Freitag, 30. Juni 2017

Steve Jenkins und Derek Walter mit Caprice Crane / Esther, das Wunderschwein (1)



Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Was für ein schönes Buch. Ich habe es mit großem Interesse gelesen. Wenn jemand wissen möchte, was ich unter einem Paradies verstehe, dann ist es diese Welt, die in dem Buch beschrieben wird. Eine Welt, in der Menschen und Tiere zusammenleben, und niemand sterben oder gequält werden muss, nur damit ein anderes Leben leben darf, wobei auf unserem Planeten Erde es der Mensch ist, der über Leben und Tod anderer Lebewesen entscheidet.

Ich habe das Buch gestern ausgelesen und es geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Viele Szenen arbeiten noch in mir. So vielen Menschen habe ich von dem Buch erzählt, und alle wollen es von mir ausgeliehen bekommen. Ich habe dabei aber nur ein Problem. Ich kann mich von dem Buch überhaupt nicht mehr trennen, und so habe ich vor, ein oder zwei Exemplare im Buchhandel zu erwerben, die ich dann ausleihen werde.

Ich habe schon zwei Katzen, und hatte immer auch mit dem Gedanken gespielt, mir ein kleines Zwergschweinchen anzuschaffen. Aber von diesem Gedanken bin ich nun wieder abgekommen, da es so etwas wie Zwergschweine gar nicht gibt, und ich nicht die Möglichkeit habe, es diesen beiden Tierschutzaktivisten Steve und Derek gleichzutun, obwohl die beiden es mit dem Schweinchen auch nicht leicht hatten. Ganz im Gegenteil ... Selbst die Partnerschaft der beiden wurde durch das Schweinchen auf eine harte Probe gestellt ...

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
Als eine Bekannte den Tierfreund Steve Jenkins fragte, ob er nicht ein Minischwein adoptieren wolle, wusste Steve, dass sein Lebensgefährte Derek nicht gerade begeistert sein würde. Dennoch willigte er ein, sich des süßen kleinen Ferkels anzunehmen. Eine Entscheidung, die Dereks und sein Leben für immer verändern sollte. Denn rein gar nichts an Esther war »Mini« – in drei Jahren wurde sie zu einem ausgewachsenen Hausschwein von 335 Kilo. Doch trotz aller Schwierigkeiten und einer Menge buchstäblicher »Schweinereien« liebten die beiden Esther: nur wie sollte es in ihrer Stadtwohnung mitten in Toronto mit der tierischen WG weitergehen? Wieder fassten sie einen weitreichenden Entschluss: per Crowdfunding finanzierten sie ein Gnadenhof-Projekt für ehemalige Nutztiere. Heute leben sie mit Esther und vielen anderen tierischen Freunden auf dem Land in Ontario im Happily Ever Esther Farm Sanctuary.

Dieses sogenannte Minischwein hat es schließlich mit der Zeit auf satte 300 Kilo auf die Waage gebracht. Was die Züchter*innen anpreisen, ist regelrecht verantwortungslos, da viele Ferkelchen wegen der zunehmenden Größe nicht bei dem Menschen bleiben können, der es ursprünglich aufgenommen hatte. Steve stellt sich die Frage:
Wo wäre Esther wohl gelandet, wenn sie nicht zu uns gekommen wäre? In einem käfigartigen Kastenstand in einem Maststall. Ich frage mich manchmal, was aus dem Rest wohl geworden sein mag. Woher soll man wissen, ob die Packung Frühstücksspeck im Laden nicht von Esthers Angehörigen stammt? Vielleicht aus einem Wurf ihrer Schwester? Und falls nicht, ist es doch auf jeden Fall das Fleisch von geschlachteten Schweinen, intelligenten Schweinen mit einer ganz eigenen Persönlichkeit, die fähig waren, Liebe und Zuneigung auszudrücken – so wie Esther. (2016,72)

Manche Minischweine landen im Tierheim und werden dort geschlachtet, manche landen gleich im Schlachthaus. Esther hatte Glück, sie kam zu Steve und Derek, wo sie leben und sich entfalten durfte.

