Montag, 15. Oktober 2018

Frankfurter Buchmesse 2018

Mittwoch, 10.10.2018
Es gastiert Georgien

Mein erster Tag auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse 2018.

Heute Morgen bin ich mit einem fertigen Messeplan in der Tasche vom Frankfurter Hauptbahnhof ganz relaxt zur Buchmesse marschiert, da die erste Lesung, die ich mir herausgesucht habe, erst um 10:30 Uhr begann. Bedauerlicherweise fanden zwei Lesungen zur selben Zeit statt, und so hatte ich gleich zu Beginn schon Entscheidungsschwierigkeiten. Am Ende hat dann meine Bloggerfreundin Monerl für mich die Entscheidung getroffen.

Folgende Autorinnen haben gelesen:
Nino Haratischwili und Ekaterine Togonitze.



Die Entscheidung fiel auf Nino Haratischwili, s. o. re., die über ihr neues Buch Die Katze und der General gesprochen hat. Dieses Buch besitze ich selbst noch nicht, habe aber Das achte Leben in meinem Bestand, das ich noch lesen muss. Monerl und ich wollen es zusammen lesen.
Das Buch von E. Togonitze Einsame Schwestern habe ich schon gelesen. Ich hätte nur gerne die Autorin persönlich erlebt.

10:30 Uhr Nino Haratischwilli spricht über verschiedene Identitäten, die ein Mensch haben könne. Sie selbst sei in Georgien groß geworden, sei aber trans- und multikulturell unterwegs. Sie spricht über Georgiens Nachbarland Tschetschenien. Sie spricht über Kriege und Kriegsverbrecher, und darüber, wie man mit der Schuld umgeht. Die Autorin klagt nicht an, da jeder Täter auch eine Kindheit hatte und er nicht als Bestie auf die Welt gekommen sei. Ihren Roman habe sie daher aus der Täterperspektive geschrieben. Der Roman würde sehr viele Fragen aufwerfen, aber viele Fragen würden bis zum Schluss Antworten schuldig bleiben.
Selbst nach Beendigung eines Krieges sei der Krieg nicht zu Ende, da er noch über viele spätere Generationen nachwirken würde.

Die Katze und der General werfen einen differenzierten Blick auf Kultur und Land.
·       Nino Haratischwilli schreibt nicht chronologisch.
·       Der Roman behandelt eine wahre Geschichte.
·       Ein Roman über die Sowjetunion und den Verfall.
·       Behandelt die Kindheit der Täter, recherchiert aus welchen Elternhäusern die Täter kommen. Wie werden Menschen zu dem, was sie geworden sind?
·       Der Autorin war es wichtig, die Täter nicht als Monster abzustempeln mit dem Ziel, dass sich die Leser*innen nicht von diesen Täterfiguren distanzieren, sie sollen sich mit ihnen auseinadersetzen. Nino Haratischwilli beschreibt die Täterbiografien; charakteristisch; Tristes und Werteverlust.
·       Die Katze steht für eine Generation mit besseren Chancen.
·       Der General, dessen Schuld gesühnt wird durch Eigenjustiz, weil er seine Sinnhaftigkeit verliert.
·       Alle Figuren im Buch verfolgen eigene Interessen.
·       Drang nach Gerechtigkeit.
·       Autorin will nicht werten und auch nicht moralisieren.
·       Sie wirft die Frage nach Entscheidungsfreiheit auf. Hat der Mensch überhaupt eine Wahl?
·       Ein Versuch, sich den Fragen zu nähern.
·       Für diesen Roman ist die Autorin nach Marokko gereist.
·       Die Gewalt in dem Buch, Tschetschenien, könne sich überall auf der Welt abspielen.
·       Die Literatur könne eine Form von Gerechtigkeit herstellen.
·       Was bedeutet für die Autorin Gerechtigkeit? Sie glaubt an die juristische Gerechtigkeit.
·       Ein Kriegsverbrecher könne keinen Frieden erlangen.

  Ein sehr interessantes Interview, das mich zu dem Buch gelockt hat, weil ich es unbedingt lesen muss. Ob es was für mich taugt, wird sich dann zeigen, da ich nicht nur gute Stimmen zu dem Buch  vernommen habe. Man muss selbst die Erfahrung machen, um sich eine Meinung zu bilden. 

Danach ging ich noch etwas durch die Hallen und geriet im Fantasybereich für Kinder.



Hörspielbox im ARD-Forum
Später haben wir, Monerl, Petrissa und ich, in der Hörspielbox mit verteilten Rollen an einem Hörspiel zu dem Märchen Rumpelstilzchen teilgenommen. Monerl war das Rumpelstilzchen, Petrissa die Erzählerin und ich war Rumpelstilzchens Tochter.
Hier geht es zu dem Hörspiel.
Danach sind wir essen gegangen, draußen auf dem Messegelände. Es gab viel Auswahl. Für jeden Geschmack war etwas dabei.



Durch Monerl durfte ich auch Christina Amberg, siehe rechts, kennenlernen. Mädels, schön euch kennengelernt zu haben. Ihr habt mich alle sehr bereichert. 

Erneut sind wir durch die Hallen geschlendert und haben an verschiedenen Glücksspielen teilgenommen. An einem Literatursexstand habe ich als einzige einen Sexstrumpf gewonnen 😈. 

16:00 Uhr
Manfred Spitzer: Die Smartphone Epidemie
Ich bin hier später dazugestoßen.
·       Smartphone würde süchtig machen und die Entwicklung eines Kindes hemmen.
·       Smartphone Konsum müsse stärker kontrolliert werden.
Smartphones führen bei unkontrolliertem Konsum zu Einsamkeit, Isolation, Depression und Kurzsichtigkeit.

Laut einer Studie würden Kinder durch Smartphones nicht intelligenter, sondern eher dümmer werden.
Manfred Spitzer ist von Beruf Psychiater. Er weiß, was er sagt.
Bärbel Schäfer ist hier Moderatorin gewesen.

Kurz vor Schluss sind Petrissa und ich noch in eine andere Veranstaltung geraten, von der ich im Vorbeigehen noch einen Satz aufschnappen konnte.
Das Böse am Bösen ist, wenn man nichts dagegen tut.
Was böse ist, kann man, so finde ich, leicht definieren. Böse ist für mich, wenn man sich und/oder anderen Menschen in irgendeiner Form schadet. 

Ich spitzte immer meine Ohren, um viele schöne Gedanken einzufangen, um sie später mit nach Hause tragen zu können. Ich kam mir wie eine Gedankenjägerin vor, um nur nichts zu verpassen. 😜

Der Referent sprach über das Böse im Menschen, über deren Abgründe.

Gegen 17:00 Uhr bin ich nach Hause gefahren und wollte mich am Abend noch auf den morgigen Messetag vorbereiten. Als ich die Messehallen verlassen hatte, und ich wieder draußen war, kam mir die Welt so banal vor, so trivial. 



Ich habe so viele Menschen kennengelernt ...

