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Dienstag, 10. September 2019

Astrid Lindgren / Ronja Räubertochter

Klappentext  
In neuem Gewand: Ronja Räubertochter! Die Geschichte der Freundschaft zwischen Ronja, Tochter des Räuberhauptmanns Mattis, und Birk, dem Räubersohn aus einer verfeindeten Sippe, erschien 1982 und wurde seitdem in 41 Sprachen übersetzt und weltweit über 10 Millionen Mal verkauft. Jetzt erscheint der Klassiker in einer modernen Anmutung mit farbigen Illustrationen von Katsuya Kondo.

Autorenporträt
Oetinger schreibt über die KinderbuchautorinAstrid Lindgren wurde am 14. November 1907 als Astrid Anna Emilia Ericsson auf dem Hof Näs nahe der Kleinstadt Vimmerby in Småland geboren. Mit ihren drei Geschwistern Gunnar (1906-1974), Stina (1911-2002) und Ingegerd (1916-1997) verlebte sie eine glückliche Kindheit auf dem Bauernhof ihrer Eltern Hanna und Samuel August Ericsson. 
Nach ihrem Schulabschluss 1924 begann sie ein Volontariat bei der Tageszeitung "Vimmerby Tidningen". Während dieser Ausbildung wurde sie, 18 Jahre jung und unverheiratet, schwanger - zur damaligen Zeit ein Skandal. Trotzdem weigerte sie sich, den Vater des Kindes, den Chefredakteur der Zeitung, zu heiraten, und zog daraufhin nach Stockholm. Eine Zeit der Einsamkeit brach für sie an. Ihren Sohn Lars gebar sie, wie viele Schwedinnen es in ähnlicher Situation taten, in einer Kopenhagener Klinik, die keine offiziellen Meldungen über Geburten weitergab. In den nächsten drei Jahren wuchs der Junge in einer dänischen Pflegefamilie auf, während sie selbst eine Ausbildung zur Sekretärin absolvierte.
In diesem Beruf trat sie 1928 eine Stellung im "Königlichen Automobilclub" an, wo sie ihren zukünftigen Ehemann, den späteren Direktor Sture Lindgren kennenlernte. Kurz bevor die beiden 1931 heirateten, holte Astrid Lindgren ihren Sohn Lasse zu sich nach Stockholm, der zuvor ein Jahr bei ihren Eltern in Näs gelebt hatte. Nach der Hochzeit zog die kleine Familie in die Vulcanusgatan mit Ausblick auf den Vasapark in Stockholm. Nach der Geburt ihrer Tochter Karin 1934 blieb Astrid Lindgren zunächst einige Jahre zu Hause, bis sie 1937 als Stenografin eines Kriminologen wieder in das Berufsleben einstieg. Das dort erworbene Fachwissen brachte sie später, ab 1946, in die drei Detektiv-Romane über Kalle Blomquist ein.
Astrid Lindgrens erstes Buch entstand jedoch schon viel früher. Als ihre Tochter Karin 1941 einmal krank zu Bett lag, bat sie ihre Mutter, sie solle ihr von "Pippi Langstrumpf" erzählen, einem außergewöhnlichen Mädchen, dessen Namen sich Karin spontan ausgedacht hatte. Weitere drei Jahre sollten vergehen, bis Astrid Lindgren das Manuskript zu diesen Geschichten fertiggestellt hatte und 1944 dem ersten Verlag, dem Bonniers Verlag, anbot. Prompt kam es zurück. Jahre später gab der dafür verantwortliche Verleger zu: "Ich hatte selbst kleine Kinder und stellte mir mit Entsetzen vor, was passieren würde, wenn sie sich dieses Mädchen zum Vorbild nähmen." Die Autorin hatte jedoch ihren Spaß am Schreiben entdeckt und beteiligte sich gleich darauf mit ihrem nächsten Buch am Wettbewerb des Verlages "Rabén & Sjögren" und erhielt den zweiten Preis. Daraufhin versuchte Astrid Lindgren bei diesem Verlag ihr Glück mit Pippi Langstrumpf, bekam den ersten Preis eines erneut ausgeschriebenen Wettbewerbs und erreichte im Nu eine immense Leserschaft. Es folgten weitere Preise sowie eine Anstellung als Lektorin im Kinderbuchbereich, den sie bis 1970 leitete. 
In Deutschland erschien das Buch "Pippi Langstrumpf" erstmals 1949 und bildete den Anfang und Durchbruch des Kinderbuchprogramms des Verlags Friedrich Oetinger. In den darauffolgenden Jahren entstand eine besondere Freundschaft zwischen dem Verlegerpaar Friedrich und Heidi Oetinger und der Schriftstellerin, die ihre gesamten Werke in Deutschland über den Hamburger Verlag verbreiten ließ.
Dazu gehören Bücher wie die über die Kinder aus Bullerbü, Michel und Madita, die das idyllische Leben ihrer schwedischen Kindheit beschreiben, aber auch Geschichten mit gewagten Themen wie Tod und Sterben. "Die Brüder Löwenherz" zum Beispiel lösten nach Erscheinen eine große Diskussion über die Angemessenheit dieses Themas für Kinderbücher aus. Nichtsdestotrotz feierten gerade dieses Buch und auch seine Verfilmung besonders bei den Kindern große Erfolge.
Astrid Lindgren hat rund 90 Bücher, Drehbücher und Theaterstücke verfasst, die in in rund 100 Sprachen übersetzt wurden. Längst gehören ihre Märchen, Erzählungen, Romane und Bilderbücher zu den Klassikern der Kinder- und Jugendliteratur. Alle zeugen von dem besonderen psychologischen Einfühlungsvermögen der Autorin in die Welt eines Kindes und treten für positive Werte wie Toleranz und Mitgefühl ein. Für ihr Werk erhielt Astrid Lindgren im Laufe der Zeit unzählige Preise, unter anderem den Alternativen Nobelpreis, den Deutschen Jugendbuchpreis (heute: Jugendliteraturpreis), den UNESCO Book Award, die Große Goldmedaille der Schwedischen Akademie und den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Darüber hinaus wurde sie, basierend auf einer Volksumfrage, von der Tageszeitung Aftonbladet zur Schwedin des Jahrhunderts gekürt.
Neben ihrer Tätigkeit als Autorin und Lektorin engagierte sie sich intensiv für die Rechte der Kinder, Gewaltlosigkeit und den Tierschutz. So schrieb sie über eine neue Steuergesetzgebung der Sozialdemokraten als literarischen Protest das Märchen "Pomperipossa in Monismanien". Damit trug sie 1976 maßgeblich, nach 40 Jahren Macht, zur Abwahl der sozialdemokratischen Regierung bei. Auch 1985 führte ihr großer Einsatz zum Erfolg: Nach heftigen Debatten wurde in Schweden ein neues Tierschutzgesetz verabschiedet. Einen nicht unmaßgeblichen Anteil daran hatten die Zeitungsartikel, die sie zusammen mit der Tierärztin Kristina Forslund veröffentlichte und die in dem Buch "Meine Kuh will auch Spaß haben" (deutsche Übersetzung bei Oetinger 1991) zusammengefasst wurden.
Mit ihrem Alters- und Abschlusswerk "Ronja Räubertochter", das 1981 in Schweden erschien, beendete Astrid Lindgren ihre aktive Karriere als Schriftstellerin. Ihren Lebensabend verbrachte sie in ihrer Wohnung in der Dalagatan 46 im Vasaviertel in Stockholm, wo sie seit 1941 lebte und am 28. Januar 2002 verstarb. Heute trägt ihr Wohnhaus das Hinweisschild: Astrid Lindgrens Hem 1941-2002.
           (Renate Kusche/gm)

