Samstag, 22. Oktober 2016

Smith Henderson / Monatana (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das war schon ein sehr interessantes Buch. Ich hatte nur in einer Sache meine Bedenken. Ich fand, dass die Gewalt in der romanhaften Geschichte sehr potenziert dargestellt wurde. Alle Figuren waren auf ihre Weise recht aggressiv und gewaltträchtig, wenn sie nicht bekamen, was sie wollten. Viele Menschen waren von Kindheit an größtenteils gewalterfahren, und viele Szenen waren mir zu sehr auf Sensation ausgelegt. Ein sehr heftiges Buch, in dem man die Gewaltanwendungen aushalten muss, wenn man den Ausgang der Handlungen erfahren möchte.

Selbst die Profis wenden brutalste Gewalt an, siehe unten.

1. Mutter erschießt sich und ihre Kinder.
2. Sozialarbeiter schlägt ein Kind, weil es schwer zugänglich ist.
3. Ein Vater erzieht seinen Sohn, Menschen zu erschießen.
4. Kinder, die im Gefängnis sitzen, werden von Anwärtern verprügelt und misshandelt.
5. Cop schlägt Sozialarbeiter k.o., weil dieser ihn verbal attackiert hat.
6. Bewährungshelfer zündet Haus des Sozialarbeiters nieder, um sich zu rächen. 
7. Kind erschießt den Bewährungshelfer, um den Sozialarbeiter, der von dem Bewährungshelfer existentiell bedrängt wurde, zu retten.
Der Autor ist selbst Sozialarbeiter von Beruf, lebt in Montana. Montana ist ein Bundesstaat im Nordwesten Amerikas und er scheint tatsächlich auch eine Gegend in Amerika zu sein, in der die Menschen gehäuft in sozialen Brennpunkten zu finden sind. Ich möchte diese Welt nicht anzweifeln, aber ich fand das alles im Buch sehr, sehr aufgebauscht. Man wird mit vielen Dramen konfrontiert. Man hätte das Buch auch deutlich abkürzen können; weniger Problemfälle, weniger Dramatik, weniger Gewalt, ohne an Sinnhaftigkeit und Bedeutung einzubüßen. Das würde die Schreibkunst ausmachen. Mit weniger dasselbe bewirken.

Die Handlung spielt in den 1970er Jahren. Die Hauptfigur ist der Sozialarbeiter namens Pete Snow, der beim Jugendamt in der Familienhilfe tätig ist. Er holt Kinder, die aus schwachen, sozialen und stark problembehafteten Verhältnissen kommen, heraus, um sie in Pflegefamilien oder in anderen Einrichtungen unterzubringen.

Ich weiß, wie der Sozialdienst in Deutschland aufgebaut und aktiv ist, doch in Amerika scheint es ein wenig anders zuzugehen. Keine Fallbesprechungen, keine Supervisionen für Professionelle, kein Team, und mir scheint der amerikanische Sozialarbeiter ein Einzelkämpfer zu sein. Man muss dort breite Schultern haben.

Die vielen problembehafteten Familien, um die sich Pete kümmert, sind es nicht alleine. Man bekommt noch die eigene Geschichte von Pete zu lesen. Pete selbst wohnt in einem einfachen Holzhaus mitten im Wald …

Seine Familie unterscheidet sich nicht sonderlich von den Familien, die er tagtäglich betreut. Doch seine Familie, er hat eine Tochter, 14 Jahre alt, ist ebenso hilflos wie seine Klientel. Pete lebt von seiner Frau getrennt, und seine Tochter Rachel lebt bei der Mutter namens Beth. Eines Tages zieht Beth mit Rachel nach Texas, sodass Pete den Kontakt zu seiner Tochter verliert. Beth führt ein recht ominöses Leben, ist drogen- und alkoholabhängig. Auch bekommt sie abends von vielen fragwürdigen Männern Besuch, die der Tochter Rachel Angst machen. Rachel wendet sich telefonisch an ihren Vater und bittet ihn, sie bei sich aufzunehmen und dort wohnen zu lassen. Der Vater lehnt erstmal ab, macht ihr aber den Vorschlag, es in Texas nochmals auszuprobieren, und wenn der Versuch scheitern sollte, dürfe sie nach Montana zurückkehren und bei ihm leben.

Rachel hält es bei der Mutter und den betrunkenen Männern nicht mehr aus, haut ab und gerät auf Abwege, und landet in der Kinderprostitution … Das Vertrauen zu beiden Elternteilen ist zerstört …

Pete hat einen Bruder, der selbst in Haft ist, aber ausbüchst und der Bewährungshelfer Pete Druck macht, da er nicht verrät, wo sich sein Bruder aufhält. Aus Rache zündet er Petes Bleibe an und brennt das ganze Waldhaus nieder.

Des Weiteren ist da noch Jeremiah Pearl und seine Großfamilie. Doch in Szene gesetzt ist hauptsächlich Jeremiah mit seinem Sohn Benjamin, etwa zehn Jahre alt. Eine sehr strenggläubige Familie, die sektenhafte Züge aufweist, ohne in einer Sekte involviert zu sei.

Jeremiah und Benjamin, abgekürzt Ben, leben auch in den Wäldern versteckt, da sie von der Polizei gesucht werden. Jeremiah wird verdächtigt,  seine Frau und seine anderen Kinder ermordet zu haben …

Jeremiah ist ein merkwürdiger Vater, der Ben gegenüber ambivalente Gefühle entgegenbringt. Mal gewalttätig und mal liebevoll. Oft ertappte ich mich in Gedanken beim dem Wunsch, möge doch ein Schicksalsschlag einschlagen, der Ben von seinem Vater befreit. Ben hat nur einmal eine Schule von innen gesehen ... Pete schafft es, das Vertrauen des Kindes zu gewinnen. Außerdem ist Jeremiah stark paranoid und steht der Welt sehr destruktiv gegenüber …

Die Justiz in Amerika hat mir auch zu denken gegeben. Kinder, bei denen nur der Verdacht besteht, sie könnten der Gesellschaft gefährlich werden, kommen ins Gefängnis. Wenn sie in U-Haft sind, teilen sie sich die Zellen mit erwachsenen Häftlingen. Kinder, die noch nicht mal 16 Jahre alt sind, kommen auch ins Jugendgefängnis. Das fand ich sehr merkwürdig. Hat mich sehr betroffen gestimmt, wenn so junge Kinder hinter Gitter gehalten werden …

Mehr möchte ich nun nicht verraten.