Besonders Steve fühlt sich ganz stark zu Tieren hingezogen, der total unvorbereitet dieses Schweinchen aufgenommen hat, das er nicht mehr hergeben konnte, selbst als Esther schon ausgewachsen war, und sie viel Raum benötigte. Aber dieses Schwein hat trotz der großen Anforderungen Steves und seines Partners Leben total verändert. Positiv versteht sich.

Das Schweinchen Esther entpuppte sich als familientauglich. Es war anhänglich und wahnsinnig intelligent. Es entwickelte eigene Charakterzüge, sodass Steve und Derek gelernt haben, Esther als eine Persönlichkeit zu betrachten. Es war nicht irgendein Schwein, irgendein Tier, nein, sie wurde mit der Zeit als eine richtige Persönlichkeit angesehen.

Die beiden besaßen, noch bevor Esther bei ihnen eingezogen ist, schon zwei Katzen und zwei Hunde und Esther unterschied sich von ihrem Charakter nicht sonderlich von denen der Hunde und der Katzen.

Steve und Derek waren, was die Ernährung betrifft, ganz gewöhnliche Menschen. Sie konsumierten Fleisch, ohne sich dabei etwas zu denken. Bis an dem Tag, an dem Derek zum Frühstück Speck auf dem Herd briet. Den Speckgeruch, den sie sonst so sehr geliebt hatten, haben beide plötzlich als unangenehm empfunden. Plötzlich machte es Klick im Kopf, der Groschen ist nun bei beiden halbwegs gefallen:
Ich würde nie Hundefleisch essen. Und ab jetzt auch keinen Frühstücksspeck.(…) Ich trat zu Derek an den Herd. >>Ich glaube nicht, dass ich das essen kann<<, sagte ich, um mich bemerkbar zu machen. Er bat mich, es zu wiederholen. Also tat ich es. >>Ich kann das nicht essen. Ich esse diesen Speck nicht. Es graut mir davor. <<Seine Erwiderung überraschte mich: >>Ich auch nicht, glaube ich. <<Es war echt komisch. Er fragte mich nicht einmal nach dem Grund. Als hätte er genau das Gleiche gedacht. (65)

Steve und Derek waren nun nicht gleich Veganer geworden, aber sie befanden sich zumindest auf dem Weg dorthin, es ist ein Prozess, auch das Fleisch anderer Tiere nicht weiter essen zu wollen.
(…) Wenn wir fortan Frühstücksspeck sahen, sahen wir Esther, aber wenn wir einen Burger vor uns hatten, sahen wir darin weiterhin einen Burger. Mit einem Mal spielte Esther in einer ganz anderen Liga - bloß hatten ihre übrigen >>Freunde vom Bauernhof<< den Sprung in unsere Köpfe noch nicht geschafft. Es war ein treffendes Beispiel dafür, wie man vor etwas die Augen verschließt und eine Mauer um sich herumzieht, (ebd).

Bevor Esther zu ihnen kam, hatten sie für ihren Fleischkonsum immer eine passende Rechtfertigung. Doch nun, seit Esther bei ihnen lebt, passen die Rechtfertigungen nicht mehr, und so fingen sie an, Bewusstsein auch für andere (Nutz)-Tiere zu entwickeln:
Dann wiederum fand ich mich in der Fleischabteilung des Supermarkts wieder und litt unter einem würgenden Gefühl des Unwohlseins, weil auf einmal alles in den Truhen ein Gesicht hatte. Konnte ein Steak oder eine Speckschwarte nicht mehr nur als ein Produkt betrachten. Jedes einzelne Kotelett im Laden hätte Esther sein können, und dabei kam es mir richtig hoch. (73)

Hier haben Steve und Derek den Prozess abgeschlossen, indem es ihnen gelungen ist, ihr Bewusstsein auf alle Tiere zu lenken und dazu hatte ihnen Esther verholfen. Sie aßen partout kein Fleisch mehr.