Mehr über Astrid Lindgren: www.astrid-lindgren.de

Weitere Informationen zu dem Buch
·         Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
·         Verlag: Oetinger Verlag; Auflage: 61 (1. Februar 1981)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 9783789129407

Hier geht es zur Verlagsseite von Oetinger.


Meine Leseerfahrung

Ich fand dieses Märchen nicht schlecht, obwohl es mich erst zum Ende hin richtig gepackt hat. Da ich dieses Buch mit Anne gelesen habe, verlinke ich meine Seite mit Annes Buchbesprechung. Sie hat eigentlich alles Wichtige benannt, sodass ich den Inhalt nicht wiederholen möchte und mache es kurz, indem ich nur ein paar Eindrücke von mir niederschreiben werde.

Ich fand viele Märchenfiguren für uns so untypisch, aber typisch für die nordigen Länder wie Schweden, Finnland, Norwegen und Dänemark.

Aber trotzdem hat mich die Thematik an Romeo und Julia erinnert. Die beiden Räuberbanden Mattis und Borka waren verfeindet, während das Mattismädchen Ronja und der Borkajunge Birk Freunde wurden, begann auf beiden Seiten der elterliche Druck, weshalb ich an Romeo und Julia gedacht habe, nur etwas kindlicher im vorliegenden Märchen. Die Freundschaft dieser beiden Kinder brachte doch eine ganz wichtige Veränderung hervor … Ich möchte nicht zu viel verraten, weshalb ich nur in Andeutung schreibe.

Wie Ronja es schafft, dass beide Räuberbanden zusammen kommen, ist dem Buch zu entnehmen.

Was mir gar nicht gefallen hat, ist, dass die Kinder Tierfelle wie z. B. Eichhörnchenfell  trugen. Das ist für mich ein No-Go. Man könnte ja sagen, die Tiere leben in Freiheit und sterben auf der Jagd der Menschen, besser als im Schlachthaus zu sterben, aber mir geht es gar nicht mal um die Menschen, die im Wald leben und vielleicht keine andere Wahl haben, als Tiere zu erlegen, um sich mit den Tierhäuten einzukleiden. Aber diese Räuber bestehlen Menschen, sie würden auch Kleider stehlen, dadurch müssten sie nicht den Tieren das Fell abzuziehen. Ich weiß, dass die nordigen Länder sehr viel Fleisch konsumieren. Sie essen sogar Bären. Tja, am kommenden Dienstag begebe ich mich nach Schweden, und habe so Manches im Reiseführer gelesen.

Kindern würde ich das Töten von Tieren und das Tragen von Tierfellen niemals vorleben. Dieses Blutvergießen wird wohl nie aufhören. 

Ansonsten fand ich das Märchen nicht schlecht.