Mein Fazit zu dem Buch?

Wenn ich die Sozialarbeit mit Deutschland vergleiche, dann sehe ich gewaltige Unterschiede. Ich habe ja oben schon ein paar Sätze dazu geschrieben. Und wenn hier jemand seine Klientel schlägt, dann ist das ein Entlassungsgrund und kann zur Anzeige gebracht werden ...

Wie Pete Snow seine Arbeit verrichtet, bleibt ganz allein ihm überlassen. Auch was seine Arbeitshaltung betrifft, als er sich während seiner Arbeitszeit auf den Weg macht, seine Tochter in Texas zu suchen. Private und berufliche Aktionen werden nicht getrennt, es ist eine Vermischung von beidem. Wie man damit gute Arbeit am Dienst des Menschen leisten kann, das wird am Beispiel Snow deutlich, wie schwer das ist.

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
1 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus

Neun von zehn Punkten.


Gelesene Bücher 2016: 57
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Weitere Informationen zu dem Buch:

Ich möchte mich recht herzlich beim Luchterhand-Bücherverlag für dieses zur Verfügung gestellte Leseexemplar bedanken.

€ 24,99 [D] inkl. MwSt.
€ 25,70 [A] | CHF 33,90* 

Verlag Luchterhand
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
603 Seiten
ISBN: 978-3-630-87440-1
Erschienen: 25.04.2016 





Montag, 17. Oktober 2016

Smith Henderson / Monatana

Klappentext
In den abgeschiedenen Tälern und nahezu undurchdringlichen Bergwäldern im Nordwesten von Montana ist der Sozialarbeiter Pete Snow unterwegs, um Kindern zu helfen. Da gibt es drogensüchtige Mütter, gewalttätige Väter, Waffen- und Bibelnarren, aber vor allem die ganz normale Armut. Als eines Tages Benjamin, ein halb wilder, vernachlässigter Junge, in seiner Stadt auftaucht, lernt er dessen Vater Jeremiah Pearl kennen, einen Anarchisten und Weltverschwörer, der im Wald lebt und sich gegen die Endzeit wappnet …

Autorenporträt
Smith Henderson, geboren und aufgewachsen in Montana, hat als Sozialarbeiter und Gefängniswärter sowie in einer Werbeagentur gearbeitet und lebt inzwischen als Schriftsteller in Los Angeles. Für seine Shortstorys erhielt er mehrere Preise, darunter 2011 den PEN Emerging Writers Award. Sein erster Roman „Montana“ löste in den Feuilletons amerikaweit Begeisterung aus, wurde in zahlreichen Zeitungen als eines der „Best Books of the Year“ empfohlen, wurde ausgezeichnet mit dem Montana Book Award 2014 und kam auf mehrere Shortlists, u.a. für den Ken Kesey Award for the Novel und den Fiction’s Flaherty-Dunnan First Novel Prize.Dies ist nun mein dritter Anlauf, ständig kam etwas dazwischen und nun habe ich Urlaub und habe mehr Ruhe, das Buch ohne große Alltagsunterbrechungen zu lesen.
Dies ist nun mein dritter Anlauf, ständig kam etwas dazwischen und nun habe ich Urlaub und habe mehr Ruhe, das Buch ohne große Alltagsunterbrechungen zu lesen.


Ein sehr interessantes Buch, wie ich finde. Hundert Seiten habe ich durch und es verlangt nach mehr. 

Auf dieses Buch bin ich durch meine Bloggerkollegin Ina Degenaar gestoßen. Mich hatte ihre Rezension dazu angesprochen. 


Weitere Informationen zu dem Buch

€ 24,99 [D] inkl. MwSt.
€ 25,70 [A] | CHF 33,90* 

Verlag Luchterhand
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
603 Seiten
ISBN: 978-3-630-87440-1
Erschienen: 25.04.2016 




Sonntag, 16. Oktober 2016

Harper Lee / Gehe hin, stelle einen Wächter (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch habe ich vor drei Tagen zu Ende gelesen, und nun komme ich endlich dazu, die Buchbesprechung darüber zu schreiben.

Mir hat das Buch recht gut gefallen, allerdings die Szenen auf den letzten 30 oder 40 Seite haben mich so gar nicht angesprochen.

Die Hauptthematik kommt eigentlich gut rüber. Die junge Protagonistin Jean Louise Finch, Spitzname Scout, versucht sich als Frau gegen gesellschaftliche Konventionen aufzulehnen. Sie entspricht partout nicht dem amerikanischen Frauenideal. Dadurch, dass die Mutter recht früh gestorben ist, fehlten ihr weibliche Vorbilder. Die damalige kleine Scout orientierte sich ganz nach ihrem älteren Bruder. Scout tat alles, was Jungen taten. Sie trug auch hauptsächlich Latzhosen.

Die Handlung spielt in der Mitte der 1950er Jahre ...

Richtig spannend fand ich auch, dass Jean Louise als Jugendliche sexuell nicht aufgeklärt war. Auf der Schule hatte sie ein Junge unaufgefordert geküsst und ihre Freundinnen, die auch nicht aufgeklärt waren, verbreiteten das Gerücht, man würde durch einen Kuss schwanger werden. Jean Louise gerät in Panik, eigentlich in ihre erste schwere Lebenskrise … Sie zählt ihre Schwangerschaftswochen, rechnet aus, wann das Kind geboren werden müsste …     
  
Die erwachsene Jean Louise lebt alleine in New York. Sie ist in der Lage, für sich zu sorgen, indem sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreitet. Unabhängig wie sie ist, wurde sie zu einem autonomen Leben von ihrem Vater erzogen.