Ich fand diese Entwicklung so schön, dass ich sie hier auf meiner Besprechung unbedingt festhalten möchte, damit auch andere Leser*innen daran teilhaben können. Ich selbst besitze zwar kein Schwein als Haustier, aber mir geht es genauso wie Steve, in jeder Fleischverpackung sehe ich das Gesicht des geschlachteten Tieres.


Mein Fazit?

Steve und Derek mussten sich durch Esther ein neues Zuhause suchen, da das alte von der Quadratmeterzahl nicht mehr ausgereicht hat. Mit Hilfe von Spendern konnten sie sich eine Farm aneignen und daraus einen Gnadenhof machen. Sie adoptierten noch andere Tiere, die gequält, ausgesetzt oder geschlachtet hätten werden sollen.

Das Buch ist so liebevoll geschrieben, und die Autoren prangern keine Fleischesser*innen an, weil sie selbst die Erfahrung gemacht haben, dass die Ernährungsumstellung einen mehr oder weniger längeren Prozess erfordert. Manche Tierschutzaktivsten gehen sehr aggressiv mit Fleischkonsumenten um. Derek und Steve sind da ganz anders. Sie sind liebevoll zu Mensch und zu Tier. Außerdem haben sie durch Esther so viel bei anderen bewirkt. Auf der Facebookseite, eine Esther-Seite, bekamen sie so viele Fans, alle lieben sie Esther, alle haben sie in ihr Herz geschlossen, sodass viele darunter waren, die durch sie den Fleischkonsum ganz von alleine eingestellt haben. Und dies ohne Belehrungen, ohne gehobenen Zeigefinger. Einfach nur aus Liebe zum Tier. Steve und Derek haben es ihren Follower einfach vorgelebt. 

Aber ich verstehe auch die aggressiven Tierschutzaktivist*innen. Täglich diese qualvollen Bilder vor Augen zu haben, wie Tiere für den menschlichen Gaumen gequält und geschlachtet werden, oder wenn die Tiere in der Pelztierfarm  bei lebendigem Leib gehäutet werden .. . Diese Bilder und dieses Wissen darüber verursacht bei Gegner*innen einen enormen Schmerz in der Brust. Diese furchtbaren Bilder bekommt man einfach nicht mehr aus dem Kopf, selbst wenn man sich noch so sehr darum bemüht, sie wieder zu vergessen. Aber wegschauen geht auch nicht, sonst kann man nichts verändern, und die Tiere leiden unendlich weiter. 

Habe soeben in den Nachrichten vernommen, dass die Vegetarier*innen in Deutschland zwar zugenommen hätten, gleichzeitig aber auch der Fleischkonsum. Die industrielle Massentierhaltung würde dadurch immer größer werden. Wie furchtbar traurig. 

Ich überlege, ob ich dieses Buch in meiner Literaturgruppe vorlesen werde, um noch mehr Menschen diese Liebe zum Tier nahe zu bringen. 

Tiere sind wie Menschen, sie müssen bei jemanden sein, der sie liebt.


2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

12 von 12 Punkten.


Weitere Informationen zu dem Buch

Ich möchte mich beim btb-Verlag recht herzlich für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar bedanken.  

 ·         Broschiert: 256 Seiten
·         Verlag: btb Verlag (12. September 2016)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3442714885

Und hier geht es auf die Verlagsseite von btb, Random House München.

___________
Die Vorstellung, dass manche Leben weniger wert sind als andere, ist die Wurzel allen Übels auf der Welt.
(Anthropologe Dr. Paul Farmer, zitiert von Steve und Derek)