Wer mehr wissen möchte, hier der Link zu Annes Blogbeitrag.  Sie hat eine gesamte Buchbesprechung zustande gebracht. 
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Samstag, 29. Dezember 2018

Ari Folman und David Polonsky / Das Tagebuch der Anne Frank (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre  

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Eine Glanzleistung, Glückwunsch an die beiden Künstler Folman und Polonsky, dieses Tagebuch über ein neues Genre ausgearbeitet zu haben, ohne es zu verzerren. Mich hat das Buch einfach nicht mehr losgelassen.

Hier geht es zum Klappentext, zum Autorenporträt, zu meinen ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Zu der Handlung muss ich nicht viel sagen, denn jeder kennt das Schicksal der Anne Frank und deren Familie. Auf den ersten Seiten feiert man im Sommer 1942 Annes 13. Geburtstag. Hier lebte die Familie schon seit 1933 in Holland. Doch nicht mehr lange, dann werden die Juden auch in diesem Land in ihren Lebensrechten sukzessiv beschnitten. Sie dürfen nicht mehr ins öffentliche Schwimmbad, keine Straßenbahn und auch kein Fahrrad fahren. Anne weiß plötzlich die banalsten Dinge zu schätzen, die für sie einst so selbstverständlich waren, wie schön es doch war, mit der Straßenbahn zu fahren … 

Das Leben wurde in Deutaschland noch vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs für die Juden immer unerträglicher, bis der Vater Otto Frank schon 1933 beschlossen hatte, nach Holland zu gehen, um sich dort beruflich neuzuorientieren. In Amsterdam fand er als Direktor in einer Firma eine neue Arbeit und holte seine Familie nach. Doch auch in dem angeblich liberalen Holland waren die Juden nicht mehr sicher, sodass die vierköpfige Familie Frank von guten Freunden in ein Versteck gebracht wurde, das sich in dem Bürogebäude von Annes Vater befindet, allerdings im Hinterhaus. Eine weitere Familie namens van Daan, dreiköpfig, fand hier Unterschlupf, später kam noch ein Zahnharzt hinzu.

Denn als die Familie im Juli 1942 erneut ihre Koffer packen musste, um ins Hinterhaus zu ziehen, fand ich so rührend, als Anne sagte, dass sie viel Unsinniges mitnehmen würde; Fotos, Tagebuch, Kuscheltiere …, da ihr Erinnerungen lieber seien als schöne Kleider, während ihre ältere Schwester Margot eher Nützliches mitnehmen möchte, bis sie einsah, dass Objekte, die Erinnerungen erzeugen, doch auch für sie wichtig wurden.

Im Amsterdamer Hinterhaus beginnt nun ein neues Leben für diese acht Menschen. Das kann man sich kaum vorstellen. So ein Leben hinter verschlossenen Türen und Fenstern. Fast zwei Jahre haben diese Menschen hier zugebracht …

Skurril finde ich die auf vornehm machende Mitbewohnerin Madame Auguste van Daan. Sie hatte als Kostbarkeit ihren Nachttopf mitgebracht und ihre besten Kleider und Pelze, da sie ganz großen Wert legt auf schicke Kleidung und vornehme Sitten, die nicht immer mit Annes Vorstellungen und Verhalten konform gingen …

Anne schreibt in ihr Tagebuch, das sie von ihrem Vater zum Geburtstag geschenkt bekommen hat. Sie gibt ihm den Namen Kitty, und redet mit ihr, als wäre Kitty eine menschliche Freundin und vertraut ihr ihre Geheimnisse an. Sie schreibt alles Intime, alles Persönliche über sich und über ihre Mitmenschen hinein. Ihre Gefühle, Gedanken und jede Menge fantastische Vorstellungen, um ihre Welt um sich herum besser verstehen und verarbeiten zu können. Jede Menge philosophische und selbstreflektierende Betrachtungen im Porträt der Anne Frank sind in dem Tagebuch abgebildet.

Am 4. August 1944 wurden durch einen Verrat die im Haus exilierten Menschen gefunden und von der Gestapo abgeführt. Von der Familie Frank hat nur einer überlebt. Es war Otto Frank. Nach dem Krieg sorgte er dafür, dass Annes Tagebuch als ein wichtiges Zeitdokument veröffentlicht wurde.

Anne war ein so weiser, junger Mensch. Sie hat mich tief berührt und tief beeindruckt, weil sie mich auch ein wenig an meine eigene Jugend erinnert hat. Siehe dazu mehr im Unterpunkt Meine Identifikationsfigur. 

Durch ihre Art ist sie häufig mit Madame van Daan in Konflikt geraten, die in so einer schweren Zeit noch immer nicht unterscheiden konnte vom Wesentlichen und vom Unwesentlichen. Auch mir war sie schier unsympathisch. Sie hetzte auch oft die Familie Frank gegen das Kind auf.
Wenn ich zeichnen könnte, hätte ich sie am liebsten in dieser Haltung gezeichnet, so komisch war dieses kleine, verrückte, dumme Weib! Man lernt die Menschen erst gut kennen, wenn man einmal richtigen guten Streit mit ihnen hatte. Erst dann kann man ihren Charakter beurteilen. (2017, 37)

Auf der Zeichnung ist diese Dame zusammen mit ihrem Mann als zwei feuerspeiende Drachen abgebildet, die sich gegenseitig anfauchen, denn diese Madame streitet nicht nur mit Anne, sondern auch mit ihrem Mann über belanglose Dinge.