Jean Louise fährt für einen längeren Urlaub in ihre Geburtsstadt Alabama, um den mittlerweile über siebzigjährigen Vater Atticus, der gesundheitlich nicht mehr auf der Höhe ist, zu besuchen.

Auch in diesem Buch findet man wieder die Auseinandersetzung mit den Rassenunruhen und den Rassenunterschieden. Jean Louises Vater ist Anwalt und hat sich in der Vergangenheit für die schwarze Population stark gemacht und plötzlich merkt Scout, dass ihr Vater politisch nicht mehr derselbe ist. Große Enttäuschungen machen sich in ihr breit … Ich möchte nicht zu viel verraten und halte mich hierzu bedeckt.

Als sie bei ihrem Vater diese Entdeckung macht, gerät sie in eine tiefe Identitätskrise. Sie hatte ihren Vater als Kind stark idealisiert, schaute immer stolz zu ihm auf, und fand in ihm ein großes Vorbild im Kampf um Menschenrechte für alle. Nicht nur sie bewunderte ihren Vater, der juristisch sehr gefragt war, auch der Bruder strebte nach dessen Vorbild. Doch leider lebt der Bruder Jem nicht mehr. Mit Anfang zwanzig schied er aus dem Leben. Während der Vater den Tod des Sohnes längst akzeptiert hat, trauert Jean Louise noch lange um den Bruder. Der Vater gibt ihr den Tipp, die Toten endlich zu begraben, und ich diese Haltung recht merkwürdig fand.

Man fragt sich selbst als Leserin, wie Jem diese politische Wesensveränderung des Vaters aufgefasst hätte? Wie wäre er selbst damit umgegangen?

Entidealisiert Jean Louise nun ihren Vater? Sie lebte nach der Maxime: Gleiche Rechte für alle, Sonderrechte für niemanden. Gelten nun diese Ideale für sie nicht mehr? Jean Louises Weltbild scheint vor ihren Augen zu zerbröseln, denn nicht nur im Vater sieht sie diese Veränderung, sondern auch in ihrem Freund, der von Atticus zu seinem Stammhalter auserkoren wurde, zieht in dieselbe politische Richtung. Auch mit ihm bricht sie die Beziehung. Jean Louise kann scheinbar ihre Ideale ohne die ihres Vaters schwer aufrechterhalten, dabei wird klar, dass der Ablösungsprozess zu ihrem mächtigen Vater trotz ihrer 26 Jahren nicht stattgefunden hat.

Atticus war kein schlechter Vater. Obwohl er beruflich viele Herausforderungen zu überwinden hatte, nahm er sich trotzdem viel Zeit für seine Kinder. Abends las er ihnen immer Geschichten vor, wobei Jean Louise schon im Kleinkindalter lesen lernte ... Es waren nicht immer Kindergeschichten, die Atticus vorlas. Aus Zeitmangel las er den Kindern auch aus der Zeitung vor, und schlug damit zwei Fliegen mit einer Klappe.
Er las seinen Kindern alles vor, was er selbst gerade las, und die Kinder wuchsen erfüllt von einer unorthodoxen Belesenheit heran. Früh sammelten sie Erfahrungen mit Militärgeschichte, Gesetzesentwürfen, den Abenteuern von Sherlock Holmes, dem Gesetzbuch von Alabama, der Bibel und mit Gedichten von Palgrave. (2015, 133)
Was ist passiert, dass der Vater politisch nicht mehr derselbe ist? Diese Frage lässt sich auf den letzten Seiten beantworten.
   
In dem Buch bekommt man noch recht viele interessante Szenen zu lesen. Allerdings die Streitgespräche auf den letzten Seiten haben mich nicht wirklich überzeugen können. Auch die Auseinandersetzung zwischen dem Onkel und Jean Louise fand ich merkwürdig. Als Jean Louise aus dem Streitgespräch mit ihrem Vater zu fliehen versucht, taucht dann plötzlich ihr Onkel, Bruder von Atticus, auf, und zwingt sie zur Besinnung, indem er sie mit einem Hieb ins Gesicht blutig boxt. Die Lippen schwellen an … Jean Louise ist dadurch wieder gesprächsbereit. Der Onkel liest ihr die Leviten und bringt seine Nichte dadurch zu mehr Verständnis dem Vater gegenüber. Daraufhin kommt es zu einem neuen versöhnlichen Kontakt zwischen Vater und Tochter …

Diese Szenen haben mich ja nun gar nicht überzeugen können. Der plötzliche Sinneswandel war mir nicht glaubwürdig genug, verlief mir zu schnell, zu abrupt, und schon allein diese Gewaltanwendung widerte mich an, war aus meiner Sicht zu dick aufgetragen.


Mein Fazit?

Auch wenn mir das Buch im Ganzen gefallen hat, ist es tatsächlich aus meiner Sicht nicht so gut gelungen wie Wer die Nachtigall stört. Natürlich können sich Menschen zu ihrem Nachteil verändern, aber in diesem Buch wirken viele Szenen/Dialoge auf mich nicht überzeugend genug. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken kann. Viele Szenen wirkten auf mich ein wenig entstellt, psychologisch zu künstlich dargestellt.
Die Autorin selber schien ja von diesem Buch auch nicht überzeugt gewesen zu sein, weshalb sie es nicht zur Veröffentlichung freigab. Oder doch?, siehe Feuilleton der Frankfurter Allgemeine, s. unten ... Ganz klar ist das leider auch nicht ...

Der Buchtitel, ein Zitat aus der Bibel, stimmt mich noch immer nachdenklich. Passt er oder passt er nicht zum Inhalt? Ja, er passt schon, ich muss aber für mich selbst noch die nähere Bedeutung herausfinden.

