Freitag, 17. August 2012

Hans Fallada / Wolf unter Wölfen (6)


  Sechste Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

 (Von Seite 950 - 1100)


So langsam neigt sich das Buch dem Ende zu. Habe für morgen noch die letzten 134 Seiten vor mir, dann folgt mein Abschlussbericht.

Ich habe schon öfter mir anhören müssen, dass es noch nie so viele psychisch kranke Menschen geben würde wie zu heutiger Zeit. Ich habe darüber immer schmunzeln müssen, weil ich wusste, dass das Quatsch ist, denn das Leben war zu jeder Zeit auf seine Weise schwierig und herausfordernd.  Fallada bringt das, besonders in diesem Buch, sehr gut zur Geltung. Die meisten auftretenden Figuren sind labil, bis psychisch krank. Er hat das ja auch in seinem Buch begründet, s. Buchbesprechungen weiter unten, das ich nicht wiederholen möchte, es aber einfach auf der Hand liegt, besonders wenn man seine Bücher liest. Man erfährt durch den Autor psychische / psychiatrisch labile Persönlichkeiten, die in keine Geschichtsbücher zu lesen sind. In den Geschichtsbüchern geht es ausschließlich um Fakten und nicht um Menschenschicksale in dieser Form, wie sie im Buch geschildert werden.

Der Rittmeister besuchte aus besonderen Gründen ein Sanatorium und dort wurde er als psychisch krank diagnostiziert, und als jemand, der nur mit einer geringen intellektuellen Begabung gesegnet sei. Er wurde als recht aufbrausend und impulsiv beschrieben. Jemand, der seine Emotionen nicht unter Kontrolle habe, und eine Gefahr für Dritte werden könne.

Der Leutnant, der Liebhaber von Violet, wirkte ein wenig paranoid, starb zum Schluss an einem Suizid, weil er aus meiner Sicht den Druck seiner Vorgesetzten aus dem Militär nicht standhalten konnte.

Violet erfährt die tragische Wahrheit ihres Liebhabers, dass er nie Liebe für sie empfunden habe und er nichts weiter mehr von ihr wissen wolle. Eigentlich ist er wütend auf sie, da sie sich, bezogen auf das versteckte Waffenlager, geschwätzig gezeigt habe. Sie erleidet einen starken Nervenzusammenbruch, der mit Beruhigungsspritzen behandelt wurde. Die Mutter macht sich zum ersten Mal Vorwürfe, zu streng mit ihrem Mädchen umgegangen zu sein und bangt um ihre psychische Gesundheit... . Violet verschwindet, die Mutter bricht zusammen, Rittmeister war vorher schon psychisch auffällig, und nun versucht er nach dem Zusammenbruch seiner Tochter  sich mit Alkohol zu betäuben, aber auch, weil er nun schließlich die Wahrheit ihres Liebhabers erfahren hatte und er einsehen musste, dass er von seiner Tochter belogen wurde... . Eifersüchtig auf Violet, als seine Frau ihm nicht die selbe emotionale Pflege zukommen ließe, was er ihr auch vorwirft und vergisst dabei, dass er ein erwachsener Mann ist, während Violet eine Heranwachsende und die Fürsorge der Eltern dringender benötigt.

Habe ich jemand vergessen, der  nicht psychisch gebrochen ist?  Vielleicht..., evtl. habe ich die Nebenrollen hier im Schriftlichen nicht beachtet... .

Jedenfalls sind diese 150 Seiten recht mühsam zu lesen, da es jede Menge Tragödien gibt. Auch in den Nebenrollen... . 

Unvorstellbar sind für mich nach wie vor die Preise, die von der Inflation diktiert werden, je nachdem wie der Dollar fällt, steigt oder steht, der sich stündlich ändern konnte und mit welchen Summen man es zu tun bekommen hat. Ein Glas Bier kostet in dem Roman zweihundertzweiundvierzig Millionen Mark... .

Nun folgt wieder eine optimistische Einstellung von Fallada, die ein wenig grotesk erscheint zu dem Menschenbild, das er hat aber trotzdem auch einen Wahrheitskern besitzt, auch wenn er dieses Zitat durch seine Romanfigur sprechen lässt

Eigentlich besteht das Leben, genau betrachtet, aus lauter Niederlagen aber der Mensch lebt doch weiter und freut sich am Leben, der Mensch, dieses zäheste, dieses widerstandsfähige aller Geschöpfe… .

Aber es gibt auch eine lustige Textstelle, die zwar ein wenig profan ist, aber trotzdem ganz schön. Die Haushälterin von Prackwitz´ bereitet Wolfgang Pagel Gänseflügel zum Mittagessen zu,  und Pagel mit dem Mahl alles andere als begeistert ist. Auch weil die Haushälterin viel darüber zu klagen hat, dass die Gänse immerzu von Jungen mit Steinen beworfen werden würden, und sie, dadurch, dass die Gänse verletzt wären, gezwungen sei, die Gänse zu schlachten. Aber Pagel interessiert das überhaupt nicht, er möchte kein Gejammere hören, er möchte lieber glücklich sein. Dazu die Reaktion der Hauswirtschafterin:

"Wenn meinen Gänsen darum weiter die Knochen zerschnitten werden sollen, weil Sie glücklich sind, Herr Pagel, (…) dann ist es besser, Sie laufen  unglücklich rum und tun was für die Wirtschaft. Denn dafür sind Sie hier, nicht für Glücklichsein."

 So, das war's jetzt erstmal für heute. Ein paar andere Textstellen hebe ich mir für meinen Abschlussbericht auf.

P.S. Der Putsch ist so eingetroffen, wie ich es vermutet habe, verweise aber zu näheren Details auf das Buch, wobei der Putsch nicht wirklich viel Raum bekommen hat. Wird nur kurz berichtet, da viel auf die einzelnen menschlichen Schicksale eingegangen wurde... . 

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„Die rechte Vernunft liegt im Herzen“ (Theodor Fontane)

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