Gelesene Bücher 2017: 27
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86






Dienstag, 27. Juni 2017

Steve Jenkins und Derek Walter mit Caprice Crane / Esther, das Wunderschwein


Klappentext
Als eine Bekannte den Tierfreund Steve Jenkins fragte, ob er nicht ein Minischwein adoptieren wolle, wusste Steve, dass sein Lebensgefährte Derek nicht gerade begeistert sein würde. Dennoch willigte er ein, sich des süßen kleinen Ferkels anzunehmen. Eine Entscheidung, die Dereks und sein Leben für immer verändern sollte. Denn rein gar nichts an Esther war »Mini« – in drei Jahren wurde sie zu einem ausgewachsenen Hausschwein von 335 Kilo. Doch trotz aller Schwierigkeiten und einer Menge buchstäblicher »Schweinereien« liebten die beiden Esther: nur wie sollte es in ihrer Stadtwohnung mitten in Toronto mit der tierischen WG weitergehen? Wieder fassten sie einen weitreichenden Entschluss: per Crowdfunding finanzierten sie ein Gnadenhof-Projekt für ehemalige Nutztiere. Heute leben sie mit Esther und vielen anderen tierischen Freunden auf dem Land in Ontario im Happily Ever Esther Farm Sanctuary.

Autorenporträt
Steve Jenkins und Derek Walter sind weltweit bekannte Tierschutzaktivisten. Sie sind die Gründer der Happily Ever Esther Farm in Campbellville, Ontario, einem Gnadenhof für ausgediente Nutztiere.

Da ich so wahnsinnig viel Liebe für Tiere empfinde, musste dieses Buch unbedingt bei mir einziehen. Ich werde sicher viel Freude an dieser Lektüre haben. 


Weitere Informationen zu dem Buch

 ·         Broschiert: 256 Seiten
·         Verlag: btb Verlag (12. September 2016)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3442714885

Und hier geht es auf die Verlagsseite von btb, Random House München.


Montag, 26. Juni 2017

Lars Vasa Johansson / Anton hat kein Glück (1)

Lesen mit Tina

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich bin durch mit dem Buch. Ich habe dafür gerade mal zwei Tage benötigt. Ich habe mit allem gerechnet, nur nicht mit einem Märchen. Ein richtiger fiktiver Roman, der alles beinhaltet. Realitäten gemixt mit Fiktionen, die mich an verschiedene Märchen erinnern lassen und ein Mix aus Magischem Realismus. Außerdem ist der Schreibstil recht flüssig, sodass man es sehr leicht hat, in dieses Märchen reinzukommen.

Mir hat das Buch insgesamt recht gut gefallen, nur hätte ich mit dieser Art von Themenbearbeitung nicht gerechnet. Ich bin eben keine wirkliche Fantasieleserin, wobei ich bei bestimmten Autor*innen eine Ausnahme mache, wie z.B. bei Haruki Murakami. Aber bitte, dieses Buch nicht mit Murakamis Büchern vergleichen. Beide Autoren sind verschieden und nicht miteinander zu vergleichen.

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
Ein Anruf seiner Eltern und eine E-Mail vom Elektrodiscounter sind die einzigen Glückwünsche, die Anton zu seinem 45. Geburtstag erhält. Aber der grummelige Berufszauberer mag Menschen sowieso nicht besonders. Seit Jahren tingelt er mäßig erfolgreich mit seinen Auftritten von Altersheim zu Einkaufszentrum. An und für sich würde ihn all das gar nicht stören. Wäre da nicht sein Erzfeind Sebastian, der mit seiner spektakulären Zaubershow in ganz Schweden Erfolge feiert. Ausgerechnet mit Charlotta an seiner Seite, Antons Ex-Freundin. Früher waren Anton und Sebastian befreundet und haben gemeinsam gezaubert, nun sieht Anton überall die riesigen Plakate, die Sebastians und Charlottas Tournee ankündigen und auf denen groß in silbernen Buchstaben "Together in Magic Forever" steht. Es liegt auf der Hand: Für Anton läuft es nicht gut. Im Grunde läuft es überhaupt nicht. Aber niemand ist besser darin als er, sich das Leben schönzureden. Bis er sich eines Nachts im Wald verirrt und ein seltsames Mädchen trifft. Danach scheint Anton plötzlich vom Pech verfolgt zu werden. Als ernsthafter Zauberer glaubt Anton natürlich nicht an Magie. Aber langsam dämmert ihm, dass er etwas an seinem Leben ändern muss…Ein Zauberer, der nicht an Magie glaubt, erlebt das größte Abenteuer seines Lebens - schräg, komisch, herzerwärmend!

