Freitag, 9. Mai 2014

Steinunn Jóhannesdóttir / Das sechste Siegel (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir recht gut gefallen. Ich war erstaunt zu lesen, dass man im 16. / 17. Jhrd. Menschen aus dem hohen Norden auch zu Sklaven gemacht hat. Bekannt ist der Sklavenhandel zwischen  den Amerikanern und den Schwarzafrikanern.

Im hiesigen Buch wurde hauptsächlich mit den Isländern Menschenhandel betrieben. Man hatte die Insel dieser Menschen ausgeplündert. Die Menschen wurden von den Arabern nach Algier verschleppt. Kontinental nach unten betrachtet befindet sich dieser Menschenhandel fast am Ende des Globus. Die Isländer waren demnach extrem hohen Temperaturen ausgesetzt und erlitten einen Kulturschock. Ganz zu schweigen von dem Verlust ihrer Menschenwürde in jeder Hinsicht.

Die Menschen waren vier Wochen mit dem Schiff unterwegs. Algier  war eine recht reiche Stadt, umgeben von vielen Palästen. Erstaunlich, wenn man bedenkt, woher der Reichtum kam. Hauptsächlich durch den Menschenhandel und durch die Haltung von Sklaven auch im privaten Sektor. Die Sklaven mussten durch die Hölle gehen. Wenn mich einer fragen würde, ob ich nach dem Tod an die Hölle glaube, dann würde ich antworten, die Hölle ist nicht im Himmel, sie ist hier auf Erden. Macht euch die Erde Untertan. So waren oder sind noch immer die Starken die Götter auf Erden.

Man vermutete, dass die Isländer aus dem Grunde ausgeplündert wurden, weil sie in ihrer Existenz nicht gefestigt waren. Ihr Lebensstandard war geprägt von einfachsten Mitteln. Teilweise lebten viele noch in "Höhlen". Die Araber bezeichneten die Isländer als ein primitives Volk.
Jón Jónsson sagte, er kenne die Gründe für den Raubzug nach Island nicht genau, aber er könne sich am ehesten noch vorstellen, dass sie davon gehört hätten, wie schutzlos und wenig gefestigt das Land sei. (142)
Die Isländer waren sehr gläubige Leute. Sie richteten ihr Leben nach Luther aus. Ihr "sündiges Verhalten" bezeichneten viele Isländer als Strafe Gottes. 
„Und abgesehen davon, (…) haben die Isländer mit ihrem sündigen Lebenswandel und ihrer weitverbreiteten Sittenlosigkeit wohl selbst den Zorn Gottes auf sich herabbeschworen." Die Sklaverei wäre wahrscheinlich nichts anderes als eine verdiente Strafe für ihre Sünden. Die Geißel Gottes! (142)
Der Buchtitel, Das sechste Siegel, ist auch religiös zu deuten ...

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein:
Island 1627: Auf den grünen Westmänner-Inseln leben gottesfürchtige Menschen, einfache Fischer und Bauern. Als eines Nachts algerische Freibeuter einfallen, mordend, plündernd und brandschatzend über die Insel ziehen und 252 Menschen verschleppen - Männer, Frauen und Kinder - glauben die Leute zunächst an ein apokalyptisches Strafgericht. Starr vor Entsetzen müssen sie erleben, wie sie nach einer qualvollen Reise über den Atlantik auf dem Sklavenmarkt von Algier verkauft werden. Die junge, hübsche Gudríd muss im Hause des Dey von Algier härteste Sklavenarbeit leisten, wird geschlagen und missbraucht. Doch sie kämpft entschlossen darum, ihren Sohn bei sich zu behalten und vor den fremden Einflüssen zu bewahren. Nach neun endlosen Jahren gibt es wieder Hoffnung: Ein holländischer Kaufmann ist in Algier aufgetaucht. Es heißt, er kaufe im Auftrag des dänischen Königs Sklaven frei. Gudríd schöpft neuen Mut ...
Ein Mensch ist ja nicht nur schlecht, er trägt auch Gutes in sich. Auch wenn man es nicht glauben möchte. Die Erfahrung hat zumindest die Protagonistin Gudrid gemacht.
Der Mann, der sie misshandelt und ihr solche Schande angetan hatte, der sie von ihrem Jungen getrennt hatte, brachte ihn ihr jetzt zurück! Wie konnte ein so schlechter Mensch noch so gut sein? (46)
Gudrid war eine sehr gläubige Persönlichkeit. Ihre Nöte als Sklavin überstand sie größtenteils mithilfe ihrer Religion. Es gab eine andere Landsmännin, Anna, die es geschafft hat, aus ihrer Sklaverei auszubrechen, indem sie ihren Herren geheiratet hat und dessen arabischen Lebenswandel anzunehmen wusste. Anna wurde eine reiche Frau und hielt ebenso Sklaven. Sie war mit Gudrid bekannt, und Gudrid haderte mit sich und kämpfte gegen destruktive Gefühle an, auf Anna nicht neidisch zu sein. Sie tröstete sich mit folgendem Gedanken:
Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sich selbst verliert und Schaden nimmt? (233)
Ich finde dieses Zitat sehr schön.

Mein Fazit:

Aus dem Anhang war zu entnehmen, dass sich die Ereignisse tatsächlich so abgespielt hatten, wie sie im Buch geschildert wurden. Ebenso existierten die Personen. Die Autorin hatte lediglich die Namen geändert und ein wenig an den Charakteren gefeilt.

Das Buch ist sehr authentisch geschrieben und ich finde es richtig schade, dass es auf dem Büchermarkt nur noch antiquarisch zu erwerben ist.

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten. Allerdings gibt es in dem Buch ein paar gravierende Druckfehler. Die stören mich aber nicht sonderlich.
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Wie können die Toten wirklich tot sein, solange sie noch durch unser Herz wandern?
(C. McCullers zitiert aus einer alten Indianerlegende).

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