Wie war mein Tag heute? Ich habe beides erlebt, Schönes und weniger Schönes. Ich habe viele Bücherbloggerinnen getroffen. Einige kenne ich nur virtuell. Mit Ausnahme von Monerl, mit der ich mich privat schon mal getroffen habe, da sie in der Nähe von Darmstadt wohnt, und so lernte ich durch sie die anderen Buchbloggerinnen heute kennen. Trotzdem waren sie mir alle vertraut. Petrissa ging es ähnlich. Auch sie sagte, sie habe das Gefühl, mich länger zu kennen. Das fand ich ein schönes Erlebnis. 
Petrissa Bach, Christina Amber und Marlene Radtke habe ich heute ganz real kennenlernen dürfen, worüber ich mich sehr gefreut habe. Von Marlene habe ich einen Button bekommen mit der Aufschrift Bücherblogger gegen rechts.
Das Schlechte zum Schluss? Nein, ich sage es schon jetzt, nicht erst, wenn die Buchmesse vorbei ist; ich habe leider einige Veranstaltungen zu Autor*innen verpasst. Zum einen, weil ich mich bei den Freundinnen festgequatscht hatte und ich es nicht geschafft habe, rechtzeitig zu der Lesung zu kommen, und musste sie schließlich ausfallen lassen. Zum anderen habe ich immer wieder Entscheidungsschwierigkeiten gehabt. Bloggerinnen anzutreffen, die ich virtuell kenne, waren mir genauso wichtig, wie das Antreffen für mich bedeutender Autor*innen. Verpasst habe ich aber auch Lesungen, weil ich die Buchmessenapp nicht ganz richtig benutzt hatte. Erst zu Hause ist mir eingefallen, dass ich Autor*innen, die ich unbedingt sehen wollte, verpasst habe. Min Jin Lee, deren Buch ich gerade mit der Leserunde auf Whatchareadin lese, hätte ich so gerne gehört, was sie zu ihrem Buch Ein einfaches Leben zu sagen hatte. Darüber war ich sehr, sehr traurig, sie verpasst zu haben. Nächstes Mal weiß ich es besser, wie ich die App noch präziser nutzen kann. Das ist das erste Mal, dass ich mit der Buchmessenapp unterwegs war. Sie war mir eine große Hilfe, habe durch sie viele für mich interessante Autor*innen und Veranstaltungen auffinden können. Ich möchte sie nicht mehr missen. In den nächsten Tage werde ich die App besser nutzen können. Monerl und Petrissa haben es in diesem Jahr anders gemacht, um Stress zu vermeiden. Sie sind mal ohne Messeplan vertreten gewesen.

Ich fühlte mich auf dem Messegelände schon richtig heimisch. Alle Hallen und Foren konnte ich schnell erreichen. Kein Herumirren mehr und von dem großen Messegelände her lassen sich alle Hallen gut erreichen, ohne sich auf den Rolltreppen quetschen zu müssen …

Dies war nun mein erster Messetag in diesem Jahr. 
Nochmals am Diogenesstand mit Monerl, Petrissa, Marlene und mit mir.




Folgende Bücher möchte ich hier vorstellen:


Die Smartphone-Epidemie: Gefahren für Gesundheit, Bildung und Gesellschaft
Ein einfaches Leben: RomanDie Katze und der General

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Donnerstag, den 11.10.2018    

Mein zweiter Messetag  

Heute mit Tina und ihren Kindern, 11 und 14 Jahre alt. Mit dabei waren noch zwei Freundinnen der Kinder. Ich hatte heute keinen Messeplan dabei, habe mich ganz nach Tina orientiert, da sie wegen eines langen Anfahrtsweg nur diesen einen Tag auf der Buchmesse verbringen konnte.
Um 11:00 Uhr gingen wir zu Inger-Maria Mahlke, die zu ihrem neuen Roman Archipel einige Gedanken im Interview geäußert hat. Die Autorin ist mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet worden. Dieses Buch wollen Tina und ich uns noch anschaffen und gemeinsam lesen.


·       Die Handlung spielt sich in Teneriffa ab. Drei Familien erzählen rückwärts.
·       Keine Autobiografie, da die Autorin Autobiografien misstraut, da sie zu sehr logisch aufeinander aufbauen würden. Der Biograf mache alles glatt, Dinge würden weggelassen werden.
·       Auf die Frage, wie sie zu ihrem Lesestoff kam und was oder wer zuerst da gewesen sei? Zuerst wäre die Insel da gewesen, die Figuren hätten sich während des Schreibprozesses entwickelt.
·       Das Thema arbeitete in ihr. Sie begann mit einem Satz, dann mehrere, bis ganze Szenen entstanden seien.
Archipel·       Die Insel sei ein wenig biografisch, da die Mutter, in Deutschland geboren, auf der Insel leben würde, der Autorin würde es dort gut gefallen.
·       An der Insel arbeiten, etwas besser machen wollen? Das wolle sie nicht. Sie möchte ihr Verhältnis zur Insel nicht zerstören, sie wolle die Insel so sein lassen, wie sie ist.
·       Was seien die Recherchen zum Buch gewesen? Über viele verschiedene Fotografien.
·       Die Insel selbst würde von der Lebensweise her anarchistisch geprägt sein, aber die Autorin würde die dort lebenden Menschen und deren Lebensweisen lieben.
·       Ihre Figuren würden nicht aus realen Figuren stammen. Reale Figuren wären für sie eine Form des Übergriffes.
·       Wie viel Wirklichkeit steckt in dem Roman? Und bleiben die Figuren nach dem Schreiben des Buches lebendig? Nach dem Roman würden die Figuren alle sterben. Die Autorin erleide
dadurch den Figuren gegenüber eine Trauerphase.
·       Was passiert, wenn man Buchpreisträgerin wird? Es würde innerlich unglaublich viel passieren, sie wolle aber nicht darüber nachdenken.
·       Wie sieht der Buchpreis aus? Kein Pokal, eine Urkunde.

Im Anschluss an das Interview hat die Autorin zehn Minuten aus ihrem Buch gelesen.

15:00 Uhr                   
Anselm Grün im Yogi - Agora - Zelt
 Geschwisterbande - eine ganz besondere Beziehung.

Geschwisterbande - Grün, AnselmAnselm Grün hat hier sein neues Buch Geschwisterbande vorgestellt und darüber gesprochen. Ein psychologisches und biblisches Ratgeberbuch. Eine Geschwisterbande stellt eine ganz besondere Beziehung dar.
·       Komplizierte Geschwisterverhältnisse sollen stärker hinterfragt werden und sich im anderen Geschwisterkind spiegeln können. Anselm Grün ist selbst Bruder von sechs Geschwistern. Seine Mutter habe sich nie in die Geschwisterrivalitäten eingemischt. Sie habe die Probleme untereinander selbst klären lassen.
·       Geschwister nicht in Theorien pressen, wie z. B. Sandwichkind u. a., da jedes Kind anders ist.
·       Jedes Geschwisterkind hat Stärken, auch wenn diese Stärken auf den ersten Blick negativ auffallen.
·       Bezieht sich auf eine biblische Geschichte, wie Die Rückkehr des verlorenen Sohnes. Statt Bestrafung erntet der Zurückgekehrte Liebe. Das andere Geschwisterkind reagiert darauf eifersüchtig und fragt seinen Vater, weshalb er seinen Bruder noch belohnen würde?

Viele Theorien, über die Anselm Grün gesprochen hat, waren mir nicht neu, da ich schon recht viele Bücher von ihm gelesen habe, weshalb ich aufgehört habe, mir Notizen zu machen. Kein Buch für mich, aber ein ideales Buch zum verschenken.

Anschließend sind wir etwas essen gegangen.
Danach ging es weiter mit vielen Autor*innen vom Diogenes Verlag im Pavillon. Hier hatte ich die Gelegenheit, den Verleger Philipp Kell kennenzulernen, der ein ganz großes Herz für seine Autor*innen zu haben scheint. Sehr lobenswert und menschlich ist seine Herangehensweise, Autor*innen zu fördern. Nein, hier werden die Autor*innen nicht gleich abgeschmettert, wenn das Manuskript nicht sofort positiv auffallen würde. Er hilft seinen Autor*innen, was in ihnen sprudelt, rauszulassen. Kells Lieblingsberuf ist Verleger zu sein. Das merkt man ihm auch an, weil der Diogenes tatsächlich viele wunderbare Autor*innen im System hat.

Folgende Autor*innen saßen in der Gesprächsrunde:

Katrin Engberg
Mick Herron
Chris Kraus
Anne Reinecke
Benedict Wells

Anne Reinecke und Benedict Wells sind mir vertraute Autor*innen. Andere wie Katrin Engberg und Chris Kraus müssen es noch werden. Habe mir die Bücher dieser Autor*innen angeschafft. Mick Herron wurde auf Whatchareadin in einer Leserunde gelesen und heiß diskutiert, hat mich aber nicht angesprochen, obwohl der Autor, so im Nachhinein, auch recht sympathisch auf mich gewirkt hat. Vielleicht gebe ich ihm später nochmals eine Chance.

Slow Horses: Ein Fall für Jackson LambIch konnte mir hier im Gesprächskreis wegen der vielfältigen Flut an Informationen nicht alles notieren.
Mick Herron sagt, Schreiben sei die witzigste Art zu leben. Autor von Slow Horses. 