Um nicht zu viel vorwegzunehmen, halte ich mich kurz in dieser Buchbesprechung. Es sind sehr viele Abenteuer von Seiten des Protagonisten namens Anton zu bestehen, der sich scheinbar vom Pech verfolgt sieht. Eine Figur, wie man sie so oft im Alltag findet. Realtitätstreu, Alltagsprobleme, mit denen man versucht, bestmöglich mit der Vernunft fertigzuwerden, vor allem wenn es um seelische und emotionale Konflikte geht...  Anton wird plötzlich mit surrealen Situationen konfrontiert, an denen kaum ein Mensch, der wie Anton gestrickt ist, glauben kann, bis dieser Mensch dazu gezwungen wird, sich mit dieser anderen Realität auseinderzusetzen und sich ihr zu beugen. Realität und Fiktion habe ich als zwei Parallelwelten wahrgenommen und empfunden.

Anton, der aus einem wohlbehütetes Elternhaus stammt, scheint ein sehr einsamer Geselle zu sein. An seinem 45. Geburtstag gibt es außer seinen Eltern und dem Elektrodiscounter niemanden, der an ihn denkt, um ihm zu gratulieren. Anton ist von Kind auf eher ein Einzelgänger, der lieber alleine in seinem Zimmer gehockt hat, Fachbücher gelesen und mit seinem Zauberkasten Zaubertricks eingeübt hat, bis er eine Freundschaft mit seinem Klassenkameraden Sebastian eingeht. Seine erste richtige Freundschaft, obwohl Sebastian von seinem Naturell her eher das genaue Gegenteil von Anton ist. Aber sie entwickeln die Zauberei als ein gemeinsames Hobby, mit dem sie bald ihr Taschengeld aufbessern können. Aus dem Hobby sollte Profession werden. Doch die Wege der beiden trennen sich wieder, obwohl sich beide beruflich als Zauberer betätigen, aber mit unterschiedlichem Erfolg. Anton verlässt sein Mädchen Charlotte, um mehr Zeit für seine Zauberei zu haben. Charlotte tut sich mit Sebastian zusammen …

Man bekommt es mit zwei Geschichten zu tun. Einmal wird das Leben von Antons Kindheit erzählt und im Wechsel dazu liest man über sein Leben in der Gegenwart. Oftmals sind die Szenen recht skurril, über die ich herzhaft lachen musste.

Bevor Anton diese fiktive Welt betritt, erleidet er ein paar Katastrophen, die aber irgendwie schicksalshaft gesteuert waren. Erst trauert er an seinem Geburtstag und verfällt in Selbstmitleid, weil niemand an ihn gedacht hat, dann verliert er als Zauberer seine Aufträge, schließlich wird er als nächstes an der Tankstelle des Stehlens bezichtigt, und kurz darauf ersäuft sein Wagen in einem Fluss …

Bis Anton am Waldrand mit einem kleinen Kind konfrontiert wird, das ihn bittet, ihm zu helfen, sieben verschiedene Blumen zu pflücken. Ist klar, dass Anton dafür keine Zeit hat, da er damit beschäftigt ist, sein Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Als er das Kind abgewiesen hat, wird er von einem Fluch behaftet. Später stellte sich heraus, dass das Kind kein gewöhnliches Kind ist, sondern eher eine Waldfee, die belohnt oder auch bestraft, je nach dem, was sich ein Mensch, genannt Straßenläufer, verdient hat. Es gibt die Waldbewohner, und es gibt die Straßenläufer …

Anton hatte drei Prüfungen zu bestehen, um von diesem Fluch wider loszukommen und bei Nichtbestehen der Prüfung wird er für immer und ewig in einer Perle verzaubert sein. Diese Perle ist an der Haarspange der Waldfee befestigt.