Die van Daans haben einen Sohn namens Peter, der nicht viel älter als Anne ist. Die beiden freunden sich an, und verlieben sich sogar ineinander. Anne ist mit ihren Emotionen total überfordert, auch, weil sie sich im pubertären Alter befindet.

Sie schreibt an Peter über das Glück:
Reichtum, Ansehen, alles kann man verlieren, aber das Glück im eigenen Herzen kann nur verschleiert werden und wird dich, solange du lebst, immer wieder glücklich machen. Wenn du allein und unglücklich bist, dann versuche mal, bei schönem Wetter vom Oberboden aus in den Himmel zu schauen. Solange du furchtlos in den Himmel schauen kannst, so lange weißt du, dass du innerlich rein bist und dass du wieder glücklich werden wirst. (106)

Auf Seite 129 hat Anne einen Brief an ihren Vater geschrieben, darüber, dass sie mit ihrer Lebenseinstellung alle enttäuschen würde, am meisten wohl ihren Vater, den sie abgöttisch lieben würde. Die Worte, die sie dafür wählt, sind so ergreifend, dass ich diese Textstelle immer wieder lesen musste.

Auf Annes Frage, weshalb Menschen Kriege führen, Häuser zerstören und wiederaufbauen, wieso so viele Bomben hergestellt werden, um andere zu töten? Weshalb Menschen an Hunger sterben, während woanders die Lebensmittel auf dem Tisch verfaulen, weil zu viel davon vorhanden seien.

Annes Vater hat versucht, darauf eine Antwort zu finden:
Im Menschen ist nun mal ein Drang zur Vernichtung, ein Drang zum Totschlagen, zum Morden und Wüten, und solange die ganze Menschheit, ohne Ausnahme, keine Metamorphose durchläuft, wird Krieg wüten, wird alles, was gebaut, gepflegt und gewachsen ist, wieder abgeschnitten und vernichtet, und dann fängt es wieder von vorn an. (130)

Ich würde zusätzlich noch sagen, schuld sind die vielen unverarbeiteten und unangenehmen infantilen Gefühle, mit denen viele Menschen aufgewachsen sind, denn ich glaube nicht, dass der Mensch von Natur aus böse ist. So viel ich weiß litt Hitler unter seinem cholerischen Vater ...

Deshalb tut Anne genau das Richtige, sich mit den Gefühlen auseinandersetzen, um sie später, vor allem die unangenehmen, nicht auf andere projizieren zu müssen. Ein Später gibt es aber leider nicht ...

Außerdem verweise ich auf Alexander Mitscherlichs Buch Die Unfähigkeit zu trauern.

Auch er sagt, wenn der Mensch sich nicht mit seinen dunklen Seiten auseinandersetzt, dann wird er gezwungen sein, Vergangenes zu wiederholen.

Es gab nichts, womit sich dieser junge Mensch, eigentlich mit seinen 13 und 14 Jahren noch ein Kind, auseinandergesetzt hat. Selbst über das Alter grübelte Anne nach, erst recht, wenn die ältere Generation immerzu auf die jüngere schimpft:
>>Denn im tiefsten Grund ist die Jugend einsamer als das Alter<<. Diesen Spruch habe ich aus einem Buch behalten und gefunden, dass es stimmt. Ist es denn wahr, dass die Erwachsenen es schwerer haben als die Jugend? Nein, bestimmt nicht. Ältere Menschen haben eine Meinung über alles und schwanken nicht mehr, was sie tun sollen oder nicht. Wir, die Jüngeren, haben doppelt Mühe, unsere Meinungen in einer Zeit zu behaupten, in der aller Idealismus zerstört und kaputtgemacht wird, in der sich die Menschen von ihrer hässlichsten Seite zeigen, in der in Wahrheit, an Recht und Gott gezweifelt wird. (143) 

Anne Frank ringt um Autonomie und um ihre weibliche Identität, setzt sich mit ihrem Geschlecht sexuell und mit der gesellschaftlichen Rolle der Frau auseinander. Sie findet aber kein Ohr bei den Eltern, da die Sexualität damals tabuisiert wurde … Aber sie findet trotzdem Antworten, und lässt sich nicht so leicht abwimmeln.

 Außerdem ist es für Anne nicht leicht, in einer kleinen Welt eingesperrt zu sein, in der die Erwachsenen überwiegen. Selbst als sie durch einen viralen Infekt erkrankt, nervte es sie, wenn permanent um sie gesorgt wurde, während sich andere Kinder freuen, wenn sie durch die Krankheit stärker bemuttert werden:
Das halte ich nicht aus, wenn so auf mich aufgepasst wird, dann werde ich erst schnippisch, dann traurig, und schließlich drehe ich mein Herz wieder um, drehe das Schlechte nach außen, das Gute nach innen und suche dauernd nach einem Mittel, um so zu werden, wie ich gern sein würde und wie ich sein könnte, wenn … wenn keine anderen Menschen leben würden.