Krokodilwächter: Ein Kopenhagen-Thriller (Kørner & Werner)
Katrin Engberg, Krokodilwächter, Krimiautorin, sagt, dass es ihr ungeheuer Spaß machen würde, Figuren zu quälen und zu töten. Plötzlich sind irgendwelche Figuren da und ziehen bei mir ein. Auf die Frage, ob die Autorin einen Schnellkurs in Spionage gemacht habe? Der Autorin sei es wichtig, die Figuren authentisch wiederzugeben. Die Recherchen seien mit viel Fantasie gesegnet.

LeinseeAnne Reinecke, von der wir in der Leserunde Leinsee, ihr Debütroman, gelesen haben und wir alle von dem Buch angetan waren.
Ihre Grundidee zu diesem Buch war eine Liebesgeschichte, die Figuren hatte sie schon fertig im Kopf. Die unangenehmen Figuren lässt die Autorin nach dem Roman in sich sterben, während die guten in ihr weiterleben. Leinsee sei nicht autobiografisch besetzt. Ihre Figuren seien nicht an realen Personen angelehnt.
Anfangs wusste Reinecke nicht, wie sie ihren Unterhalt neben dem Schreiben finanzieren sollte? Sie suchte sich einen leicht zu bewältigen Job, der zu keinen Frustrationserlebnissen führen würde. Vormittags sei sie Stadtführerin, nachmittags würde sie schreiben. Sie könne nicht den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen und nur schreiben.

Die Wahrheit über das Lügen: Zehn GeschichtenBenedict Wells wirkte wie sonst auch auf der Buchmesse sehr sympathisch. Er sprach ein wenig über sein neues Buch, Die Wahrheit über das Lügen, das diesmal aus Kurzgeschichten bestückt ist. Den Titel finde ich genial. Wells wirkte sehr zurückhaltend und bescheiden. Als er von seinem Verleger gelobt wurde, wie weit seine Bücher mittlerweile geografisch reichen, war er zwar gerührt, blieb aber trotzdem zurückhaltend, als sei es das Selbstverständlichste, Bücher in aller Welt zu vertreiben. Meine Sympathie zu Wells ist nach wie vor ungetrübt vorhanden. Ich bin auf seine Kurzgeschichten gespannt.



Sommerfrauen, Winterfrauen
Chris Kraus
Zu Chris Kraus habe ich ein paar Zeilen  weiter unten, im Bloggertreffen von Diogenes geschrieben. 

Nach dieser Autor*innen -Gesprächsrunde habe ich mich auf den Heimweg gemacht. Tina war auch mit ihren Kindern aufgebrochen. Es war ein langer Tag und wir haben viel gesehen und viel gehört, viel bewundert, auch wenn ich mir nicht alles gemerkt und aufgeschrieben habe. 
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Freitag, den 12.10.2018
 
Mein dritter Messetag. Auch heute bin ich mit einem Messeplan ausgestattet. Viele Veranstaltungen, an denen ich interessiert war, liefen parallel und wie an den anderen Tagen auch hatte ich Entscheidungsschwierigkeiten. Begonnen hatte ich heute im Yogi-Agora-Zelt mit einer Tasse Tee, da das für mich interessante Interview erst um elf Uhr begann.

11:00 Uhr bis 11:30 Uhr 
Blaues Sofa 
Adolf Muschg spricht über sein neues Buch Rückkehr nach Fukushima 
Eine Dystopie

Nach dem Interview erhielt Muschg eine Signierstunde, an der ich nicht teilnehmen konnte, da ich unbedingt Jonas Jonasson und Juli Zeh erleben wollte, sodass ich diese Veranstaltung mit Muschg nicht bis zum Schluss verfolgen konnte. Aber das Buch habe ich mir angeschafft, und bin neugierig darauf.
In diesem Buch geht es um die Schamkultur Japans. Viele Überlebende empfinden den Nichtüberlebenden gegenüber eine tiefe Scham. Die Japaner würden mit den eigenen Gefühlen strenger umgehen als mit der Obrigkeit.
Fukushima Tourismus: Es soll wieder mehr Touristen angelockt werden. Es gibt Touristen, die die Todeszone erkunden …
Ein Appell, zur kontaminierten Erde zurückzukehren? Diese Antwort werde ich sicher in Muschgs Buch finden.

11:30 Uhr bis 12:00 Uhr
Jonas Jonasson im ARD-Forum 
Spricht über seinen Fortsetzungsroman Der Hundertjährige, der zurückkam, um die Welt zu retten
Die Frage, weshalb der Autor einen Fortsetzungsroman geschrieben habe? Im ersten Roman würden die Probleme des 20. Jahrhunderts behandelt und korrigiert werden. Im zweiten werden die Probleme des 21. Jahrhunderts behandelt.
Für den Autor sei Schreiben wie eine Busreise und was die Figuren schaffen, findet zwischen den Bushaltestellen statt. Jonasson müsse stark auf die inneren Figuren achten und auf deren Stimmen hören.
Jonasson hat angekündet, dass es noch weitere Fortsetzungen geben werde.
Jonasson habe allerdings nicht vor, die deutsche Politik zu verändern. Nach diesem Interview würde ich Jonasson eine zweite Chance geben, da ich nun besser die Hintergründe kenne.

12:00 Uhr bis 12:30 Uhr 

Juli Zeh
Juli Zeh spricht über ihr neustes Buch Neujahr.
·       Die Autorin sei eine Essayistin und sie habe für ihren ersten Roman 18 Jahre benötigt.
·       Die Handlung im neuen Buch spiele sich auf den Ferienort Lanzarote ab.
·       Eine moderne deutsche Familie, deren Leben nicht mehr schicksalsgebunden sei.
·       Juli Zeh identifiziert sich mit einem Betonmischer.
·       Wie typisch seien die Geschlechterrollen? Die Autorin würde gleichberechtigt ihren Familienalltag ausleben. Der Alltag im Buch würde sich wie ein Albtraum entwickeln.
·       Die Schattenseiten seien noch nicht in unser Bewusstsein eingedrungen.
·       Keine Sinnstifter mehr vorhanden.
·       Die Männer haben es im Buch besonders schwer.
Auch dieses Buch habe ich mir angeschafft, weil ich der Meinung bin, dass die Geschlechterrollen noch immer klassisch verteilt sind und so möchte ich wissen, wie die Autorin diese Thematik mit ihren Figuren besetzt und behandelt.

13:00 Uhr längere Pause, Begegnung mit Bloggerfreundinnen Monerl, Petrissa, Marlene, Connie, Christina. Großer und vielfältiger Austausch über die Buchmesse, über Autor*innen, über Verlage und über das Bloggen ...
... und sind anschließend durch die Hallen geschlendert.


                                                  Viele schöne Globen durften wir bewundern.


  

Auf Potters Zimmer, s. u. sind wir gestoßen. Diese junge Frau könnte Hermine Granger sein. Sie war so nett und hat sich zur Verfügung gestellt.



15:00 Uhr Bloggertreffen – Diogenes
3.1 C im Apropo
                                                                        
Hier habe ich die Pressereferentin Susanne Bühler, re. auf dem Foto, kennengelernt, die auch uns Blogger*innen betreut. Zwei Autor*innen sind hier aufgetreten, die ich eigentlich schon an anderer Stelle gesehen und gehört habe. Das konnte ich vorher nicht wissen. Nun beide Autor*innen zweimal erlebt zu haben, war eine wiederholte Bereicherung.