Anton lernt ein älteres Ehepaar kennen, das im Wald wohnt, Gunnar und Greta, die recht merkwürdige Dinge tun, die aber Anton helfen, sich in dieser ominösen Märchenwelt zu orientieren. Anton kann es nicht fassen. Er glaubt weder an Waldfeen, noch an Hexen namens Miststück, noch an andere übersinnliche Dinge …

Wie es weitergeht, und ob Anton es schafft, sich in dieser Märchenwelt zu orientieren, um seine Prüfungen zu bestehen, ist Weiteres dem Buch zu entnehmen.


Mein Fazit?

Hätte ich von Anfang an gewusst, dass dies ein Fantasyroman ist, ich hätte mir das Buch nicht angeschafft. Wenn ich bedenke, dass ich von dem Cover so sehr angelockt wurde, und ich den Klappentext eher oberflächlich behandelt habe, habe ich doch einen guten Riecher gehabt. Ich dachte erst, dass Anton in einer Midlifecrisis steckt und dadurch sein Leben auf den Kopf stellt, um wieder rauszukommen.
Nein, die Thematik ging in eine ganz andere Richtung, die mir aber trotzdem gut gefallen hat. Welch eine Wesenveränderung… Manchmal muss sich der Mensch mit seinen eigenen Schatten befassen, um diese in Licht zu verwandeln. Je mehr der Mensch gegen sein Schicksal hadert, desto schwerer verlaufen seine Lebensprüfungen.

Und ich habe Heißhunger auf einen Himbeer- und/oder einen Erdbeerbiskuit bekommen, und ich jetzt schauen muss, wo ich den Biskuit kaufen kann, der so lecker ist wie in diesem Zauberbuch.

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

12 von 12 Punkten.


Telefonischer Austausch mit Tina, 26.06.2017, 17:45 Uhr

Tinas und meine Leseeindrücke konnten sich wieder gut decken. Dadurch, dass das Buch sich als ein Märchen entpuppt hat, hat Tina sich die Frage gestellt, ob dieses Märchen auch Kinder lesen könnten, so verneinten wir beide diese Frage, wobei sich mir diese Frage nicht gestellt hat. Es ist definitiv ein Märchen für Erwachsene. Auch haben wir uns gefragt, wie viel wir von dem Märchen preisgeben dürfen? Ich habe versucht, mich recht bedeckt zu halten, aber es ist gut, wenn Tina in ihrer Besprechungen Dinge aufgreift, die ich weggelassen habe. Irgendwo wird sich die Mitte schon finden.  

Zur Mitte des Buches hin hatten wir beide eine kleine Flaute, es hat sich etwas gezogen, der Autor hätte seine Thematik etwas abkürzen können. Aber wir haben beide wieder die Kurve gekriegt. Das Ende hat uns recht gut gefallen, auch wenn sich alles in Wg ... auflöst und wir uns gefragt haben, wie realistisch das Ende tatsächlich ist? Aber dadurch, dass es ein Märchen ist, passt der Ausgang recht gut. 

Anton, der Protagonist, schien für Tina ein wenig unsympathisch zu sein, ich dagegen konnte mich gut von ihm distanzieren. Er wirkte schon ein wenig arrogant, und hatte große Defizite zwischenmenschlicher Art. Wir bemängelten beide den schlechten Umgang mit alten Menschen. Oder auch wie abfällig er von  psychisch kranken Menschen dachte. In diesem Zauberwald wurde er gezwungen, sich mit seinen eigen Schwächen auseinanderzusetzen ... 

Tina stellte sich zum Autor noch die interessante Frage, woher er seinen Stoff her hat? Sind diese märchenhafte Figuren nicht Teil der schwedischen Mythologie, deren Literatur von Elfen, Feen, Waldtrollen etc. erfüllt ist? Schade, dass der Autor dazu im Anhang den Leser*innen keine Spuren hinterlassen hat. 

So, Weiteres ist aus Tinas Buchbesprechung zu entnehmen, die allerdings erst morgen früh freigeschaltet wird. Ich werde morgen Abend dann erst dazu kommen, Tinas Link hier reinzusetzen. 