Wow, diese Worte hätten damals in Annes Alter auch von mir stammen können. Genau das hatte ich auch erlebt, fast meine gesamte Jugend hindurch.


Meine Identifikationsfigur
Wie aus den letzten Zeilen hervorgeht, ist Anne meine Identifikationsfigur. In der Regel reicht es mir, meine Identifikationsfigur nur mit dem Namen zu erwähnen. Aber hier ist es mal anders ...  Ich war in meiner Kindheit und Jugend auch sehr ungemütlich. Mir haben die Erwachsenen dermaßen gestunken, dass ich mich innerlich immer mehr zurückgezogen habe, und für mich im Stillen beschlossen hatte, nicht erwachsen werden zu wollen. Bis ich in eine Phase geriet, in der ich auch aus mir heraus explodiert bin, denn ich habe genauso gegen diese Erwachsenenwelt rebelliert, wie Anne es tat. Irgendwann musste ich aber erkennen, dass ich auch nicht ewig Kind bleiben wollte, um nicht von ihnen abhängig zu bleiben und so geriet ich in ein immer größeres Dilemma, die meine innere Krise nur noch mehr verstärkte, über die ich mit niemanden reden konnte, weil immer ich die Böse war und so agierte ich auf meine Weise, um mich gegen diese großen, sogenannten allwissenden und arg widersprüchlichen Leute aufzulehnen, die stets glaubten, alles besser wissen zu müssen, nur weil sie älter waren. Auch ich habe Tagebuch geführt, das aber ohne meine Erlaubnis aufgebrochen wurde, und so habe ich meine Welt durch das ständige Ausspähen und Kontrolle meines Tuns symbolisch gesehen ein wenig wie eine kleine Diktatur erlebt … Noch heute ist mir manchmal mulmig zumute, wenn ich Sichtweisen vertrete, die so ganz gegen gegen die Allgemeinheit zieht ... 
Schon damals hatte ich mir über diese Dinge Gedanken gemacht, da hatten andere Mädchen in meinem Alter noch mit Puppen gespielt. Später wurde ich häufig für meine Weisheit bewundert, die für mein damaliges Alter so untypisch war ... Es gibt leider noch immer genug Erwachsene, die sich wenig Gedanken machen und laufen ganz brav mit dem Strom mit, weil sie es nicht anders gelernt haben. Aber genau diese Menschen grenzen andere ein, vor allem, wenn sie sich dazu noch von den Medien leiten lassen, die sie nicht kritisch hinterfragen. Diese Erwachsenen verfolgen ein Menschenbild, das geprägt ist von nur Schwarz-Weiß-, und von Gut-und-Böse-Facetten.

Anne Frank spricht mir so aus der Seele.

Cover und Buchtitel
Finde ich supergut umgesetzt. Das ganze Tagebuch in Bildern und mit Sprechblasen eingebettet, wie in einem richtigen Comic, verliert absolut nicht den Charme und die Ernsthaftigkeit dieses prosaischen Tagebuches. Aber es befinden sich auch viele Seiten darunter, die ohne Bildchen und Sprechblasen auskommen.

Wie erlebe ich die Menschen heute?
Unter meinen Bücherfreund*innen habe ich Gleichgesinnte gefunden.

Mein Fazit
Ein wunderbares Buch für Jugendliche und für Erwachsene, aber auch für Jugendliche, die nicht so gerne Bücher lesen … Eine Grafik Diary, eine andere Form, hochwertige Literatur leicht verständlich vermitteln zu können.

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Literaturwissenschaftliches, gut recherchiertes Buch
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

12 von 12 Punkten. Eine klare Leseempfehlung.

________________
Vertraue auf dein Herz.
Denn dann gehst du niemals allein.
(Temple Grandin)

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Samstag, 8. September 2018

Joanne K. Rowling / Harry Potter und das verwunschene Kind (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre   

Mir hat dieser Band wider Erwarten sehr gut gefallen. Eine außergewöhnliche Geschichte in Theaterfassung, die einzige unter den acht Potter-Bänden, die mir dazu noch so nahegegangen ist. So viele Ereignisse, mit denen ich nicht gerechnet hatte, so viele Szenen, die unvorhersehbar waren, haben mich fasziniert. Aber es gab auch jede Menge Wiederholungen. Ich möchte nicht zu viel verraten, und so werde ich schauen, dass ich einen guten Mix zwischen Spoiler und Aufdeckung hinbekomme.

Hier geht es zum Klappentext und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Sie knüpft dort an, wo der letzte Band geendet hat. Man bekommt es hier mit dem nicht mehr ganz so jungen Harry Potter zu tun, der seinen Weg gemacht hat und beruflich als Leiter im Zaubereiministerium tätig ist. Anfangs ist er 37 Jahre alt, später vergehen weitere Jahre und so befindet er sich im stolzen Alter von Anfang und Mitte vierzig. Harry Potter hat seine Jugendliebe Ginny Weasley geheiratet und mit ihr eine Familie gegründet. Drei Kinder, die alle den Namen bedeutender Menschen erhalten haben, gehen aus dieser Ehe hervor. Am stärksten vertreten ist hier der Sohn Albus Severin Potter. Die anderen beiden Kinder treten sehr selten auf. Außerdem bestehen zwischen Harry und Albus massive psychologische Beziehungskonflikte, obwohl sie sich vom Charakter her sehr ähneln. Ist Harry Potter tatsächlich ein Held gewesen, wie er und alle anderen behaupten? Damit hat Albus ein Identifikationsproblem und hinterfragt äußerst kritisch die Heldentaten seines Vaters …

Hermine Granger hat Ron Weasley geheiratet, und aus dieser Ehe stammt ein Mädchen namens Rose.