Aber ich finde, dass man das Buch sehr gut verfilmen könnte. Die Themen sind alle sehr menschlich und keineswegs abstrakt. Wer weiß, vielleicht erfährt dieses Buch ebenso eine Verfilmung? Ich selbst habe wieder Lust verspürt, Wer die Nachtigall stört ein weiteres Mal zu sehen.

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
1 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus

Neun von zehn Punkten.

Im Feuilleton der Frankfurter Allgemeine gibt es zu dem Buch folgende interessante und kritische Besprechung. Und hier geht es per Mausklick zu dem Artikel.


Weitere Informationen zu dem Buch

€ 19,99 [D] inkl. MwSt.
€ 20,60 [A] | CHF 26,90* 

DVA-Verlag 
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-421-04719-9
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Gelesene Bücher 2016: 56
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Montag, 10. Oktober 2016

Harper Lee / Gehe hin, stelle einen Wächter

Klappentext
Sensationeller Manuskriptfund - das literarische Ereignis im Sommer 2015Harper Lee hat bisher nur einen Roman veröffentlicht, doch dieser hat der US-amerikanischen Schriftstellerin Weltruhm eingebracht: „Wer die Nachtigall stört“, erschienen 1960 und ein Jahr später mit dem renommierten Pulitzer-Preis ausgezeichnet, ist mit 40 Millionen verkauften Exemplaren und Übersetzungen in mehr als 40 Sprachen eines der meistgelesenen Bücher weltweit. Mit „Gehe hin, stelle einen Wächter“ – zeitlich vor „Wer die Nachtigall stört“ entstanden – erscheint nun das Erstlingswerk. Das Manuskript wurde nie veröffentlicht und galt als verschollen – bis es eine Freundin der inzwischen 89-jährigen Autorin im September 2014 fand. 
In „Gehe hin, stelle einen Wächter“ treffen wir die geliebten Charaktere aus „Wer die Nachtigall stört“ wieder, 20 Jahre später: Eine inzwischen erwachsene Jean Louise Finch, „Scout“, kehrt zurück nach Maycomb und sieht sich in der kleinen Stadt in Alabama, die sie so geprägt hat, mit gesellschaftspolitischen Problemen konfrontiert, die nicht zuletzt auch ihr Verhältnis zu ihrem Vater Atticus infrage stellen.
Ein Roman über die turbulenten Ereignisse im Amerika der 1950er-Jahre, der zugleich ein faszinierend neues Licht auf den Klassiker wirft. Bewegend, humorvoll und überwältigend – ein Roman, der seinem Vorgänger in nichts nachsteht. 
(Quelle: Randomhouse)


Autorenporträt
Harper Lee wurde 1926 in Monroeville/Alabama geboren. Sie studierte ab 1945 Jura an der Universität von Alabama, ging aber vor dem Abschluss nach New York und arbeitete bei einer internationalen Luftverkehrsgesellschaft. Für das 1960 veröffentlichte Debüt und ihr bis 2015 einziges Buch "Wer die Nachtigall stört" erhielt sie mehrere Preise, u.a. den Pulitzer-Preis. Der Roman zählt zu den bedeutendsten US-amerikanischen Werken des 20. Jahrhunderts, wurde in 40 Sprachen übersetzt und hat sich international rund 40 Millionen Mal verkauft. "Gehe hin, stelle einen Wächter" wurde von Harper Lee vor ihrem Weltbestseller "Wer die Nachtigall stört" geschrieben und galt als verschollen. 2015, fast sechzig Jahre später, erschien er unter großer weltweiter Aufmerksamkeit und führte in Deutschland und der englischsprachigen Welt die Bestsellerlisten an. Harper Lee, 2007 mit der amerikanischen Freiheitsmedaille des Präsidenten ausgezeichnet, lebte zurückgezogen in ihrem Heimatort Monroeville/Alabama, wo sie im Februar 2016 verstarb.

Erste Leseeindrücke

Mir gefällt das Buch recht gut und habe mich auf den ersten Seiten gefragt, warum es in der Presse nicht so gut abgeschnitten hat? Nach knapp einhundert Seiten scheint sich meine Begeisterung zu dem Buch ein wenig abzuflachen. Wer die Nachtigall stört hat mir wegen der politischen Hintergründe, Rassenunruhe, deutlich besser gefallen, wobei hier die Thematik, Scouts Emanzipation gegenüber der amerikanischen Gesellschaft und ihrem Vater auch nicht uninteressant ist. Es ist allerdings nicht mit derselben Brisanz geschrieben wie Lees Vorgängerwerk, wobei dieses vorliegende Buch als ihr Debüt galt. Trotzdem ist es gut, erst ... die Nachtigall zu lesen und anschließend ... der Wächter, denn in der Nachtigall sind Scout und ihr Bruder noch Kinder. 
Ich habe noch zweihundert Seiten vor mir und bin selbst ganz gespannt darauf, welch abschließendes Urteil ich letztendlich treffen werde.

Weitere Informationen zu dem Buch

€ 19,99 [D] inkl. MwSt.
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DVA-Verlag 
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-421-04719-9
Erschienen: 17.07.2015 

Sonntag, 9. Oktober 2016

Ajahn Brahm / Öffne die Tür zu deinem Herzen (1)


Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Auch in diesem Buch haben mir nicht alle Kapitel gefallen, so bin ich erst auf den späteren Seiten zu Themen gestoßen, mit denen ich mehr anzufangen wusste. Die ersten Kapitel über die Einübung der Atemmeditation haben mich nicht wirklich angesprochen und auch nicht überzeugt. Der Autor verfügt über diese Technik, eingeübt über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Dazu wurde er noch von einem professionellen buddhistischen Lehrer instruiert. Nur mit einem Buch als Anleitung wird diese Atemmeditation aus meiner Sicht schwer zu erlernen sein, auch, wenn sie sehr einfach klingt.