Weitere Informationen zu dem Buch

·         Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
·         Verlag: Wunderlich; Auflage: 1 (21. Oktober 2016)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 380520387X

Und hier geht es auf die Verlagsseite von Rowohlt / Wunderlich. 
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Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, dann ist nötig, 
dass alles sich verändert.
(Eintrag aus einem Poesiealbum der Familie Six)

Gelesene Bücher 2017: 26
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Donnerstag, 22. Juni 2017

Lars Vasa Johansson / Anton hat kein Glück

Lesen mit Tina

Klappentext
Ein Anruf seiner Eltern und eine E-Mail vom Elektrodiscounter sind die einzigen Glückwünsche, die Anton zu seinem 45. Geburtstag erhält. Aber der grummelige Berufszauberer mag Menschen sowieso nicht besonders. Seit Jahren tingelt er mäßig erfolgreich mit seinen Auftritten von Altersheim zu Einkaufszentrum. An und für sich würde ihn all das gar nicht stören. Wäre da nicht sein Erzfeind Sebastian, der mit seiner spektakulären Zaubershow in ganz Schweden Erfolge feiert. Ausgerechnet mit Charlotta an seiner Seite, Antons Ex-Freundin.
Früher waren Anton und Sebastian befreundet und haben gemeinsam gezaubert, nun sieht Anton überall die riesigen Plakate, die Sebastians und Charlottas Tournee ankündigen und auf denen groß in silbernen Buchstaben "Together in Magic Forever" steht. Es liegt auf der Hand: Für Anton läuft es nicht gut. Im Grunde läuft es überhaupt nicht. Aber niemand ist besser darin als er, sich das Leben schönzureden. Bis er sich eines Nachts im Wald verirrt und ein seltsames Mädchen trifft. Danach scheint Anton plötzlich vom Pech verfolgt zu werden. Als ernsthafter Zauberer glaubt Anton natürlich nicht an Magie. Aber langsam dämmert ihm, dass er etwas an seinem Leben ändern muss…Ein Zauberer, der nicht an Magie glaubt, erlebt das größte Abenteuer seines Lebens - schräg, komisch, herzerwärmend!

Autorenporträt
Ars Vasa Johansson, geboren 1966 in Stockholm, ist Drehbuchautor, Musiker und einer der gefragtesten script doctors in Schweden. Er war an diversen Film- und Fernsehproduktionen beteiligt und arbeitete außerdem als Schlagzeuger und Komponist. "Anton hat kein Glück" ist sein erster Roman.
Auf das Buch sind Tina und ich auf der Buchmesse 2016 aufmerksam geworden. Ich hatte mir das Buch schon ziemlich bald nach der Buchmesse angeschafft. 


Weitere Informationen zu dem Buch

·         Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
·         Verlag: Wunderlich; Auflage: 1 (21. Oktober 2016)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 380520387X

Und hier geht es auf die Verlagsseite von Rowohlt / Wunderlich. 




Mittwoch, 21. Juni 2017

Ian McEwan / Der Tagträumer (1)



Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Diese Novelle war schnell gelesen und ich möchte darauf achten, inhaltlich nicht zu viel zu verraten.

Mich hat eigentlich das Cover zum Kauf dieses Buches angeregt. Recht surreal diese wunderschöne Abbildung und so dachte ich mir, ich bekomme es hier mit einem kätzischen Thema zu tun. Doch dieser Katzenmensch muss sich seinen Platz mit vielen anderen Themen und Fantastereien teilen …

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
Die gesamte Familie mittels einer Zaubercreme zum Verschwinden bringen, das wäre doch was, denkt sich Peter Glück — ein wenig aus Langeweile, ein wenig aus Trotz. Oder wie wäre es, einen Tag lang das Leben des Katers der Familie zu führen? Und was wäre erst, wenn Bewegung in die Puppen der Schwester käme und sie ihm ein Bein ausrissen?