Draco Malfoy war mit einer Hexe verheiratet, Astoria, die nicht mehr am Leben ist. Der Witwer Malfoy besitzt zwei Kinder. Eines davon ist Scorpius. Scorpius hatte, bevor er Albus kennengelernt hat, keine Freunde und ist dadurch sehr einsam, denn es geht das Gerücht um, dass Scorpius nicht wirklich der Vater von Malfoy ist, sondern von Lord Voltemord ... Auch zwischen Scorpius und dem Vater bestehen massive psychologische Beziehungskonflikte, da Scorpius unbewusst Identitätsprobleme durch seinen Vater entwickelt, und lehnt sich gegen ihn auf. Scorpius möchte sich nicht mit den bösen Taten seines Vaters aus dessen Kindheit identifizieren. Immerhin zählte Malfoy damals durch seinen eigenen Vater zu den Todessern …

Alle diese Kinder besuchen wie einst die Eltern auch die Zauberschule auf dem Schloss Hogwarts. Zwischen Albus Potter und Scorpius Malfoy entwickelt sich eine feste Freundschaft. Zuerst begegneten sie sich im Hogwarts-Express, in einem Abteil, in dem Scorpius allein vorgefunden wurde. Albus fühlte sich schnell zu Scorpius hingezogen …

Albus ist Harrys zweites Kind und als es auf Hogwarts eingeschult wird, ist es erst mal sehr traurig, dass der Zauberhut es für das Schulhaus der Slytherin vorgesehen hat. Auch Scorpius besucht das Schulhaus der Slytherin.

Ich fragte mich anfangs, da Voldemort tot ist, aus welchen Abenteuern dieses Theaterstück bestehen könnte?

Das Abenteuer
Amos Diggory, der Vater von Cedric, der bei den Quidditchspielen, beim Trimagischen Turnier vor 25 Jahren, von Voldemort getötet wurde, klopft hilfesuchend bei Potter an und bittet ihn, den so geliebten Sohn mithilfe eines Zeitumkehrers wieder zurückzuholen. Amos versucht mit diversen Manipulationstechniken an Potters Gewissen zu rütteln, da es wegen ihm, so Amos, damals so viele Todesopfer gegeben hätte …

Obwohl Potters Gewissen angeknackst ist, erteilt er Amos eine Absage. Er wisse nicht, wie er Cedric zurückholen könne, da er über keinen Zeitumkehrer verfügen würde und wisse auch nicht, wo dieser aufzutreiben sei …

Nun stellt sich Albus heimlich zur Verfügung, Cedric zusammen mit Scorpius einen Zeitumkehrer aufzuspüren, um Amos zu helfen. Hier beginnt nun das Abenteuer, denn wenn ein Zeitumkehrer es tatsächlich schafft, Cedric wieder zurückzuholen, dann bestünde die Gefahr, dass auch Voldemort zurückkehrt …

Seit Potter den Kampf mit Voldemort gewonnen hat, seitdem lebt die Zauberwelt im Frieden. Scheint tatsächlich das Böse ausgerottet zu sein? Diesen Gedanken hegt auch Ginny, als Potters Narbe erneut anfängt zu schmerzen.

Albus und Scorpius finden tatsächlich einen Zeitumkehrer, den sie allerdings nicht richtig bedienen können und bringen sich dadurch in Lebensgefahr. Daraus zieht Potter die Konsequenzen und verbietet Albus den Kontakt zu seinem besten Freund Scorpius und greift dabei zu restriktiven autoritären Erziehungsmethoden, die so gar nicht zu Harry Potter passen, da er schon sehr bemüht ist, seinen Kindern ein guter Vater zu sein …

Die beiden Freunde wagen einen weiteren Versuch, Cedric zurückzuholen, und begeben sich erneut in Lebensgefahr. Sie machen die Bekanntschaft mit Delphi, die vorgibt, die Nichte von Amos zu sein, bis sie ihr wahres Gesicht zeigt …

Mithilfe des Zeitumkehrers und mit einem Verwandlungszauber finden zeitlich gesehen mehrere Parallelen statt. Gegenwart und Vergangenheit treffen aufeinander … Albus und Scorpius stecken in der vergangenen Zeit fest, und wissen nicht, wie sie wieder herauskommen könnten.

Das Schreibkonzept
Wie gesagt, hat die Autorin aus diesem zweiteiligen Band ein Theaterstück entworfen, das aus vier Akten und unterschiedlich vielen Szenen besteht. Man muss sich eine Theaterbühne vorstellen, auf der dieses Märchen sich abspielt. Ich konnte mir aber keine Theaterbühne vorstellen, weil mir die vielen Bilder aus den Vorgängern noch in mir behaftet gewesen sind. Ich habe gar nicht so mitbekommen, dass dies ein Theaterstück ist.