Katrin Engelberg   
·       Kommt aus einer akademischen Familie und ist dadurch mit vielen Büchern aufgewachsen.
·       Später wollte sie aber keine Akademikerin werden und wollte nur Sachen machen, die ihr Spaß machten. Sie musste viel ausprobieren.
·       Erst als sie mit dem Schreiben begonnen hatte, bekam sie das Gefühl, endlich eine Jacke zu tragen, die ihr passte (was für ein schönes Bild).
·       Sie überlegte sich, wie sie mit dem Schreiben ihren Lebensunterhalt bestreiten könne? Sie beschäftigte sich mit dem Tanzen, der Choreografie.
·       In ihrem Kopf lebten Schauspieler. Sie könne die Figuren nicht kontrollieren, denn sie hätten selbst jede Menge zu sagen.
·       Die Autorin kommt aus Kopenhagen, wo sie geboren wurde und aufgewachsen ist. In Dänemark seien die Sommertage ewig lang, im Winter sehr kurz, 9:00 Uhr hell und um 14:00 Uhr wieder dunkel. Das Klima prägt die dort lebenden Menschen, melancholische Stimmung.
·       Die Figur in ihrem neuen Buch Krokodilwächter namens Anette Werner wird als harter Typ beschrieben, während die männliche Figur Sven Werner eher eine sanfte, weiche Figur sei. (Kommt mir langsam wie ein Klischee vor. Kürzlich das Buch eines anderen Nordländers, eines Finnen, gelesen. Auch in diesem Buch ist der Mann als verweichlicht und die Frau als hart aufgetreten. Ich glaube nicht, dass dort alle Männer gleich sind, und Frauen noch viel weniger. Das kann mir keiner erzählen. Wie langweilig wären die Menschen nur …)
·       Die Autorin hegt mit ihrem Buch den Anspruch, nicht nur zu unterhalten und Spannung erzeugen. Wichtiger sei ihr, mit Herzblut zu schreiben, dabei authentisch zu bleiben und sie hoffe, dass die  Leser*innen es spüren würden.
·       Die Autorin gibt uns allen den Tipp, in uns zu horchen, da jeder Mensch kreativ sei und man solle das festhalten, was einen innerlich treiben würde. Lernen, auf die innere Stimme zu hören.
·       Eine Bloggerin, die das Buch schon gelesen hatte, fragte nach der Szene mit dem Kronleuchter. Diese Szene sei an einem realen Ereignis angelehnt, und sie den Eindruck bekam, dass hier unbedingt jemand getötet werden müsse.

Dieses Buch wollte ich auch unbedingt lesen. Die Autorin war mir sehr sympathisch.

Danach haben wir Bücher verschiedener Autor*innen vorgestellt bekommen, die nächstes Jahr neue Werke herausbringen werden. Das waren sehr viele, dass ich mir nicht alles notieren konnte.

Ian McEwans neuer Roman über die künstliche Intelligenz, der Fragen aufwirft, ob Maschinen denken und Gefühle entwickeln können?

Raffaella Romagnolo / Bella Ciao
Interessant für mein Leseprojekt Italien. Ich habe die Autorin leider nicht im Diogenes Verlag finden können, auch online nicht. Wahrscheinlich findet man sie erst nächstes Jahr bei Diogenes, wenn das Buch draußen ist.

Jörg Fauser
Habe vor, mich auch mit ihm zu befassen. Ist uns nahegelegt worden.

Ingrid Noll
Die Grande Dame der Krimiliteratur. Neues Buch Halali 2017 herausgebracht. Kommt mit ihrem neuen Buch zur Leipziger Buchmesse 2019.

Filmautor/Filmregisseur Chris Kraus     
·       Schreibt stark autobiografisch.
·       Kommt aus einer Täterfamilie, da der Großvater als Sturmbannführer bei der SS war. Liest aus seinem  Buch Sommerfrauen Winterfrauen

Durch dieses Bloggertreffen habe ich auch Connie Ruoff kennengelernt. Auch eine sehr nette Buchbloggerin, deren Blog ich noch mit meinem verlinken möchte.

Dies war der dritte Tag auf der Buchmesse. Hat mir richtig Spaß gemacht. Es war schön, an den Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Es war aber auch schön, sich mit den Bloggerfreundinnen auf dem Messegelände mit vielen tollen Gesprächen aufgehalten zu haben.



Buchmesse für alle? Kann sich der Eintritt wirklich jeder leisten? Wie barrierefrei ist die Buchmesse tatsächlich auch für ärmere Menschen?
Auf dem Nachhauseweg von der Messe bis zum Frankfurter Hauptbahnhof bin ich von einer fremden Frau angehalten worden, die mich fragte, ob sie mein Messeticket haben könne? Es war 17:45 Uhr. Es hat mich etwas stutzig und traurig gestimmt, dass nicht jeder die Buchmesse besuchen kann, weil sich das nicht jeder leisten kann. Ich musste sie höflich abweisen, da mein Ticket durch die Akkreditierung personalisiert und nicht übertragbar war. 

Zu Hause angekommen, war ich wie berauscht. Auf meinem Lesesessel ließ ich gedanklich nochmals den gesamten Messebesuch über mich ergehen. Was für schöne Gedanken und Gefühle sich mir innerlich noch aufgetan haben.

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Vierter Messetag; Sonntag, 14.10.2018



Mein vierter Messetag, Sonntag, den 14.10.2018
Dies war von meinen vier Messetagen mein anstrengendster Tag. Was mir besonders aufgefallen ist, fehlten heute am Darmstädter Hauptbahnhof die vielen jungen Leute, die sich für die Buchmesse kostümiert haben …

Wie sonst auch, bin ich um 10:00 Uhr dort gewesen. Ich wollte heute keine Vorträge hören, sondern mich auf Entdeckungsreisen begeben. Ich hatte mir für den heutigen Tag auch keinen Messeplan erstellt. Und so besuchte ich gleich zu Beginn eine Halle, die ich bisher noch nie betreten hatte. In dieser Halle waren fast keine Bücher ausgestellt, sondern viele Artikel aus dem asiatischen Raum. Das Genre bewegte sich in dem Bereich der Fantasy. Viele Kostümierungen, viele Fantasiefiguren, viele Internetspiele, so gar nichts für mich, weshalb ich die Halle nach einer kurzen und überschaubaren Runde wieder verlassen habe.


Aber danach habe ich junge Leute in ihrer Verkleidung getroffen. Ich fragte, ob ich sie knipsen dürfte und ob ich das Foto auf meinen Blog setzen könne? Kein Problem, sie freuten sich auch, dass sie positiv aufgefallen sind. Auch auf dem Messeplatz gab es nicht mehr so viele narrative Figuren, die angeblich aus den Buchseiten herausgefallen sind. 😆


Ich habe mich erneut ins ARD-Forum begeben. Nur mal oberflächlich das Programm angeschaut, ob nicht doch eine Lesung oder ein Interview zu einem interessanten Thema/Autor*in angesagt ist. Anschließend ging ich erneut in das Agora-Yogi-Zelt, da ich mir ein Tee-Paket kaufen wollte. Da diese ausverkauft waren, bekam ich dieses Paket nicht mehr in der Geschenkbox, sondern in eine Korbtasche gelegt. Zwei Packungen Yogi-Tee meiner Wahl und eine sehr schöne Teetasse.



Danach bin ich wieder in die Halle 3.0. Von dem Messeplatz ziemlich gut zu erreichen. Ich ging zu dem Diogenes Stand, und kaufte mir jede Menge Bücher von Autor*innen, die auf der Buchmesse vertreten waren und denen ich lauschen durfte. Noch immer bin ich von diesem Verlag sehr angetan. Es fehlen aber noch Bücher, die ich mir anschaffen werde.

Mit schweren Büchern in meinem Rucksack zog ich weiter und blieb an dem Comic-Stand stehen. Donald-Duck & Co feiert bei mir im Wohnzimmer ein Comeback und bin so stolz, diese Comics wieder aufleben lassen zu können. Jedes Jahr auf der Buchmesse kaufe ich mir mindestens einen dicken Comic.

Mehrmals besuchte ich auch die vielen Stände vom Bloggerportal und habe mich auch hier berieseln lassen und mir viele Bücher notiert habe und eines sogar eingekauft.

Hier meine literarische Ausbeute ...



  
Ein paar Kinderbücher habe ich antiquarisch erworben. Es gibt Bücher, über die ich mich besonders gefreut habe. Das Buch, Die Sprache der Tiere, von Karsten Brensing, ein Naturwissenschaftler, sorgt für neues Futter meines Leseprojekts Den Tieren eine Stimme geben. Man findet immer mehr Autoren, die sich mit dieser Thematik befassen. Früher meinte man immer, dass diese Themen esoterisch besetzt seien. Dies mag bei dem einen oder anderen Buch auch so sein, aber nicht bei allen. Karsten Brensing, Peter Wohlleben, David Precht sind alles Autoren, die keine Esoteriker sind. Ich verfüge selbst über viele Erfahrungen mit Tierkommunikation, die ich in diesen und in anderen Büchern bestätigt bekommen habe. Man wird ja schnell für naiv gehalten bei Menschen, für die es diese Welt nicht gibt, und sie stets anzweifeln. Dadurch, dass Tiere sehr wohl fühlende und denkende Wesen seien, fordert Karsten Brensing die Rechte der Tiere ein.

