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Mittwoch, 25. Juli 2012

Carlos Maria Domingues / Das Papierhaus (1)



Eine Buchbesprechung der o. g. Lektüre

Das Buch hat mir recht gut gefallen. Ich konnte mich sogar mit den Figuren indentifizieren; alles Bibliophile wie ich eine bin... .Es wird hier eher ein Erlebnisbericht erfolgen.

Auch die Figuren in der Erzählung können von dem reichlichen Bücherkauf nicht ablassen. Fühle mich gut zu lesen, dass es anderen auch so ergeht. Bei mir gehen oft ganze Monatsgehälter drauf :D. 

Ich kenne Leute, die jede Lektüre sorgfältig verbuchen, mit Tag, Monat und Jahr, sozusagen ein Kalender ihrer geistigen Erwerbungen führen.

Ich  habe auch gelernt, meine Bücher mit Daten zu versehen, allerdings erst, wenn ich sie gelesen habe... . Erst dann bekommt das Buch für mich den eigentlichen Wert. Und führe auch einen Archiv meiner gelesenen Bücher seit Aug. 2010. Die anderen Bücher vor dieser Zeit bleiben ungezählt... . 

 Andere schreiben ihren Namen auf die erste Seite und verleihen ein Buch erst, wenn sie den Empfänger mit Datum in ein Notizbuch eingetragen haben. Ich habe Bücher mit Stempeln wie in öffentlichen Bibliotheken gesehen und solche, in denen ein Kärtchen des Besitzers steckte. Niemand hat es gern, wenn ihm ein Buch abhanden kommt. Lieber verlegen wir einen Ring, eine Uhr oder unseren Schirm als ein Buch, das wir vielleicht nicht mehr lesen werden, das aber mit dem vertrauten Klang seines Titels ein altes, vielleicht verloren gegangenes Gefühl in uns wach ruft.

Ich fand den letzten Satz absolut treffend. Es beschreibt recht gut das innere Erleben, das uns die Bücher bescheren... .

Viele sind durch und durch Leser und stellen im Laufe ihres Lebens beachtlich Bibliotheken zusammen. Sie sind passioniert und imstande, einen Haufen Geld für ein bestimmtes Buch auszugeben, um für Stunden darin zu versinken und nichts anderes zu tun, als es zu studieren und zu verstehen. (...)
Wer sich eine Bibliothek aufbaut, der baut sich ein ganzes Leben auf. Sie ist nämlich nie die Summe ihrer einzelnen Exemplare.

Eine Erzählfigur nennt sich Delgado, der es bedauert, nicht so viel Zeit zum lesen zu haben, er aber trotzdem seine freie Zeit nicht ungenutzt lässt:

 Ich arbeite nämlich von acht Uhr morgens bis fünf Uhr nachmittags in einer verantwortungsvollen Stellung und kann es kaum abwarten, anschließend hierher zukommen, in meine Höhle (…), um bis zehn Uhr selige Zeit zu verbringen.

So ähnlich sieht bei mir der Alltag auch aus. Auch ich freue mich auf den Abend, um mich in aller Stille zurückzuziehen, um mich literarisch zu vertiefen... . Schön dies auch von anderen zu lesen... . 

Die Hauptfigur in der Erzählung ist für mich Carlos Brauer. Ein absoluter Büchernarr, der es mit seinem Papierhaus ziemlich weit treibt. Darauf komme ich später zu sprechen. Bevor er sich ein Papierhaus gebaut hatte, lebte er in einer Wohnung, wo selbst das Badezimmer mit Büchern bestückt war und er sich angewöhnt hatte, kalt zu duschen, um keinen Wasserdampf zu provozieren... . Er gewöhnte sich an die kalten Duschen, zu allen Jahreszeiten, nicht nur im Sommer. Und er verschenkte sogar sein Auto, um die Garage auch noch als Bibliothek umzufunktionieren.

Er war ein heißhungriger Leser und verbrachte nicht bloß vier Uhr, sondern den größten Teil des Tages und die ganze Nacht mit seinen Büchern. Seine Exemplare waren immer hoffnungsvoll geschrieben.

Bei mir sind es die Wochenenden, die ich bis tief in die Nacht hineinlese. Lästig finde ich die kleinen Alltagspflichten :D. Ohne sie könnte ich mich ganz der Lektüre hinbegeben... .  Ich markiere viele Textstellen, schreibe aber hinterher in mein Lesetagebuch meine Gedanken und Leseerfahrungen auf. 

Doch der arme Brauer hatte eine fürchterliche Plage. Silberfischchen, die ihn fast zum Wahnsinn trieben:

Er hatte Hunderte, vielleicht Tausende davon in seiner Bibliothek. Eine Zeitlang hat der Schadensbegrenzung betrieben indem er alle sechs Monate (…) einen Kammerjäger zum Ausräuchern in seine Wohnung schickte. Sie fingen nämlich an, ihm bedeutende Werke zu zerstören.