Cover und Buchtitel? 
Nun, wer ist denn das verwunschene Kind? Ist das Albus Potter oder Harry Potter? Ist Harry Potter nicht schwarzhaarig? Man bekommt in dieser Geschichte eine Wiederholung vorgesetzt, als Harry Potters Eltern vom dunklen Lord abgerichtet wurden und er das kleine Kind zu einer Vollwaisen gemacht hat. Durch den Zeitumkehrer wird Albus Potter Zeuge, als das Kind seine Eltern verloren hat und bekommt dadurch ein anderes und besseres Verständnis zu dem Selbstporträt seines Vaters. Ich finde, dass der Titel bis zum Schluss nebulös geblieben ist. Das verwunschene Kind? Das könnte sogar auch Scorpius Malfoy sein, da gemunkelt wird, er sei in Wahrheit das Kind des dunklen Lords. Da dies unklar geblieben ist, gibt es einen Punktabzug.
Das Cover an sich finde ich recht schön. 

Meine Identifikationsfigur
Scorpius Malfoy.

Meine Meinung
Erstaunlicherweise konnte ich mich diesmal richtig gut in die Szenen hineinversetzen. Was für mich ein wenig verwirrend gewirkt hat, waren die verschiedenen Rollenwechsel, die in diesem Märchen stattgefunden haben. Aber es war aushaltbar. Schön fand ich dagegen, dass auch dieser Roman/Theaterstück sich als ein richtig großer Freundschaftsroman entpuppt hat. Das fand ich so wunderbar. Dass Malfoy in seiner Kindheit ein Fiesling war, haben sich nun die Charaktere in diesem Band ein wenig ins Positive verschoben.Die Beziehung wischen ihm und Potter fand hier eine Aufwertung statt, auch dadurch, weil die Söhne unzertrennlich befreundet sind. Hier lernt man Draco neu kennen. Aus ihm ist ein liebender Vater geworden. Und Scorpius? Er ist mir richtig sympathisch, ist mir ans Herz gewachsen, da er sehr gutmütig und sensibel ist. Niemals würde er seine Freunde im Stich lassen.
Gefallen hat mir auch, dass dieser Band nicht so gewaltträchtig war wie die anderen Bände.

Mein Fazit?
Ein superschöner Fantasy Roman, den man allerdings nicht lesen sollte, ohne sich vorher mit den anderen Bänden vertraut gemacht zu haben.

Hier geht es zu einer sehr kritischen Rezension, die ich allerdings auch sehr ernst nehmen kann. Die Enttäuschung der Rezensentin ist durchaus nachzuvollziehen, wenn ich auch nicht alle Kritikpunkte mit ihr teilen kann. Nur weil sich zum Beispiel Gleichgeschlechtliche heftigst umarmen, müssen sie nicht gleich homosexuell sein.

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
1 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
11 von 12 Punkten.

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Öffnest du dein Tintenfass der Macht
und des Glücks, so lass deine Tinte
von Edelmut und Güte fließen.

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Sonntag, 27. Mai 2018

Astrid Lindgren / Die Brüder Löwenherz (1)

Lesen mit Tina

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ein Jugendbuch von Astrid Lindgren, das, verglichen mit ihren anderen Jugendbüchern, völlig aus dem Rahmen fällt. Ein recht düsterer Fantasieroman, das voll von Abenteuern ist. Und trotzdem ist er mit viel Liebe geschrieben. Ins Zentrum wird hier der Tod gerückt, der zwei Nachleben verspricht.

Die Handlung
Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die beiden Brüder Karl und Jonathan Löwenherz. Karl, zehn Jahre alt, leidet an einer unheilbaren Krankheit und ist dadurch bettlägerig. Er weiß, dass er bald sterben muss. Traurig fragt er seinen Bruder, warum er so früh sterben müsse? Jonathan, der seinen kleinen Bruder Krümel nennt, tröstet ihn, und verspricht ihm, dass sie sich nach dem Tod in Nangijala wiedersehen würden. Nangijala wäre ein wunderbarer Ort mit vielen schönen Abenteuern.

Nun kommt es zu einer Katastrophe. Das Haus der Kinder fängt Feuer, und als Jonathan seinen kleinen Bruder aus dem brennenden Haus rettet, kommt er selbst ums Leben. Nicht lange danach folgt ihm Krümel und tatsächlich, sie treffen sich wieder in Nangijala.

Nangijala liegt in den Bergen und ist ein Land voller Märchen und Sagen. Die Dörfer, in denen sie leben, heißen Heckenrosental und Kirschtal. In der ersten Zeit machen die Brüder gemeinsam viele schöne Sachen. Krümel lernt die Taubenkönigin Sophia kennen, die einen engen Kontakt zu den Tauben pflegt. Viele Tauben übermitteln von Dorf zu Dorf wichtige Nachrichten …

