Donnerstag, 31. Dezember 2015

Kader Abdolah / Das Haus an der Moschee (1)

 Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich hätte Lust, es ein zweites Mal zu lesen, denn nun sind mir die Figuren vertraut. Außerdem ist es sehr facettenreich …
Die vielen fremdländischen Namen, was die einzelnen Figuren tun und zu wem sie gehören, sind auf der ersten Seite aufgelistet, so dass man sie immer wieder nachschlagen kann. Dies fand ich sehr rücksichtsvoll von dem Autor. Im Anhang gibt es ein Glossar zu verschiedenen iranischen und religiösen Begriffen, die auch alphabetisch geordnet und ins Deutsche übersetzt sind.

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:

Ein altes Haus in Senedjan. Seit 800 Jahren wohnt hier die Familie des Teppichhändlers Agha Djan. Unter seiner Obhut leben die Menschen in einträchtiger Harmonie – bis die von Teheran und den Aufständen gegen das korrupte Regime des Schahs ausgehende Unruhe auch sie erreicht. In seinem neuen Roman breitet Kader Abdolah das zutiefst menschliche Schicksal einer iranischen Großfamilie wie ein bunt schillerndes Geschichtengewebe vor uns aus. 

Was den Inhalt betrifft, nun, es ist jetzt nicht so, als hätte ich wahnsinnig viel Neues über den Islam und seine Anbeter/innen erfahren. Nein, das nicht. Der Autor bringt den Leser/innen das Bild nahe, das wir hier in der westlichen Welt von den islamischen Ländern sowieso schon haben. Deswegen werde ich nicht so viel darüber schreiben. Ich habe ein wenig Ehrfurcht vor Menschen, die in dieser Welt geboren werden … Aber die Art und Weise, wie der Autor diese Welt beschreibt, habe ich als differenziert wahrnehmen dürfen. Sein Schreibstil hat mir sehr zugesagt.

Und ich sage mir, wie glücklich wir uns unsere Freiheiten hier in unserem Land schätzen können. Wir können lesen was wir wollen, wir können uns Filme anschauen, so viele wir wollen und entscheiden selbst über die Filmwahl etc.

Ich stelle es mir recht anstrengend vor, wenn der Mensch in allem, was er tut, immerzu an Gott/Allah denken muss. Anstrengend zu denken, dass die Einen die Bösen und die Anderen die Guten sind.
Die Frauen schneiden auch im Paradies schlecht ab. Im Koran würde stehen, dass die Männer nach ihrem Ableben im Paradies von den Frauen bedient und verwöhnt werden würden ...

Doch nicht nur im Jenseits. Im Diesseits lebte ein Imam, aber nicht nur der Imam, namens Alsaberi, der sich alles von den Frauen machen ließ. Er ließ sich sogar baden, weil er nicht verunreinigt werden wollte. Er wollte mit keinem Gegenstand berührt werden, und auch mit keinem Menschen oder Tier. Alles betrachtete er als unrein. Sehr unlogisch und nicht zu Ende gedacht. Er glaubte an Gott und an seine Schöpfung, und lehnte sie doch auch völlig unbewusst ab. Wie kann Gottes Werk unrein sein? Aber die Sexualität fand er nicht schmutzig, dazu waren die Frauen wieder gut.

Viele weitere  skurrile Figuren treten auf, z.B. ein Kind, das den Spitznamen Eidechse erhält, weil es mit einer geschädigten Wirbelsäule geboren wurde, die irreparabel war. Das Kind konnte nicht stehen und nicht laufen, es bewegte sich auf allen Vieren fort, liegend oder krabbelnd. Das Kind war ein erstgeborener Sohn, der Stammhalter hätte werden sollen …

Viele Hinrichtungen von Richtern, die keine wirklichen Richter waren. Stellenweise empfand ich das Buch recht grausam, in der Art, wie Menschen, die für die Freiheit kämpften, als schwere Verbrecher geahndet und hingerichtet wurden. Ohne einen Verteidiger, ohne einen Anwalt. Kriege, die Menschen zu Monstern und Verrätern macht.

Das Ende hatte mir sehr gut gefallen. Es hatte etwas Versöhnliches, wenig Nachtragendes und der Autor ließ Gerechtigkeit walten.
Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten.
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So ist das Leben
Es spielt mit dir
Manchmal liebt es dich
Manchmal erniedrigt es dich
(Kader Abdolah)

Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
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Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86




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