Wenn man die ganze Wohnung mit Büchern voll hat, dass die Wände keine Luft mehr zum Atmen haben, dann kann ich mir schon gut vorstellen, dass die Bibliothek als hervorragende Brutstätte  dienen für die unerbetenen Gäste.

Nun komme ich zu dem Papierhaus Brauers. Er zieht um, fährt mit seiner ganzen Bibliothek ans Ufer, um sich mit seinen Büchern ein neues Haus zu bauen. Er engagiert auch einen Maurer... .

Carlos hat den Maurer gebeten, die Pfosten für die Fenster und zwei Türen im Sand zu verankern und ihm aus Stein ein Kamin zu bauen. Als der Kamin auf der einen Seite stand, und Fenster und Türen abgestürzt waren, ließ er ihn Zement anmischen. Und dann-(…) seine Bücher als Ziegelsteine mit dem Zement zu verbauen.
Während der Mauer den Zement anrührte, machte Brauer sich, unter den teils mitleidigen, teils gleichgültigen Blicken des Mannes daran, aus dem Haufen der vom Pferdekarren in den sauberen weißen Sand gekippten Bücher diejenigen auszuwählen, die ihn vor Wind und Wetter schützen sollten.
Ich habe mir das häufig ausgemalt. Wie er hin und her gelaufen sein muss, während die Mauer immer höher wurde, dem Mann einen Borges für die Füllung unter dem Fenster reichte, einen Valejo für die Wand neben der Tür, einen Kafka für oben, einen Kant für die Seite und daneben ein gebundenes Exemplar von Hemingways in einem anderen Land; hierhin einen Cortazar und dorthin den stets voluminösen Vargas Llosa; einen Valle Inclan auf Aristoteles, einen Camus auf Morosoli, und Shakespeare im Mörtel brachte schicksalhaft mit Marlow verbunden; allesamt dazu erkoren, sich als Mauer zu erheben und Schatten zu spenden. (…) Wenigstens konnte er sagen: Sie bleiben meine Freunde. Sie bieten mir ein Dach über dem Kopf im Sommer Schatten. Sie schützen mich vor dem Wind. Die Bücher sind mein Haus. Das konnte ihm niemand nehmen, auch wenn seine Lebensumstände das rudimentäre Niveau erreicht hatten und er auf einem abgelegenen, einsamen Strand gelandet war, weil er die erhabensten Dimension des Buches kennenlernen durfte.

Wie das Buch ausgeht, verrate ich nicht. Für mich nimmt es ein trauriges Ende... .

Ich bin jetzt wenig auf die einzelnen Handlungen und Hintergründer der anderen Figuren eingegangen, da das Buch recht dünn ist und aus dem Klappentext schon reichlich hervorgeht... . Mir waren die Zitate sehr wichtig und meine Erlebnisse zu diesen...

Anmerkung: Textstellen mit Fettdruck wurden durch mich hervorgehoben!

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„Die rechte Vernunft liegt im Herzen“ (Theodor Fontane)

Gelesene Bücher 2012: 54
Gelesene Bücher 2011: 86





Dienstag, 24. Juli 2012

Carlos Maria Dominguez / Das Papierhaus

  Klappentext

Eine Literaturdozentin, die so in die Gedichte von Emily Dickinson vertieft ist, dass sie tödlich verunglückt, ihr argentinischer Kollege, der um die halbe Welt reist, um das Geheimnis eines rätselhaften Buches zu lösen, und ein Mann, der bereit ist, seine Liebe für Bücher in Stein zu fassen: drei Menschen, die ohne Bücher nicht sein können und deren Leben auf höchst seltsame Weise miteinander verknüpft werden.



"Eine kleine Geschichte über die Leidenschaft für Bücher."
Elke Heidenreich 



Autorenportrait

Carlos María Domínguez wurde 1955 in Buenos Aires geboren und lebt heute in Montevideo, wo er als Journalist, Literaturkritiker und Schriftsteller arbeitet. „Das Papierhaus“, Domínguez' Deutschlanddebüt, wurde 2001 in Uruguay mit dem „Premio Lolita Rubial“ ausgezeichnet.

Das Buch habe ich von meiner Literturfreundin Anne geschenkt bekommen.
Ich selbst kenne den Autor nicht. Freue mich aber immer wieder,  neue AutorInnen kennenzulernen. 
Das Thema dieses Bandes spricht mich voll an, und gehe mit großer Neugier an das Buch heran. 
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„Die rechte Vernunft liegt im Herzen“ (Theodor Fontane)

Gelesene Bücher 2012: 53
Gelesene Bücher 2011: 86