Doch Löwenherz hat hier eine schwere Aufgabe zu bewältigen. Und es wird Zeit, seinen kleinen Bruder darin einzuweihen. Er müsse Orwar aus der Katlahöhle befreien. Katla ist ein Feuer speiender Drache. Wenn Jonathan die Befreiung nicht gelingen würde, dann könne Nangijala nicht weiter existieren und alle müssten sterben. Doch der Drache alleine ist nicht die Gefahr. Der Drache wird von Tengil beherrscht. Tengil ist ein Diktator, der sich von den Menschen nimmt, was er haben will. Für die BewohnerInnen von Heckenrosental lässt er eine lange und hohe Mauer errichten, die Tag und Nacht von Tengilsoldaten bewacht wird. Für die BewohnerInnen werden Sperrzeiten eingeführt … Da sich herumgesprochen hat, dass Jonathan Orwar befreien will, hat Tengil seine Soldaten auf ihn gehetzt. Es finden weitläufige Suchaktionen statt … Der kleine Karl vermisst seinen Bruder schmerzlichst und macht sich selbst auf den Weg, zusammen mit seinem Pferd Fjalar, ihn zu suchen. Von den Tengilsoldaten wird Karl geschnappt …

Mehr möchte ich nicht verraten …

Das Schreibkonzept
Auf den ersten Seiten lernt man den kleinen Karl kennen, der in der Ichperspektive von sich und seiner Familie spricht. Zuerst spricht er von seinem Bruder, dann von seiner Erkrankung, etc. Der Erzählstil setzt sich bis zum Ende der Geschichte so fort. Sehr leicht und kindgerecht geschrieben. In dem Buch sind viele schöne Schwarz-Weiß-Illustrationen abgedruckt.

Cover und Buchtitel?
Die Brüder Löwenherz - Astrid Lindgren
Auf dem vorderen Buchcover befinden sich beide Kinder in Nangijala. Karl ist nicht mehr bettlägerig und genießt mit seinem Bruder das Angeln an der frischen Luft. Das Buchcover hinten; beide Kinder befinden sich auf der Flucht von Tengil.

Ist das Buch jugendtauglich?
Ich finde schon. Aber es bitte nicht mit Michel, Lotta, Pippi Langstrumpf … vergleichen …
Kinder mögen Abenteuergeschichten. So ein wenig hat mich das Buch an Herr der Ringe erinnert, nur kindlicher. Allerdings wurde das Buch in der Öffentlichkeit stark kritisiert, dass der Tod für Kinder eine zu ernste Thematik sei und weil der Tod in dem Buch zu stark verharmlost werden würde. Aber ich denke, dass größere Kinder zwischen Fiktion und Realität sehr wohl unterscheiden können. Und kleinere Kinder leben in ihrer eigenen Welt. Sie werden schon rechtzeitig das Eine von dem Anderen zu unterscheiden lernen, wie dies auch mit Märchen der Fall ist.

Neben den vielen Abenteuern, die bezwungen werden müssen, geht es in dem Buch auch um Liebe familiärer und freundschaftlicher Art. Auch Vorurteile anderen gegenüber werden in bestimmten Szenen  thematisiert. Es geht um Gut und Böse und über die Schwierigkeit, das Eine von dem Anderen zu unterscheiden. 

Meine Identifikationsfigur
Jonathan. Ich hatte mich in meiner Kindheit auch immer für andere stark gemacht. Für Kinder und für Erwachsene. Auch um meine 2,5 Jahre jüngere Schwester war ich häufig fürsorglich. 

Ungeklärte Fragen
Die Geschichte hat politische Hintergründe. Es bleibt zu ergründen, wann Astrid Lindgren dieses Buch geschrieben hat? Ich vermute während oder nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Buch hat stark diktatorische Züge. Was ich aus ihren Autobiografien entnehmen konnte; Schweden verhielt sich im Zweiten Weltkrieg neutral. Astrid Lindgren hat aber nicht passiv zugeguckt, während Hitler in Deutschland gewütet hat. Ihre Hilflosigkeit gab sie ihrem Tagebuch kund und schrieb dazu Geschichten.

Meine Meinung
Mich hat das Buch fasziniert. Mit so viel anhaltender Spannung habe ich nicht gerechnet. Sehr interessant geschrieben. Den Schluss fand ich einerseits düster, andererseits hatte es aber etwas Befreiendes, je nachdem, was die BetrachterInnen daraus machen.
Ich selbst habe das Buch auch in meiner Jugend gelesen. 1973 wurde das Buch erstmals ins Deutsche übersetzt und gedruckt. Aber ich kann mich nicht mehr erinnern, wie ich es damals in meinem ersten Leseleben aufgefasst hatte.

Mein Fazit?
Dies ist das dunkelste Buch, das ich jemals von Astrid Lindgren gelesen habe. Phasenweise habe ich es als recht schwermütig erlebt. Nicht so aufheiternd wie bei der megastarken Pippi oder wie beim frechen Michel. Die Themen fand ich hier mit viel Traurigkeit und Ernsthaftigkeit bepackt.

Eigentlich heißen die Kinder Karl und Jonathan Löwe. Wie es zu dem Namen Löwenherz gekommen ist, ist dem Buch zu entnehmen.

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
Zwölf von zwölf Punkten.

Auszeichnung
1979 wurde das Buch mit dem internationalen Janusz-Korczak-Literaturpreis und dem Wilhelm-Hauff-Preis geehrt.

Und hier geht es zu Tinas Buchbesprechung.

Weitere Information zu dem Buch

 Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
·         Verlag: Oetinger Verlag; Auflage: 37 (1. Februar 1974)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3789129410
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