Das Reportmagazin GEO hat einen Artikel dazu geschrieben, den ich hier verlinken möchte. Hier heißt es: Wir müssen Tiere vermenschlichen.


Danach bin ich durch die Halle 3.1 gegangen. Puh, so langsam ging mir echt die Puste aus und fing an, genervt zu sein, weil es einfach zu voll war.


Wo kommen alle diese Besucher*innen her? Heißt das nicht, dass hierzulande nicht genügend Menschen lesen würden? Das sah aber gar nicht danach aus. Eine Menschenansammlung, die die hohen Eintrittsgelder und die viele Zeit in Kauf nimmt? Keine Nichtleser*in würde sich in dieses Gedränge mischen. 

Und wieder ging ich zurück an den Diogenes-Stand in Halle 3.0, da mir eingefallen ist, dass ich ein Buch erwerben wollte, das von einer italienischen Autorin geschrieben wurde. Ich wusste den Namen nicht mehr, und hatte auch meine Notizen nicht dabei. An dem Stand fand ich nun von den ausgestellten Büchern keine italienische Autorin. Gerade habe ich mein Notizheft vor mir liegen. Die Autorin heißt Raffaella Romagnolo. Von Beruf ist sie Lehrerin und Schriftstellerin ... Ich habe mal etwas im Netz über die Autorin recherchiert. Sie kommt aus Piemont. Im Nachhinein hatte ich vergessen, dass Romagnolo erst 2019 ihr Buch in Deutschland / Schweiz verlegen wird. Aber von dem Autor Jörg Fauser gibt es schon Bücher, nur am Stand konnte ich noch keinen Fauser finden. Als ich den Stand wieder verlassen hatte, hörte ich meinen Namen rufen und dachte, dass eine Bloggerin mich gesehen hatte und so schaute ich, wo der Ruf herkam. Eine junge Frau neben mir reagierte darauf, und so wunderte ich mich; niemand, die ich kannte. Kann ich mich so verhört haben? Ich versuchte, unauffällig einen Blick auf die Messekarte zu werfen, die um dem Hals der jungen Frau lag. Die andere junge Frau, die meinen Namen gerufen hatte, bemerkte meinen Blick und fragte mich, warum ich so schauen würde? Das war mir unangenehm, fühlte mich ertappt, und so wusste ich nicht, wie ich mich aus dieser peinlichen Affäre rausbringen konnte. Und so entschied ich mich für die Wahrheit. Dass ich meinen Namen rufen hörte. Die beiden jungen Frauen wurden dann ganz freundlich und lachten, denn tatsächlich ist die eine junge Dame eine Namensvetterin von mir. Wir haben beide unsere Karten verglichen, nur dass sie mit einem geschrieben wird. So wie ich ist auch sie gebürtige Deutsche, aber ihre Eltern kommen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Dort wird der Name nur mit einem L geschrieben, da es in dem Land unüblich sei, Doppelkonsonanten zu verwenden. 

Mirela ist auch Rezensentin, allerdings ist sie von Kassettenbox.de, und führt ein sogenanntes HörspielblogSie hat sich meine Blogadresse aufgeschrieben. Auch weil sie lesen möchte, was ich über sie schreiben werde. Ein Hörspielblog finde ich auch nicht uninteressant. Werde mich mit der Seite mal befassen, aber nicht, weil ich scharf auf Rezensionsexemplare bin, sondern aus purer Neugier und Interesse in eigener Sache. Und mal schauen, ob ich Mirela wieder finden kann, da ich es versäumt hatte, mir ihre Blogadresse geben zu lassen.
Danach bin ich zu verschiedenen Ständen gegangen, die mich angesprochen haben. Meist waren es Bilder, Poster oder Sprüche, die mich zurückgerufen hatten. Da wir meist alle über das Wetter schimpfen, erst recht, wenn es regnet, habe ich dazu ein schönes Cover eines Kinderbuches finden können. 

Danach bin ich vor einem anderen, schönen Spruch stehen geblieben.

Bücher sind fliegende Teppiche ins Reich der Fantasie. 




Erich Kästner hat mich auch gelockt und angehalten an dem Atrium Verlagsstand. So viele Bücher, die ich von Kästner noch gar nicht gelesen habe. Viele Kinderbücher, die ich vergessen hatte, aber auch viele Bücher für Erwachsene. Wo soll man nur anfangen zu lesen? Man möchte jedem guten Autor gerecht werden, und kann es nicht, weil es so viele sind. Derzeit lese ich eine Autobiografie von ihm. In einer Leserunde bei mir auf der Dienststelle.

Die Welt kann gar nicht so schlecht sein, sie hat uns schließlich Erich Kästner geschenkt. 


Auch wenn ich keine Leserin von Dora Heldt bin, musste ich an ihrem Stand, an dem sie ihre Bücher signiert hat, stehen bleiben. Ich wollte nur erleben, wie sie real auf mich wirkt. 


Der rechten Szene bin ich hier nicht begegnet, dafür aber Menschen, die sich für die Brüderlichkeit aller Menschen einsetzten. Junge Leute in blauen Kostümen, die für Europa die europäische Nationalhymne von dem deutschen Komponisten Beethoven Alle Menschen werden Brüder sangen. Das fand ich sehr schön. Verschiedene Verlage haben sich gegen rechts gestellt und Buttons vergeben. Auch der Kinderbuchverlag wie Oetinger war vertreten.





An einer Wand waren Plakate angebracht, auch gegen rechts, eine Erinnerungskultur. Verschiedene nationalsozialistische Porträts.  Die sog. deutsche Banane fand ich witzig und trifft voll den Kern.










Den roten Button hat eine Buchbloggerin namens Marlene entworfen und hergestellt und sie auf der Buchmesse verteilt. 

Nicht nur eine politische Wand gab es zu sehen, sondern auch eine kreative Malwand, auf der verschiedene Buntstifte getestet werden konnten. 



Danach wollte ich nochmals das Gastland besuchen. Beim ersten Durchgang vor ein paar Tagen konnte ich den Besuch nicht vertiefen, weil ich wenig fand, was mich angesprochen hat. Doch auch beim zweiten Durchlauf fand ich wenig Ansprechendes und habe dieses Mal gar nichts abfotografiert. Aber ich genoss das georgische Nationalessen Auberginenauflauf. Und ich habe mich reichlich mit georgischer Literatur eingedeckt, da ich nicht wirklich viel aus diesem Land kenne.



Danach, um 15:15 Uhr, hatte ich genug. Ich konnte nicht mehr. Diese Menschenansammlung wurde mir zu viel, ich musste heim. Und somit konnte ich den vierten und den letzten Messetag gut abschließen. Ich bin jetzt dabei, das alles in mir noch sacken zu lassen. Insgesamt waren es alles sehr schöne Messetage.

Alle Autor*innen, die ich gesehen und gehört habe, waren mir sympathisch, ebenso auch die Moderator*innen. Monerl erzählte mir und Petrissa über ein enttäuschendendes persönliches Erlebnis mit Rafik Schami auf der Buchmesse. Ihr Erlebnis bestätigt meine Erfahrung, die ich mit Rafik Schamis Buch Sofia machen musste. Sehr überheblich und sehr abfällig manchen Ländern gegenüber. Neee, um Schami werde ich zukünftig sowohl literarisch als auch an anderen Orten einen großen Bogen machen, sollte er mir Mal begegnen. 

Auf Wiedersehen Georgien, bis zum nächsten Jahr vom 16.10.19 bis 20.10.19. Ich freue mich immer wieder aufs Neue, wenn ein Jahr zügig verstreichen wird. 