In den späteren Kapiteln fand ich Themen, die wieder sehr alltagsnah waren.

Einige Techniken kannte ich aus meiner eigenen Berufspraxis, aus dem Bereich der Psychiatrie, aus der systemischen Therapieform. Einige Formen der Visualisierungen sind mir dadurch vertraut.

Ich habe wieder ein paar schöne Zitate angestrichen, die ich herausgeschrieben habe.

In der systemischen Therapieform spricht man von Achtsamkeit, doch der Autor geht hier weiter, er spricht von der liebenden Achtsamkeit. Er macht in seinen Geschichten deutlich, weshalb er von der liebenden Achtsamkeit spricht und nicht nur von der Achtsamkeit. Die liebende Achtsamkeit ist wesentlich sanfter, als nur die Achtsamkeit selbst.
Dazu gibt es im Buch verschiedene Visualisierungen; Meditationstechniken, die leichter umzusetzen sind, als die Atemmeditation, bei der man wesentlich mehr Geduld aufbringen müsste.

Gefallen hat mir, sich nicht an Störungen zu stören.
Zu den lästigen Geräuschkulissen antwortet der buddhistische Lehrer:
Es ist nicht der Krach, der euch stört. Vielmehr stört ihr euch an dem Krach. (2016, 104)
Ebenso mit körperlichen Beschwerden:
Es sind nicht die Schmerzen, die stören, sondern Sie stören sich an den Schmerzen. (ebd)
Auch das Kapitel Reue hat mir sehr gut gefallen. Leben wir doch in einer Leistungsgesellschaft, in der man nach Perfektion strebt, und Schwächen und Fehler partout nicht erlaubt sind, so kann man mit Hilfe der liebevollen Achtsamkeit lernen, sich auch mit Fehlern anzunehmen und zu lieben, ebenso mehr Toleranz auch anderen Menschen gegenüber einzuüben.
Jeder macht Fehler.

Denn nicht die Menschen sind weise, die nie einen Fehler machen. Weise ist viel mehr, wer sich vergibt und aus seinen Fehlern lernt. (108)
Interessant fand ich auch das Kapitel was zu vermeiden ist. Es ist der nörgelnde Geist. Es gibt Menschen, die dermaßen frustriert sind von ihrem Leben, dadurch, weil sie immer nur den Mangel sehen.
Meiner Erfahrung nach geht es bei jeder Übung in liebevoller Achtsamkeit zu etwa neunzig Prozent darum, den nörgelnden Geist verstehen zu lernen. Dazu gehört, dass man erkennt, wo er herkommt, wie man ihn verhindert und einen positiven Geist herausbildet - also die neunhundertachtundneunzig guten Backsteine in der Mauer sieht, die man errichtet hat und nicht die einzigen zwei mangelhaften. Statt an den Menschen herumzumäkeln, versuchen Sie lieber, sie - und auch sich selbst - zu verstehen; verzeihen Sie und praktizieren Sie liebevolle Güte,
 denn die ...
... Liebevolle Güte zu praktizieren heißt, sich selbst schlicht als eine Person zu betrachten, die auf dem Weg ist, als ein armes kleines Wesen, das schon viel gelitten hat und jetzt nicht mehr leiden möchte. Sobald sie Frieden mit Ihrem Leid geschlossenen haben, werden Sie feststellen, dass die zwanghafte Nörgelei nachzulassen beginnt. (147)
Dazu stellt der Autor verschiedene Visualisierungsübungen zur Verfügung.

Aber was versteht denn nun der Autor diesbezüglich unter Weisheit?
Beim Praktizieren liebevoller Achtsamkeit vergessen Sie bitte nie, was der Weisheit entspricht. Alles, was zu Wohlbefinden, Ruhe, Glücksgefühlen, Friedfertigkeit, Zärtlichkeit und Freiheit führt, ist eine Übung der Weisheit. Entsteht jedoch Negatives, sind Sie auf dem Holzweg und üben sich nicht in Weisheit. Forschen Sie also - finden Sie heraus, welcher Weg der falsche ist, und meiden sie ihn künftig; betrachten Sie ihn als Schlange, der es auszuweichen gilt. Sollten Sie sich im jetzigen Augenblick auf dem Holzweg befinden, seien Sie einfach geduldig und still; das bleibt nicht lange so. Statt zu versuchen, Ihren Geist mit Feindschaft, Nörgelei, Schuldgefühlen, Bestrafung und Angst zu disziplinieren, versuchen Sie es wieder mit etwas viel Stärkerem: mit der schönen Güte, Sanftheit und Versöhnlichkeit eines Friedensabkommens mit dem Leben - oder kurz gesagt: mit liebevoller Achtsamkeit. Je länger Sie leben und sich darin üben, desto reiner wird ihr Herz. (153f)

Mein Fazit?

Weil der Weltfrieden immer erst bei sich selbst beginnt ...

Diese oben genannten Theorien klingen alle sehr einfach, aber das Arbeiten an sich selbst ist ein lebenslanger Akt. Je früher man damit beginnt, desto weiser wird der Mensch. Aber es ist nie zu spät. Man kann sofort mit einer anderen, gesünderen Geisteshaltung beginnen, unabhängig davon, wie alt man ist. Die Übungen in dem Buch helfen, zu einem zufriedeneren Leben zu gelangen. Es gibt viele ältere Menschen, die zwar viele Jahre ihres Lebens angehäuft haben, allerdings ohne wirklich weise geworden zu sein. Sie fühlen sich vom Leben vernachlässigt und hören nicht auf, sich selbst zu bedauern. Und es gibt andersherum viele junge Menschen, die mit ihren wenigen Jahren wiederum sehr weise sind. Neben so viel Schlechtem, das es tatsächlich auch in der Welt gibt, sind sie trotzdem in der Lage, auch das Gute zu betrachten.

Das Buch erhält von mir neun von zehn Punkten.

