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Montag, 25. November 2013

Astrid Lindgren / DAS ENTSCHWUNDENE LAND (1)

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Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Auf dem Cover abgebildet ist das Elternhaus von Astrid Lindgren.

Astrid Lindgren hat wirklich Glück mit ihren Eltern gehabt. Man kann sich ja Eltern nicht aussuchen, so wie Eltern sich ihre Kinder ebenso nicht aussuchen können. Die Eltern verhielten sich sehr vorbildlich. Lindgrens Vater, der seine Frau mehr als liebte und umgedreht auch, war es wichtig, die Liebe, die er empfand, nicht vor den Kindern zu verbergen. Der Vater, Samuel August, lebte ganz nach dem Bilde Pohlem, der gesagt haben soll:
(... ) Es täte Kindern gut, zuzusehen, wie ihre Eltern sich herzen.
Und nun aus der Sicht von Astrid L.:
Einen zärtlicheren Bauern, wie es mein Vater war, hat es nie gegeben, zumindest war es bei smäländischen Bauern unerheblich, seine Gefühle so unverhohlen zu zeigen, wie Samuel August es tat. Wir Kinder waren es gewohnt, tagtäglich zuzuschauen,wie unser Vater, und sei es auch nur für einen kurzen Augenblick, unsere Mutter umarmte und sie herzte .(37)
A. L. durchlebte gemeinsam mit ihren drei Geschwistern eine glückliche Kindheit. Sie genossen die Freiheit, sich so zu entfalten, wie die Kinder es für ihre Entwicklung brauchten. Dennoch mussten die Kinder viel auf dem Gutshof mithelfen. Der Respekt zu den Erwachsenen war trotzdem gegeben. Sie widersprachen ihnen nicht und gingen den Aufgaben ohne Murren nach.

A. L. interessierte sich schon sehr früh für Bücher. Allerdings war es schwierig, an diese heranzukommen. Bücher waren für die Bauersleute eher eine Rarität, da sie gar keine Zeit zum Lesen hatten. Auch hier hatte A. L. Glück, als sie an eine Lehrerin geriet, die ihr half, Bücher zu erwerben. Große Glückseligkeit:
Ein Buch ganz für sich allein zu besitzen - dass man vor Glück nicht ohnmächtig wurde! Noch heute weiß ich, wie diese Bücher rochen, wenn sie funkelnagelneu und frisch gedruckt ankamen, ja, denn zunächst einmal schnupperte man daran und von allen Düften dieser Welt gab es keinen lieblicheren. Er war voller Vorgeschmack und Erwartungen.(…)Dann war man plötzlich zehn Jahre alt und ging in die Oberschule. Im Lehrerzimmer gab es eine Schulbibliothek, und darauf stürzte ich mich wie eine Besessene und verschlang alles, was es dort gab. In diesen Jahren zwischen zehn und dreizehn verschlingt man ja Bücher, und auch ich futterte alles Erreichbare, gleichgültig, ob ich es mir aus der Schulbibliothek holte oder von Mitschülern lieh, die mit Büchern besser ausgestattet waren als ich. Ich las die ganze lange Reihe von Sagen und Geschichten, vom Trojanischen Krieg bis zu Robinson Crusoe  und Onkel Toms Hütte, dazu alles, was ich von Jules Verne ergattern konnte, (…) und dann all die wunderbaren Mädchenbücher. Dass es überhaupt so viele nette und lustige Mädchen in der Welt gab, die einem plötzlich ebenso nahe standen wie Geschöpfe aus Fleisch und Blut! (74f)
Interessant fand ich, dass Pippi Langstrumpf keine Erfindung von A. L. ist. Erfunden hat sie ihre kranke Tochter, die im Fieberwahn lag und ihre Mutter bat, über Pippi Langstrumpf eine Geschichte zu erzählen.
>>Erzähl mir was von Pippi Langstrumpf.<< Ich tat ihr den Gefallen und dachte mir eine närrische Range aus, die zu dem Namen passen konnte, und musste bald entdecken, dass uns eine Pippi ins Haus geschneit war, die wir nicht wieder los werden konnten.(78)
A. L. war eine begabte Schülerin, der man es schon in den jungen Jahren ansah, dass sie eines Tages mal Schriftstellerin werden würde. Aber sie war entsetzt, wenn man sie als die zukünftige Schriftstellerin bezeichnete. Sie hatte gar nicht vor, Schriftstellerin zu werden.