Gastland 2019:  Norwegen 

Auf Wiedersehen Georgien.
მშვიდობით

mshvidobit


Nachtrag

Nach dem nun ein paar Tage seit der Buchmesse verstrichen sind, und ich am Nachbereiten bin, zehre ich noch immer an den Impressionen. Und ich würde doch jeder Zeit wieder sonntags die Buchmesse besuchen 😍. 
Nein, die Lust kann mir so schnell doch keiner nehmen. Ich würde dann eher den Samstag ausfallen lassen. 

20.10.2018
Auf der Buchmesse habe ich mich nicht nur von den Büchern berieseln lassen, sondern auch von den Globen der Marke Colubus, s. o. Ich musste mir einen Columbus-Globus bei der Buchhandlung bestellen lassen. Einen Tag später war er schon da. Bei Amazon wäre es nicht so schnell gegangen. Hier mein neues Möbelstück, das mich mit dem Finger darauf auf Reisen schickt.:





Dienstag, 9. Oktober 2018

Tommi Kinnunen / Wege, die sich kreuzen (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Es war schön, endlich mal wieder einen Finnen zu lesen. Man liest in der Presse nur Positives und ich mich häufig frage, ob die nordischen Länder keine Probleme zu wälzen haben? Natürlich haben sie welche, nur weil die hiesigen Medien Länder in gut und böse einteilen, und ich auch von Kind an mit solchen Bildern groß geworden bin, glaube ich mittlerweile nicht mehr an diese Schwarz-weiß-Facette, da die südlichen Länder eher eine Abwertung erfahren und sie als die sogenannten bösen Länder abgestempelt werden. Gutes wird hier verschwiegen, das Schlechte hochgekocht, während das Böse aus den nordischen Ländern wiederum verschwiegen wird und das Gute hochgelobt. In diesem Buch reist man nach Finnland, in die Wohnzimmer einer Familie, die aus mehreren Generationen besteht. Hier wird man mit Problemen konfrontiert, und ich mir sage, dass auch den Finnen viele Probleme nicht erspart bleiben. Es ist menschlich, Konflikte gesellschaftlicher, politscher, kriminalistischer und familiärer Art zu wälzen. Nur nimmt man aus der Tagespresse davon nichts wahr, weil sie darüber nichts schreibt. Damit ich mit meiner Beobachtung nicht alleine dastehe, zitiere ich aus einem Buch eines Isländers namens Jon Kalman Stefánsson:

Gedanken über Berge und den Staatlichen Schulbuchverlag
Hier sitze ich mit einem zwanzig Jahre alten Schulatlas und darin sind Staaten verzeichnet (...) und irgendwo ragt der Eiserne Vorhang eiskalt in den Himmel und teilt die Welt in eine gute und in eine böse Hälfte. (...) Man reist mit einer Landkarte von gestern durchs Leben. (2006, 35) Aus: Verschiedenes über Riesenkiefern und die Zeit.
Hier geht es zum Klappentext und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Eine Familienchronik, die aus vier Generationen besteht. 1. Maria, 2. Lahja, 3. Anna, Helena und Johannes. 4. Kinder von Johannes und Kaarina.

Man bekommt es hier mit vier Protagonist*innen zu tun, die familiär zusammengehören bzw. zusammenfinden. Der Erzähler dieses Buchbandes beginnt mit der jungen Maria, die eine Ausbildung zur Hebamme gemacht hat. Man wird in die Zeit von 1895 versetzt. Maria ist nicht irgendeine Frau. Auf mich wirkt sie emanzipiert, kann sich gleich zu Beginn ihrer beruflichen Karriere alleine durchschlagen. Um Zeit für ihre Klientel zu gewinnen, kauft sie sich ein Fahrrad, damit sie schneller an ihr Zielort gelangen kann. Obwohl sie noch kein Fahrrad fahren kann. Sie bringt es sich selber bei. Eigentlich wollte sie ein Männerrad, so richtig eins mit einer Stange in der Mitte. Aber der Verkäufer bestellte ihr ein Damenrad, was sie anfangs ärgerlich stimmte, sie aber schließlich nachgibt und sich mit dem Damenrad anfreunden musste, nachdem der Verkäufer ihr die Vorteile eines Damenrads aufzählte. Maria ist stolz, dass sie es zu was gebracht hat. Als eine angesehene und patente Hebamme könne sie sich eine Arbeit als Küchenmagd, als Wäscherin … nicht mehr vorstellen. 
Maria musste durch ihren neuen Beruf keine existenziellen Nöte mehr erleiden. Sie brachte es zu Geld, mit dem sie sich ein Haus bauen ließ, das mit der Zeit durch Erweiterungen immer größer wurde ... Später bekommt Maria eine Tochter namens Lahja. Sie ist alleinerziehend. Wer der Vater von Lahja ist, wird nicht direkt benannt, aber durch aufmerksames Lesen kommt man dahinter … Dieser spielt nur im Hintergrund eine kurze Rolle …

Die Jahre vergehen zügig, Lahja ist mittlerweile ein junges Mädchen und befindet sich in den Anfängen einer Schwangerschaft. Der Mutter, der durch ihren professionellen Blick nicht entgeht, dass die Tochter schwanger ist, stellt Lahja liebevoll vor vollendeten Tatsachen ... Lahja bekommt ein Mädchen, das den Namen Anna erhält.

Die zweite Protagonistin ist Lahja
Auch Lahja hat wie ihre Mutter Maria ein uneheliches Kind auf die Welt gebracht. Es gibt keinen Mann, der sie beide ernährt. Aber Lahja wollte sich nicht von der Mutter aushalten lassen. Sie betreibt ein Fotoatelier und lernt einen anderen Partner kennen. Onni, ein sehr liebenswürdiger Mann, der Kinder liebt und Gewalt verabscheut. Ein Mann mit einem sehr weichen Charakter, was Lahja stört, denn sie sehnt sich nach einem richtigen Mann, der, wenn es darauf ankommt, mit der Faust auf den Tisch hauen kann. Onni lernt die kleine Anna zu lieben, als sei sie seine eigene Tochter. Später folgten noch zwei andere Kinder. Die von Geburt an blinde Tochter Helena und einen Sohn namens Johannes. Doch auch Lahja wird älter, die Kinder werden erwachsen und verlassen allesamt das Elternhaus. Der Sohn Johannes heiratet die junge Kaarina und bekommt mit ihr Kinder.

Kaarina wäre nun die dritte Protagonistin
Sie darf ihre Schwiegermutter nicht duzen. Kaarina muss lernen, ihre an Charakter unbequeme Schwiegermutter zu ertragen, da sie über vierzig Jahre zusammen in einem Haus leben. Lahja behält hier bis ins hohe Alter die Oberhand. Doch auch für Lahja ziehen die Jahre ins Land und so wird aus einer mächtigen Frau eine kleine gebrechliche Dame, die pflegebedürftig und dadurch von Kaarina abhängig wird.

Der vierte Protagonist ist Kaarinas Mann Onni
Onni ist psychisch instabil, da er an einer versteckten Depression leidet und ihn heimlich die Angst quält, psychiatrisch zwangseingewiesen zu werden. Onni ist eine sehr sensible Persönlichkeit, der die Probleme in der Familie, in die er hineingeheiratet hat, sehr deutlich wahrnimmt, über die nicht gesprochen wird. Er wundert sich.
Doch wenn Lasten nicht geteilt und Nöte nicht einmal erwähnt werden, können dafür auch keine Lösungen gefunden werden. Onni wundert sich, wie die anderen so ruhig lächelnd vor sich hin leben können. Er sitzt nachts auf seinem Bett und erlaubt seinen Händen zu zittern, da niemand es sieht. (2018; 274)

Richtig glücklich mit Lahja ist Onni nicht, aber Lahja mit Onni auch nicht. Onni schreibt Briefe an eine andere Person, da er eine Verbindung sucht zu einem Menschen, der ähnlich gestrickt ist wie er selbst. Er möchte ihm von seinen Wünschen und Sehnsüchten erzählen, die man sich zu der damaligen Zeit nicht wünschen durfte ...