Weitere Informationen zu dem Buch:

Ich möchte mich recht herzlich beim Lotos-Bücherverlag für das zur Verfügung gestellte Leseexemplar bedanken.

€ 12,00 [D] inkl. MwSt.
€ 12,40 [A] | CHF 16,50* 

(* empf. VK-Preis) 
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag  
ISBN: 978-3-7787-8268-2
NEU
Erschienen: 29.08.2016 
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Gelesene Bücher 2016: 55
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86






Freitag, 7. Oktober 2016

Ajahn Brahm / Öffne die Tür zu deinem Herzen

Die kleine Schule der liebevollen Achtsamkeit

Klappentext
Nicht Achtsamkeit allein, sondern »liebevolle Achtsamkeit« ist laut Ajahn Brahm der Schlüssel zu einem erfüllten, friedvollen Leben: Indem wir uns voller Mitgefühl mit uns selbst und unseren Mitmenschen verbinden, öffnet sich die Tür zu unserem Herzen. Wir erfahren dabei die grenzenlosen Möglichkeiten des gegenwärtigen Augenblicks und entwickeln eine innere Kraft, die nach außen strahlt und Gutes in die Welt bringt. Wie wir diese Geisteshaltung der liebevollen Achtsamkeit in uns entfalten können, zeigt der weltbekannte buddhistische Mönch auf einzigartige Weise: in klarer, alltagsnaher Sprache, gewürzt mit seinem sanften, unverwechselbaren Humor und illustriert durch sechs der berührendsten Geschichten aus seinen Bestsellern "Die Kuh, die weinte" und "Der Elefant, der das Glück vergaß".

Autorenporträt
Ajahn Brahm, geboren 1951 in London, studierte Theoretische Physik an der Universität von Cambridge und ist seit mehr als 30 Jahren buddhistischer Mönch. Neun Jahre lang lebte, studierte und meditierte er in einem thailändischen Waldkloster unter dem Ehrwürdigen Meister Ajahn Chah. Heute ist Ajahn Brahm Abt des Bodhinyana-Klosters in Westaustralien und einer der beliebtesten und bekanntesten buddhistischen Lehrer unserer Zeit.
 Gelesen habe ich von dem Autor:
 Der Elefant, der das Glück vergaß und Die Kuh, die weinte.

Ich fand alle beiden Bücher sehr lesenswert.


Weitere Informationen zu dem Buch

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Erschienen: 29.08.2016 


Mittwoch, 5. Oktober 2016

Agatha Christi / Blausäure (1)

Lesen mit Anne 

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich bin durch mit dem Krimi und er hat mir recht gut gefallen. Anne hat in dem Bücherforum Whatchareadin schon einiges dazu geschrieben, sodass ich mich kurzhalten werde. Anne wird ihre Gedanken sicher auf ihren Blog übertragen. Ich werde, wenn sie so weit ist, meine Buchbesprechung mit ihrer verlinken. Bei Krimis ist es so, dass ich in der Regel nicht wirklich Lust habe, so viel darüber zu schreiben, weil man nicht zu viel verraten möchte. Ich gehe bei Krimis meist auf ein paar Fakten ein, und belasse es dann dabei. Und so werde ich das hier auch wieder machen.

Agatha Christis Romane finde ich immer ganz nett. Leicht geschrieben, man kommt gut rein, und sie sind nicht blutrünstig, weshalb ich sie gerne lese. Der Nachteil ist, dass man sie aber auch schnell wieder vergisst, weil sie so seicht sind.

Anne geht es damit ähnlich, wie aus dem heutigen Telefongespräch zu hören war.

Und nun zu dem Buch: Es treten sechs ProtagonistInnen auf, die alle mit Rosemary etwas zu haben. Rosemary hatte sich ursprünglich suizidiert, und erst Monate später rollte Rosemarys Ehemann das Ganze wieder auf, weil er sicher war, dass sie ermordet wurde. Ein Privatdetektiv, der mit Rosemarys Mann befreundet war, kommt mit ins Boot, um den Fall neu aufzurollen …

Nun werden alle sechs ProtagonistInnen ins Visier genommen und irgendwie wirken alle ein wenig verdächtig. Ich habe mir als Leserin nicht die Mühe gemacht, mich auf einen Verdächtigten festzulegen, weil ich weiß, dass Agatha ihre LeserInnen absichtlich auf eine Fährte schickt, um sie etwas zu irritieren. Ein bisschen Spannung gönnt uns die Autorin.



Mein Fazit?

Die Autorin schreibt nicht nur überzeugend gut, sie schreibt aber auch ein wenig klischeehaft. Nebenbei habe ich mich außerdem noch gefragt, ob Agatha einen rassistischen Schuss hat, weil sie einen kleinen, italienischen Kellner erfindet, der einem Affengesicht ähnelt. Wieso erfindet sie keinen Engländer mit einem entstellten Gesicht?

Und hier meine Wertung:

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
0 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus

 Acht von zehn Punkten.

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Gelesene Bücher 2016: 54
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86





Sonntag, 2. Oktober 2016

Agatha Christie / Blausäure

Lesen mit Anne 

Und wieder ist ein Monat verstrichen, Anne und ich lesen gemeinsam ein Buch. Diesmal war Anne mit dem Aussuchen unserer gemeinsamen Lekrüre dran.

Ich habe schon ein paar Seiten probe gelesen und man kommt gut in die Geschehnisse rein ...


Klappentext
Es sollte eine gelungene Geburtstagsfeier für die junge Erbin werden. Doch nicht nur die Erinnerung an den Selbstmord der Schwester trübt die Gesellschaft, auch der Zweifel, ob nicht doch einer der Anwesenden das Zyankali in den Champagner mischte.