A. L. war auch eine geborene Pädagogin. Dank ihrer glücklich durchlebten Kindheit, dank ihrer vorbildlichen Eltern, besaß sie ein ungeheures Wissen, mit jungen Menschen pädagogisch umzugehen.
Wie weckt man in Kindern das Interesse an Büchern? Sie spricht zu den Erwachsenen:
Was erwünscht und erhofft ihr euch noch für euer Kind? Womöglich hegt ihr gar sehr hohe Erwartungen und träumt davon, dass es eines Tages zu denen gehört, die die Welt verändern und sie zu einem besseren Platz für die Menschen machen? Einige müssen ja in jeder Generation zu den Wegbereitern der Menschheit gehören, warum nicht auch euer Kind? Ja, aber dann müsst ihr ihm den Weg zum Buch weisen! Und das muss jetzt gleich geschehen, denn findet es den Weg nicht als Kind, dann findet es ihn nie und wird auch nie ein Weltverbesserer, glaubt mir! Ihr könnt einmal die Probe aufs Exempel machen: nehmt jetzt zehn lebende Menschen, die ihr hoch schätzt und von denen ihr meint, dass sie wirklich etwas für die Menschheit geleistet haben, geht zurück bis in ihre Kindheit, blättert die Jahre um, und ich bin davon überzeugt, ihr findet zehn kleine Leseratten. (85)
Auch A. L. spricht von dem Reichtum, den Bücher einen stellen, und ebenso beschreibt sie sie als  wichtige Wegbegleiter:
Eines aber könnt ihr tun, ihr könnt dem Kind zeigen, wo Trost zu finden ist, wenn es traurig ist, und wo Freude und Schönheit zu finden sind, wenn das Leben in grau erscheint, und über dies könnt ihr ihm Freunde schenken, die nie enttäuschen… (86)
Interessant fand ich auch den Appell an die Erwachsenen, sich schriftlich so einfach wie möglich auszudrücken, so dass es auch Kinder verstehen.
Ein bedeutender Schriftsteller hat einmal zu mir gesagt: >>meines Erachtens ist die beste Art zu schreiben, so einfach zu schreiben, dass selbst ein Kind es verstehen kann.<< Und doch schrieb er für Intellektuelle Erwachsene: Wie viel nötiger ist es dann erst, dass alle, die für Kinder schreiben, sich so ausdrücken, dass sie von Kindern auch verstanden werden. Einfach schreiben ist auch oberhalb des Niveaus von fünfjährigen keine Schande, es braucht deshalb noch lange nicht banal und dürftig zu sein. Die Dichter erzählen uns von Leben, Tod und Liebe, dem zutiefst menschlichen, meistens in so schlichten Worten, dass jedes Kind sie verstehen kann - ist dir das schon mal aufgefallen? Wenn Du ein Rezept haben möchtest, dann nimm das von Schopenhauer: >>Man brauche gewöhnliche Worte und sage ungewöhnliche Dinge.<<(92f)
Das Zitat von Schopenhauer hat mich tief berührt. Finde ich gut. Und mit diesem Zitat beende ich nun meine Buchbesprechung!

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Man brauche gewöhnliche Worte und sage ungewöhnliche Dinge!
(Schopenhauer zitiert von Astrid Lindgren)

Gelesene Bücher 2013: 73
Gelesene Bücher 2012: 94 
Gelesene Bücher 2011: 86