Um nicht zu viel vorwegzunehmen, gehe ich hier nicht auf die Art der Wünsche ein und auch nicht auf die Person, mit dem Onni Briefkontakt hält …

Eine Szene, die mich negativ berührt hat
Mich hat eine Szene sehr schockiert. Als der Zweite Weltkrieg ausgebrochen ist, mussten die Finnen das Dorf verlassen. Sie wurden 1944 zwangsevakuiert. Maria lockte ihre Katze zu sich. Als sich die Katze ihr genähert hat, setzte Maria sie auf ihren Schoß, packte sie schließlich an den hinteren beiden Beinchen und schlägt den Katzenkörper heftigst gegen die Hausmauer ... Ich war so tief betroffen, dass ich dieses Bild nicht mehr aus meinem Kopf herausbekomme. Diese Szene hat mich sehr erschüttert, sodass ich mich fragen musste, warum der Autor eine so grauenvolle Szene hat erfinden müssen? Gibt es nicht schon genug Gewalt auf dieser Erde? Oder hat er diese Szene nicht erfunden? Vielleicht selbst erlebt? Ich weiß es nicht, und werde es auch nie herausbekommen. Man kann denken, dass Maria die Katze vor den Hungersnöten hat befreien wollen, denn wer sollte sich um die Katze kümmern, wenn die Menschen aus ihrem Dorf vertrieben wurden? Es ist nicht gesagt, dass die Katze verhungert wäre … Tja, wie Onni schon bemerkt hat, es wurde nicht darüber gesprochen … Eigentlich war mir Maria anfangs sympathisch, aber diese Szene mit dem eiskalten Mord und Totschlag ihrer Katze hat sie meine gesamte Sympathie eingebüßt, die ich für sie anfangs empfunden hatte. Menschen, die Tiere so grausam totschlagen können, sind in der Lage, auch Menschen zu töten, wenn es legal wäre. Seit dieser Episode habe ich mich innerlich von Maria stark distanziert.

Eine Szene, die mich positiv berührt hat
Lahja hat sich immer wieder gewundert, dass ihr Mann Onni ihre Tochter Anna ohne Probleme als das eigene Kind angenommen hat.
Manchmal fragte noch jemand, wer der Vater des Kindes sei, aber das interessierte Onni nicht. Er hatte nie danach gefragt. Am Tag ihrer ersten Begegnung hatte er ihr einen Antrag gemacht. Und lachend gesagt, er habe nur eine Frau gesucht und zwei gefunden. Dass er eine fertige Familie bekommen habe. Und als Helena geboren war, nannte Onni sie niemals seine Erstgeborene, sondern erzählte allen, dass er jetzt drei schöne Mädchen habe und mit der ältesten verheiratet sei, (110).

Das Schreibkonzept
Dieses Schreibkonzept ist Geschmackssache. Wie ich oben schon beschrieben habe, werden die vier Protagonisten im Wechsel vorgestellt, die in mehreren Kapiteln gegliedert sind. Man erfährt von jeder Figur verschiedene Geschichten, verschiedene Lebensweisen, und jede Figur zeigt eine besondere Art, ihr Glück zu finden. Das Auffällige: Wenn ein Problem am Ende eines Kapitels auftaucht, dann folgt keine Klärung dazu. Dann wechselt quasi die Perspektive mit jedem neuen Kapitel. Und es gibt jede Menge große Zeitsprünge, die mir persönlich zu gewaltig waren ... Auf der ersten Seite ist ein Zweizeiler abgedruckt, der darauf hinweist, dass man es in diesem Roman mit vielen Geschichten zu tun bekommen wird. Auf den folgenden Seiten ist ein Dreizeiler zu finden, der auf die Problemtik der Figuren hinweist, nach dem Motto Zähne zusammenbeißen und durch und bloß keine Schwäche zeigen, und bloß keine Tränen fließen lassen. Und bevor es mit Maria losgeht, gibt es ein einleitendes Buchkapitel Gesundheitszentrum, das ich nach dem Ende des Buches ein zweites Mal lesen musste, da mir anfangs die darin vorkommenden Figuren noch fremd waren. Die letzten Seiten des Schlusskapitels knüpfen an die ersten Seiten des Vorkapitels an. Auf der Seite 329 und folgende ist ein Glossar abgedruckt. Hilft ein wenig, geschichtliche Daten Finnlands und länderspezifische Eigenarten einzuordnen.
Was mir an der Konzeption sehr gut gefallen hat, war das Inhaltsverzeichnis. Vor jedem Kapitel ist die Jahreszahl abgedruckt, sodass man immer wieder nachschlagen kann, wann sich wo etwas ereignet hat.

Cover und Buchtitel
Finde ich beides passend. Was mir ganz besonders ins Auge geschossen ist, ist, dass Maria auf dem Cover schwarze Haare trägt. Meistens werden die Figuren nordischer Länder mit hellen Haaren abgebildet, auch, wenn die/der Protagonist im Buch dunkel ist. Umgedreht verfahren viele Verlage mit den Figuren südlicher Länder, die auf den Covers dunkel abgebildet sind, obwohl sie in der Geschichte als blond beschrieben werden. 

Identifikationsfigur
Onni war meine Identifikationsfigur.

Meine Meinung
Schneller Wechsel der Kapitel, nach dem ein Problem geschildert wurde. Ich hätte gerne mehr über die politischen Auswirkungen erfahren, wie z. B. in den Zeiten des Zweiten Weltkriegs ... Die Menschen wurden zwangsevakuiert. Danach war das Kapitel beendet und es ging dann mit einem neuen Kapitel weiter, zeitversetzt, neun Jahre später, als der Krieg längst schon vorbei war. Man bekommt erst nachher weitere Details zu lesen. Als unsympathisch war mir Lahja. Mit ihr unter einem Dach zu leben hätte auch ich meine Probleme. Warum sie wurde, wie sie war, kam psychologisch nicht richtig rüber. Weil sie vielleicht ohne Vater aufgewachsen ist? … Außerdem habe ich mich immer wieder gefragt, was Glück ist? Alles eine Relation. Frauen, die zum Beispiel einen Mann wie Onnu hätten, würden sich mega reich fühlen ...  

Mein Fazit?
Mir haben alle Geschichten relativ gut gefallen. Aber ich konnte mit einer Ausnahme mit den Figuren nicht warm werden. Zwischen ihnen und mir entstand innerlich eine ziemlich große Kälte und Distanz.
Was mich noch gestört hat, waren diese großen Zeitsprünge. Ich hätte die fehlenden Details gerne zeitnah beieinandergehabt, der Wechsel von Kapitel zu Kapitel erwies sich mir als zu radikal. Vermisst habe ich auch historische Bezüge und Hintergründe … Gewünscht hätte ich mir auch mehr psychologischen Tiefgang der Figuren. Ansonsten erwies sich das Buch für mich als sehr lesenswert.

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
1 Punkte: Differenzierte Charaktere
1 Punkte: Authentizität der Geschichte, Schreibkonzept
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
10 von 12 Punkten

Vielen Dank an den DVA-Verlag für das zur Verfügung gestellte Leseexemplar.
_____________
Gelesene Bücher 2018: 43
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Samstag, 6. Oktober 2018

Tommi Kinnunen / Wege, die sich kreuzen

Klappentext
In einem Städtchen im Norden Finnlands, 1996. Lahja liegt auf dem Totenbett. Sie kann zurückblicken auf ein langes Leben, in dem sie ihre Leidenschaft zum Beruf machen konnte: das Fotografieren. Aber eines war ihr nicht vergönnt: körperliche Erfüllung. Ihr treu sorgender Ehemann Onni konnte ihr nicht geben, nach was sie sich sehnte – bis sie sich nach Jahren der unterdrückten Gefühle zu einer grausamen Tat hinreißen ließ. Erst nach ihrem Tod findet ihre Schwiegertochter Kaarina auf dem Dachboden einen Brief, der die entsetzliche Wahrheit ans Licht bringt. Er erzählt von einer Familientragödie, die schon fast hundert Jahre zuvor mit Lahjas Mutter Maria ihren Anfang genommen hat.
Über das ganze 20. Jahrhundert mit all seinen Erschütterungen spannt dieser epochal-opulente Familienroman. Kunstvoll verwebt Tommi Kinnunen darin die Schicksale von vier Menschen, deren Träume größer sind als die Möglichkeiten, die das Leben offeriert. Und trotz Enttäuschungen erkämpfen sie sich ihr Glück.