Autorenporträt
Die schrullig-witzige Amateurermittlerin Miss Marple (u. a. "Mord im Orient-Express") und ihre Schöpferin Agatha Christie sind wohl untrennbar verbunden. Aber auch der belgische Detektiv Hercule Poirot, der z. B. in "Das Böse unter der Sonne" agiert, wird von den Christie-Fans geliebt. Beide Figuren gehören zu den bekanntesten Ermittlern der "Königin des Kriminalromans": Agatha Christie. Sie wurde 1890 im britischen Torquay (Grafschaft Devon) geboren, wuchs in einer wohlhabenden Familie auf und ihre Mutter förderte Agathas Schreibtalent. Mit 24 Jahren heiratete Christie und bekam 1919 eine Tochter. Die Ehe wurde, damals höchst ungewöhnlich, nach einem Seitensprung des Gemahls 1928 geschieden. 1930 schloss Christie mit dem 14 Jahre jüngeren Archäologen Max Mallowan die Ehe. In diesem Jahr erschien auch der erste Miss-Marple-Roman, "Mord im Pfarrhaus". Das Lebenswerk umfasst u. a. rund 70 Krimis - alle mit dieser unvergleichlichen Mischung aus Ironie, psychologisch fein austarierten Figuren, englischem Humor und einer handfesten Portion Lebenserfahrung. Darüber hinaus schrieb Christie auch Kurzgeschichten, Theaterstücke, Romanzen (unter Pseudonym) oder eine Autobiografie. Viele ihrer Werke wurden verfilmt, z. B. "Zeugin der Anklage" mit Marlene Dietrich. 1971 erhob Queen Elisabeth II. Christie in den Adelsstand. Die "Queen of Crime" erlag 1976 in Wallingford (Grafschaft Oxfordshire) einem Schlaganfall. 

Von der Agatha Christi habe ich gelesen:  
1. Das Haus an der Düne
2. Der Wachsblumenstrauß
3. Die Kleptomanin
4. Die Tote in der Bibliothek 
5. Mord im Orientexpress
6. Vorhang
Dies ist nun unser drittes Agatha-Buch, das wir gemeinsam lesen. 





Samstag, 1. Oktober 2016

Peter Wohlleben / Das Seelenleben der Tiere (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich habe das Buch gelesen und es hat mir sehr gut gefallen. Ich habe mir viele Textstellen markiert, um sie in meiner Buchbesprechung festzuhalten. Dass Tiere sehr wohl fühlende und intelligente Wesen sind, zeigt der Autor an vielen verschiedenen eigenen Beobachtungen und an mehreren Studien. Viele Menschen in meinem Umfeld, vor allem die, die sehr gerne Fleisch konsumieren, möchten das gar nicht wissen. Viele würden auch solche Bücher erst gar nicht mal lesen. Vielleicht könnte ich durch diese vielen Zitate ein wenig Anreize schaffen, sodass vielleicht doch noch ein paar LeserInnen bereit wären, das Buch zu lesen, um den Tieren gegenüber eine gerechtere Haltung einzuüben.
Viele Untersuchungen wurden auch an Schweinen vorgenommen, speziell an Wildschweinen und es stellte sich heraus, dass sie sehr intelligente Geschöpfe sind.
Wenn die Forschung so viel über die Intelligenz von Schweinen weiß, warum setzt sich dieses Bild schlauer Borstentiere nicht in der Öffentlichkeit durch? Ich vermute, es hängt mit der Verwendung von Schweinefleisch zusammen. Wenn jedem klar wäre, was für ein Wesen er da auf dem Teller hat, dann würde vielen der Appetit vergehen. (2016, 43)
Man hat mit den Schweinen weitere Experimente durchgeführt, inwieweit sie fähig seien, sich Manieren, die man ihnen beibringt, anzueignen und ob sie auf Namen reagieren?
Hier übten sie mit kleinen Schulklassen von acht bis zehn Jährlingen einen individuellen Namen ein. Besonders gut konnten sich die Jungspunde dreisilbige weibliche Namen merken. Nach dem einwöchigen Training kamen die Tiere wieder in eine größere Gruppe in den Stall zurück, und nun wurde es bei der Futterausgabe spannend: Jedes Tier wurde einzeln aufgerufen, wenn es an der Reihe war. Und tatsächlich: Es funktionierte! Sobald etwa Brunhilde aus dem Lautsprecher ertönte, sprang nur das aufgerufene Tier auf und rannte zum Trog, während alle anderen weiter ihrer aktuellen Beschäftigung nachgingen, was bei etlichen einfach nur Dösen bedeutete. Die gemessene Herzfrequenz der übrigen Schweine erhöhte sich nicht, nur das gerufene Tier zeigte eine gesteigerte Pulsrate. Eine immerhin neunzigprozentige Trefferquote erzielte dieses neue System, das Ordnung und Ruhe in die Ställe bringen kann.  (101)
Auf Seite 102 berichtet der Autor von einer Studie, die an Affen durchgeführt wurde. Die Studie nannte man Spiegeltest. Die Affen bekamen auf der Stirn einen Farbfleck aufgemalt und als sie sich in dem Spiegel erblickten, haben die Affen sich den Farbfleck von der Stirn wieder weggemacht.
Den selben Test hat man mit den Schweinen durchgeführt, mit demselben Ergebnis, allerdings waren das keine Schweine aus dem Schweinemastbetrieb.
Schweine verstehen den Spiegel (…) nicht nur für das Betrachten ihrer eigenen Körper zu nutzen. Donalds M. Broom und sein Team von der University of Cambridge versteckten Futter hinter einer Absperrung. Danach wurden Schweine so positioniert, dass sie das Futter nur in einem von ihnen aufgestellten Spiegel sehen konnten. Sieben von acht Schweinen verstanden bereits nach wenigen Sekunden, dass sie sich umdrehen und hinter die Absperrung mussten, um an den Leckerbissen zu gelangen. Dazu mussten sie nicht nur sich selbst im Spiegel erkennen, sondern sich auch Gedanken über räumliche Zusammenhänge ihrer Umgebung und ihres eigenen Platzes darin machen. (103)
Und die Frage, ob Tiere überhaupt empfindsame Wesen seien und zu tieferen Gefühlen fähig sein könnten, wurde deutlich bejaht. Nicht nur dies. Tiere sind sehr wohl auch in der Lage, bei einem Todesverlust tiefe Trauer zu empfinden. Dazu ein Zitat aus dem Leben von Wildtieren:
Manchmal passiert etwas Schlimmes für die Leitkuh: Ihr Kalb stirbt. Früher lag die Ursache dafür meist in einer Krankheit oder einem Wolf, der seinen Hunger stillte, heute ist es jedoch oft ein Schuss aus der Büchse eines Jägers. Für Hirsche setzt dann derselbe Prozess ein wie bei uns Menschen. Es herrscht ungläubige Verwirrung, dann setzt Trauer ein. Trauer? Können Hirsche so etwas überhaupt empfinden? Sie können nicht nur, sondern sie müssen es sogar: Trauer hilft, Abschied zu nehmen. Die Bindung von Hirschkuh zu Kalb ist so intensiv, dass sie nicht von einer zur anderen Sekunde aufgelöst werden kann. Die Hirschkuh muss erst langsam verstehen lernen, dass Ihr Kind tot ist und dass sie sich von dem kleinen Leichnam lösen muss. Immer wieder kehrt sie zum Ort des Geschehens zurück und ruft nach ihm, selbst wenn das Kalb schon vom Jäger wegtransportiert wurde. (107)
Im umgekehrten Fall, wenn die Leitkuh stirbt, und das Kalb zurückbleibt, kann das verwaiste Kalb ohne die Mutter nicht überleben. Es wird auch vom Rudel nicht aufgenommen und bleibt sich selbst überlassen. Ohne die Mutter habe das Kleine kaum Überlebenschance.