Doch bevor es mit diesen recht lebhaften Fantasien losgeht, wird man erstmal in die Familienverhältnisse des stark introvertierten elfjährigen Peter Glück eingeweiht. Man erfährt zudem noch über die Probleme, die Peter mit seiner kleineren Schwester hat. Doch hauptsächlich werden die Probleme beschrieben, die die Erwachsenen mit Peter haben, der gerne zurückgezogen lebt und sich mit seiner Traumwelt befasst:
Und was nun sein Alleinsein anging - das gefiel den Erwachsenen auch nicht sonderlich. Sie können es ja nicht einmal leiden, wenn andere Erwachsene allein sein wollen. Wenn man mitmacht, wissen die Leute, welche Absichten man hat. Man hat genau die gleichen Absichten wie sie auch. Man muss mitmachen, oder man verdirbt allen den Spaß. Peter sah das anders. Mitmachen - das war ja alles schön und gut, in bestimmten Fällen. Aber doch nicht ständig. Wenn die Leute weniger Zeit damit zubrächten, mitzumachen und andere zum Mitmachen zu zwingen, dachte er, wenn sie sich stattdessen jeden Tag eine Zeit lang darauf besinnen würden, wer sie sind oder wer sie sein könnten, ginge es glücklicher zu in der Welt, und es käme vielleicht gar nicht erst zu Kriegen. (1995, 11)

Nicht nur die Eltern, sondern auch die Lehrer in der Schule haben Schwierigkeiten, die Stille dieses Kindes nachzuvollziehen:
Das Dumme an einem Tagträumer, der nicht viel redet, ist, dass die Lehrer in der Schule, besonders die, die dich nicht besonders gut kennen, dazu neigen, dich für dumm zu halten. (18)

Ich habe dieselbe Erfahrung in der Grundschule und im Elternhaus gemacht. Ich hatte den Eindruck, der Autor hat über mich geschrieben.

Nach außen ist Peter ein stiller Junge, aber innendrin findet das absolute Leben statt. In seiner Traumwelt verarbeitet er auch die Probleme, die er mit dem Alltag so hat und meistert sie auch recht selbstbewusst. Mal wird er zu einem Kater, dann wieder verwandelt er sich in einen Säugling, etc. und immer mit diversen Hilfsmitteln fiktiver Art. Die Leser*nnen dürfen an vielen verschiedenen Abenteuern des kleinen Tagträumers teilnehmen, wobei der Icherzähler nicht mehr der kleine Peter ist, sondern erzählt werden die vielen Handlungen und Geschichten aus der Sicht des erwachsenen Peter, der in die Retrospektive geht.

Ich verweise Weiteres auf das Buch.


Mein Fazit?

Man findet in dieser kleinen Novelle jede Menge fiktive, kindliche Abenteuer, die zudem mit viel Weisheit und viel Humor verziert sind.

Ich habe mich gefragt, ob diese kindlichen Geschichten nicht auch für junge Leser*innen geeignet wären? Und ich würde sagen, ja. Auch junge Leser*innen ab zehn Jahren könnten diesen Abenteuergeschichten gut folgen. Sie sind kindgerecht, was Inhalt und was Sprache betreffen.

Und für die erwachsenen Leser*innen? Mir ging es ähnlich wie dem erwachsenen Peter. Ich wurde selbst durch diese Novelle auch wieder in meine Kindheit zurückversetzt und habe viele Parallelen zu Peter finden können, wie ich eingangs schon geschrieben habe. 

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

 12 von 12 Punkten.


Weitere Informationen zu dem Buch

Taschenbuch, Diogenes 
160 Seiten 
erschienen am 27. September 2000 

978-3-257-23257-8 
€ (D) 10.00 / sFr 13.00* / € (A) 10.30 
* unverb. Preisempfehlung 

Und hier geht es auf die Verlagsseite von Diogenes.
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Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, dann ist nötig, 
dass alles sich verändert.
(Eintrag aus einem Poesiealbum der Familie Six)

Gelesene Bücher 2017: 25
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86