Autorenporträt
Tommi Kinnunen wurde 1973 im nordfinnischen Kuusamo geboren, wo auch sein Erstling "Wege, die sich kreuzen" spielt. Heute arbeitet er als Lehrer in Turku, im Südwesten des Landes. Das Buch war ein großer Leser- wie Kritikererfolg und führte die finnische Bestsellerliste wochenlang an. Der Roman war für den renommierten Finlandia-Preis und den Europäischen Literaturpreis nominiert und wurde vielfach ausgezeichnet. "Wege, die sich kreuzen" erscheint in über 20 Ländern.

Weitere Informationen zu dem Buch

·         Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
·         Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt; Auflage: 2 (19. März 2018)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3421047715


Meine ersten Leseeindrücke

Einhundert Seiten habe ich gelesen und das Buch gefällt mir recht gut. Allerdings die Zeitsprünge sind mir etwas zu groß. Aber im zweiten Strang erfährt man Dinge, die im ersten nicht erzählt wurden. Bin neugierig, wie es weitergeht.

Hier geht es zur Verlagsseite von DVA.



Dienstag, 2. Oktober 2018

Erich Hackl / Am Seil (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre   

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, trotz ernster Thematik. Man kommt leicht in das Geschehen rein. Ich hätte schon am vergangenen Samstag mit dem Buch durch sein können, da ich aber den ganzen Tag auswärts war, einen düsteren Ort aufgesucht habe, einen Ort, der gut zu diesem Buch gepasst hat. Ich war mit meiner Freundin im Konzentrationslager von Buchenwald bei Weimar. Hierzu gibt es auch einen Blogbeitrag ... Dass dies vom Umfang her ein recht dünn beseitetes Buch ist, werde ich meine Buchbesprechung kurzhalten. Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit.

Hier geht es zum Klappentext und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Die Geschichte, die hier erzählt wird, findet im Nationalsozialismus in Wien statt. Und der Held dieser Geschichte ist Reinhold Duschka. Ein Mann im fortgeschrittenen Alter, der alleine lebt und selbstständig eine Werkstatt hält, in der er sein Gürtlergewerbe, ein Künstlerhandwerk, nachgeht. Sein langjähriges Hobby ist Klettern und so ist Duschka Mitglied im Alpenverein. Während des Zweiten Weltkriegs versteckt Duschka zwei Menschen in seiner Werkstatt, als Hitler in Wien die Juden hat deportieren lassen. Duschka war mit Reginas Vater befreundet und fühlt sich dadurch für Regina und ihrer Tochter verantwortlich. Regina Steinig, die ursprünglich aus Lemberg stammt, ist während des Ersten Weltkriegs mit ihren Geschwistern und den Eltern nach Wien geflüchtet. Mittlerweile ist Regina eine erwachsene Frau, war mit einem Juristen verheiratet, von dem sie ein Kind namens Lucia 1923 auf die Welt gebracht hat. Die Ehe ging in die Brüche, sodass Regina ihr Kind alleine großziehen musste. Regina war von Beruf Doktor der Chemie und ist gezwungen, im Nationalsozialismus ihren Beruf aufzugeben. Auch Lucia musste mit der Schule abbrechen, und so wurde sie von der Mutter ein wenig unterrichtet. Untergetaucht sind beide in Duschkas Werkstatt. Regina wird krank. Einen Arzt rufen geht nicht, das Leben von Regina, Lucia und sogar von Duschka steht auf dem Spiel, vier Jahre lang ... Obwohl Duschka nicht viel Geld hat, wer hat das schon in den Wirren des Krieges, schafft er es trotzdem, seine Schützlinge auch mit Lebensmitteln zu versorgen. Mutter und Tochter machen sich in der Werkstatt nützlich, damit Duschka seine Kunstobjekte schneller verkaufen konnte. 

Das Schreibkonzept
Diese Heldengeschichte wird retrospektivisch von Lucia erzählt, die mittlerweile verheiratet ist und mit Familiennamen Heilmann heißt. Die Erzählung ist auf 117 Seiten verfasst. Die Episoden sind nicht in Kapiteln gepackt, sondern abgetrennt durch Absätze. Der Schreibstil ist dermaßen flüssig, dass man beim Lesen in einen Sog gerät, weil man so schnell nicht damit aufhören kann.
Auf der allerersten Seite ist eine Widmung von Lucia Heilmann an Reinhold Duschka abgedruckt.

Am Seil
Cover und Buchtitel
Cover und Buchtitel finde ich beides gelungen. Auf dem Cover sind die Alpen abgebildet und deutet damit an, wie gefährlich dieses Hobby für Duschka ist. In der Tat machten sich Regina und Lucia Sorgen, wenn er an den Wochenenden in die Alpen zum Bergsteigen ging, denn er könnte beim Bergsteigen abstürzen. Ohne es zu wissen, befand Duschka sich tatsächlich in den Bergen dreimal in Lebensgefahr, aber er hatte immer Glück. Es durfte nichts passieren, denn das Leben von Regina und Lucia war von Duschka abhängig. Den Buchtitel Am Seil fand ich auch passend, denn das Seil, das am Körper richtig angelegt ist, gibt dem Alpinisten Halt und hilft, ihn festzuhalten. Das Seil hat eine symbolische Bedeutung. Nicht richtig fixiert, gefährdet es das Leben des Trägers.

Identifikationsfigur
Keine, denn ich kann niemals wissen, wie ich im Nationalsozialismus gelebt hätte, auf welcher Seite ich mich selber geschlagen hätte. Aber Reinhold Duschka ist mir ein Vorbild, und gute Taten lassen sich zu jeder Zeit vollbringen.

Meine Meinung
Reinhold Duschka ist eine interessante Persönlichkeit gewesen. Er war ein sehr stiller und schweigsamer Genosse. Die wenigsten Menschen wussten, was er für eine Persönlichkeit war. Er sprach nie von sich, nie von seinem Leben, nie von seiner Kindheit. Und niemand fragte, weil sie Achtung vor ihm hatten. Schade, dass er so gar nichts von sich preisgab. Duschka heiratete spät, bekam auch Kinder und Enkelkinder. Und über sein Wagnis sprach er auch nach dem Krieg mit niemandem. Seine Angehörigen erfuhren es aus der Zeitung. Es war Lucia, die sich erinnert und so wurde 2013 am Werkstättenhof für ihn eine Gedenktafel angebracht. Nach seinem Tod, 1993, wurde ein Nachruf verfasst:
Es war für dich selbstverständlich und gar nicht erwähnenswert, daß Du in einer Zeit der Unmenschlichkeit Deinen Anspruch als Mensch gelebt hast. Und dafür möchte ich dir gerade jetzt, wo sich die Geschichte zu wiederholen droht, ganz besonders danken. (2018, 101)

Mein Fazit?
Eine sehr bewegende und mutige Geschichte. Es ist gut, zu wissen, dass es Menschen wie Reinhold Duschka gibt. Das sind für mich die Engel auf Erden. Und sie sind für mich Symbol- und Hoffnungsträger in Zeiten, wo mutige Helden benötigt werden. In Anbetracht der Tatsache, dass wir uns politisch in einer Zeit befinden, in der europaweit wegen der Flüchtlingsströme wieder rechts gewählt wird und man sich fragt, was der Mensch aus der Geschichte gelernt hat? Ich hoffe, nachdem ich nun auch das KZ im Buchenwald besichtigt habe, dass sich diese Zeiten niemals wiederholen werden. Ich brauche das nicht. Ich brauche keinen Krieg, ich brauche keinen Diktator, ich brauche keine rechten Wähler und ich brauche auch keinen Nationalstolz, stattdessen Solidarität mit allen Menschen der Erde, die für Frieden, Freiheit und Demokratie sind …

Ich werde mir den Autor merken und möchte mich noch für seine anderen Bücher öffnen.

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
12 von 12 Punkten
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Die Gebote des Rechts sind folgende;
ehrenhaft leben
niemanden verletzen
jedem das Seine gewähren
(Corpus-Juris Civilis. DXXXIV)

Gelesene Bücher 2018: 42
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
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Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86