Die Menschen haben tiefes Mitgefühl für Menschenkinder, wenn ihnen ein ähnliches Schicksal ereilt. Warum aber, so frage ich mich, sind viele Menschen nicht in der Lage, dieses Mitgefühl auch für Tiere aufzubringen?
Der Autor geht zudem auch der Frage nach, inwieweit Tiere Mitgefühl für andere Lebewesen entwickeln können? Dazu folgendes Zitat:
Ein besonders führendes Beispiel, dass (…) Tiere zu solch artübergreifendem Mitgefühl fähig sind, kommt aus dem Budapester Zoo. Dort filmte ein Besucher Aleksander Medves einen Braunbär in seinem Gehege, als in den Wassergraben plötzlich eine Krähe fällt. Diese strampelt entkräftet und droht zu ertrinken, als der Bär eingreift. Er nimmt vorsichtig ein Flügel ins Maul und zieht die Krähe wieder an Land. Dort bleibt der Vogel wie erstarrt liegen, ehe er sich wieder berappelt. Der Bär beachtet diesen Frischfleischhappen, der ja durchaus zu seinem Beuteschema gehört, nicht mehr weiter, sondern wendet sich wieder dem Futter Gemüse zu. Zufall? Warum sollte der Bär so etwas machen, wenn offensichtlich weder der Fress- noch der Spieltrieb zum Zuge kam?
Vielleicht hilft neben der direkten Beobachtung auch Einblick in das Gehirn bei der Beantwortung der Frage, ob bei einer Art Mitgefühl möglich ist.  Dazu untersucht man, ob Spiegelneuronen vorhanden sind. Dieser spezielle Zelltyp wurde 1992 entdeckt und zeigt eine Besonderheit: Normale Nervenzellen feuern immer dann elektrische Impulse, wenn der eigene Körper bestimmte Aktivitäten ausführt. Spiegelneuronen hingegen werden aktiv, wenn ein Gegenüber die entsprechenden Handlungen vollführt, reagieren also genau so, als ob der eigene Körper betroffen wäre. Ein Klassiker ist das Gähnen: Wenn Ihr Partner dazu den Mund aufmacht, stellt sich bei ihnen auch das Bedürfnis danach ein. (119f)

Dazu die Haltung des Autors:
Mein Wunsch ist es vielmehr, dass ein wenig mehr Respekt im Umgang mit unserer beliebten Mitwelt einkehren möge, seien es Tiere oder auch Pflanzen. Das muss keinen Verzicht auf eine Nutzung bedeuten, wohl aber gewisse Einschränkungen und zum Komfort und auch der Menge der biologischen Güter, die wir konsumieren. Wenn das Ganze aber belohnt wird mit fröhlicheren Pferden, Ziegen, Hühnern und Schweinen, wenn wir dafür zufriedene Hirsche, Marder oder Rabenvögel beobachten können, wenn wir Letztere gar eines Tages dabei belauschen, wie sie ihren Namen rufen - dann werden in unserem Zentralnervensystem Hormone ausgeschüttet und verbreiten ein Gefühl, gegen das Sie sich gar nicht wehren können: Glück! (229)
Ich selbst bin der Meinung, wenn Menschen diese Glücksgefühle für Tiere aufbringen können, verspüren sie ganz von selbst keine Lust mehr, Tiere für sich, für den eigenen Gaumen, töten zu lassen.


Mein Fazit zu dem Buch?

Mir ist bewusst, wie viele Millionen Tiere weltweit tagtäglich getötet werden und dadurch so viel Blut auf unserem Planeten vergossen wird, so hat mir dieses Buch ein wenig Hoffnung gemacht. Ich wünsche mir sehr, dass es viele LeserInnen finden wird.
Man wird sehr zum Nachdenken angeregt, wobei mir andererseits Vieles schon bewusst gewesen ist. Meine Hypothesen konnte ich in dem Buch bestätigt finden.
Ein Buch, das die Welt ein bisschen besser machen kann. Ein besseres Zusammenleben für Tier und Mensch.

Zehn von zehn Punkten.


Weitere Informationen zu dem Buch

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Gebundenes Buch mit SchutzumschlagI
SBN: 978-3-453-28082-3
Erschienen: 13.06.2016

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