücke. Wäre dies nun ein TV-Film gewesen, dann hätte ich ihn mir sicher drei mal hintereinander angeschaut, wie ich das häufig mit guten Filmen mache. Und ein paar Tage später nochmals schauen. 

Fremder, wer immer du bist, öffne dies, und siehe, was dich erstaunen wird.

Herzlichen Dank nochmals an den C.H.Beck-Verlag für das geniale Rezensionsexemplar. ich bin total beglückt. 

Meine Bewertung

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

Zwei Zusatzpunkte wegen des Lesehighlights.

14 von 12 Punkten

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Gelesene Bücher 2022: 01
Gelesene Bücher 2021: 17
Gelesene Bücher 2020: 24
Gelesene Bücher 2019: 29
Gelesene Bücher 2018: 60
Gelesene Bücher 2017: 60
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Ich höre:
Benedict Wells: Hard Land
Ovid - Metamorphosen
Rachel Joyce: Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie
Paolo Coelho: Schutzengel

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Partnerschaft zwischen
Wissenschaft und Intuition!

Lesen mit Herz und Verstand!
Um die Welt, Menschen und Tiere
besser zu verstehen.

Mitgefühl für alle Mitseelen / Mitgeschöpfe
Deine Probleme könnten meine Probleme sein,
und meine Probleme könnten Deine Probleme sein.
Mein Schmerz, Dein Schmerz
Dein Schmerz, mein Schmerz.
Wir sind alle fühlende Wesen.
(Den Tieren eine Stimme geben)

Klopf an dein Herz, denn dort sitzt 
das Genie!
(Alfred de Musset)

Auch Expertenwissen ist subjektiv!
(Tom Andersen / Psychiater und Syst. Therapeut)


Dienstag, 18. Januar 2022

John Garth / Die Erfindung von Mittelerde - Was Tolkien zu Mordor, Bruchtal und Hobbingen inspirierte

Klappentext  

Orte, Mythen und Sprachen: Tolkiens Grundlagen für „Herr der Ringe“ & „Der Hobbit“

Was sind die realen Vorbilder für die Schauplätze von Tolkiens Romanen? Inspiration fand der Schriftsteller in den Landschaften, Bergen und Wäldern Großbritanniens, aber auch in seiner südafrikanischen Heimat und auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs. Gestützt auf sein profundes Wissen über Leben und Werk Tolkiens identifiziert der mehrfach preisgekrönte Autor John Garth die Orte, die dem Schöpfer von Mittelerde als Anregung für das Auenland, Bruchtal oder die Höhlen von Helms Klamm dienten.

  • Zum Schmökern und Nachschlagen: das perfekte Geschenk für Tolkien-Liebhaber
  • Insider-Wissen für Fans: detaillierte Karten lassen den Leser auf Tolkiens Spuren wandeln
  • Außergewöhnlicher Text-Bildband mit mehr als 100 Illustrationen von Tolkien und anderen Künstlern
  • Unbekanntes Archivmaterial und spektakuläre Neuaufnahmen, die Mittelerde-Fans begeistern
  • Hintergrund-Infos zu Tolkiens Werk: detaillierte biografische, historische, geographische und sprachliche Analysen

Auf Tolkiens Spuren: eindrucksvolle Entdeckungsreise durch eine fantastische Welt

John Garths umfassende Recherchen laden in 11 Kapiteln dazu ein, Tolkiens beispiellosem Einfallsreichtum zu folgen, und zeigen, auf welch vielfältige Weise der Kult-Autor die Realität für seine kreativen Zwecke umwandelte. „Die Erfindung von Mittelerde - Was Tolkien zu Mordor, Bruchtal und Hobbingen inspirierte“ macht Lust darauf, noch Unbekanntes in Mittelerde zu entdecken und weite Reisen in die Welt von Tolkiens Fantasie zu unternehmen!

Aus dem Englischen von Andreas Schiffmann. 2021. 208 S., durchgängig vierfarbig illustriert, 21 x 26 cm, geb. wbg Theiss, Darmstadt.

Autor*inporträt

John Garth studierte englische Literatur in Oxford. Er arbeitet als Journalist für verschiedene Tageszeitung, u.a. die »Times« und den »Telegraph«. Zuletzt erschien von ihm »Tolkien und der Erste Weltkrieg«. Das Buch wurde mehrfach ausgezeichnet.

Meine ersten Leseeindrücke
Werden noch nachgeliefert.

Auf jeden Fall freue ich mich sehr auf diesen Leseband. Da ich kürzlich über die Entstehungsgeschichte von Alice im Wunderland, von der ich auch sehr angetan war, gelesen habe, benötige ich für dieses Buch noch etwas Abstand, um hier weiterzumachen.

Ich bin ein absoluter Tolkien-Fan. Ich habe die Filme mehrmals hintereinander gesehen und auch die Bücher gelesen. Dann passt es, sich auch mit dieser Entstehungsgeschichte vertraut zu machen.

·       Buchdaten

Herausgeber ‏ : ‎ wbg Theiss in Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG); 1. Aufl. Edition (24. Februar 2021)

·       Gebundene Ausgabe: ‎ 208 Seiten, 32,- €

·       ISBN-10 ‏ : ‎ 3806242607

Hier geht es zur Verlagsseite von wbgTHEISS.
Hier geht es zu meiner späteren Buchbesprechung.

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Deine Probleme könnten meine Probleme sein,
und meine Probleme könnten Deine Probleme sein.
Mein Schmerz, Dein Schmerz
Dein Schmerz, mein Schmerz.
Wir sind alle fühlende Wesen.
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